Die geheime Reise
Reimundo käme? Du und Gata, ihr könntet doch von oben auf dem Trapez herunterkommen, zusammen mit dem Regen?«
Taro sah zu Gata. Traurig schüttelte sie den Kopf. »Ich glaube, dass ihr dieses Mal auf mich verzichten müsst. Es sieht nicht so aus, als ob mein Fuß bis zur Aufführung wieder in Ordnung wäre. Amon hat mir eine gute Salbe gegeben, aber der Bruch ist komplizierter, als ich gedacht hatte. Tut mir Leid, Leute.« Gata seufzte und Baba machte plötzlich ein ganz bestürztes Gesicht.
»Wie wäre es,«, setzte Perun an, als ihn Taro unterbrach.
»Wie wäre es, wenn Wanja Gatas Part übernimmt?«
Wanja fuhr zusammen. »Was … ich?!«
Auch Baba runzelte ungläubig die Stirn, aber auf Peruns Gesicht breitete sich ein Lächeln aus und Gata nickte Wanja zustimmend zu. Ihr Gesicht hatte sich schlagartig aufgehellt. »Die Idee ist hervorragend und ich habe selbst gesehen, wie gut du bist. Ihr könntet bestimmt eine Nummer einstudieren, die nicht allzu schwer ist und trotzdem sensationell aussieht.«
Wanja sah verwirrt zu Taro, der sie mit leicht schräg gelegtem Kopf musterte, als ginge er im Geist bereits die Nummer durch.
»Glaubst du denn … glaubst du, ich schaff das?«
Taro zog eine Augenbraue hoch. »Wenn ich es nicht glauben würde, hätte ich es nicht vorgeschlagen. Entscheidend ist allerdings, was du selbst glaubst, denn du bist diejenige, um die es geht. Wie Gata schon sagte, es gibt eine Menge Nummern, die leicht zu erlernen sind, und ich würde dir nichts zeigen, was deine Fähigkeiten übersteigt. Alles, was du brauchst, sind die Dinge, die du im Grunde bereits hast. Mut, Instinkt und Leichtigkeit. Aber an dich glauben musst du selbst, sonst nützt es nichts.«
Wanja schielte nach oben auf die beiden Trapeze: auf das eine, das von der Manegendecke herabbaumelte, auf das andere, das an einer Stange befestigt war. Sie holte tief Luft. »Ich weiß nicht, ob ich es schaffe. Aber ich möchte es gerne versuchen.«
»Also dann.« Taro lächelte. »Herzlich willkommen beim Zirkus Anima. Ich habe allerdings noch einen weiteren Vorschlag.« Taro drehte sich zu Mischa um. »Hättest du Lust, die Vorstellung auf der Trommel zu begleiten? Zusammen mit O?«
O nickte, als hätte Taro ausgesprochen, was er selbst im Sinn hatte, und alle Augen waren jetzt auf Mischa gerichtet, der starr zu Boden sah.
»Okay.« Seine Antwort fiel in die Stille und Wanja nahm wieder das Beben in seiner Stimme wahr.
Babas Gesicht strahlte. »Wanja und Mischa, wunderbar! So seid ihr dabei, ihr zwei. Es freut mich, ach, was plappere ich: Es ist mir eine Ehre! Dann können wir ja jetzt in Ruhe weiter planen. Madame Nui, wie sieht es mit Ihnen aus, werden Sie uns auch in der nächsten Vorstellung mit Ihrer Netznummer erfreuen oder haben Sie noch etwas anderes im Repertoire?«
Madame Nui, die ihre dürren Arme um die angezogenen Beine gelegt hatte, hob den Kopf. »Isch ’abe zwei Nümmern für die Vorstellung geplant. Die Netznümmer und eine Verwandlung. Für die Netznümmer brauche isch dieses Mal aber bessere ’ilfe beim Aufbau. Taro und Perun, ’ättet ihr Lust? Isch möschte damit gleich als Erste nach der Pause auftreten, dann können wir alles vorbereiten, während die Manege leer ist.«
Perun und Taro nickten sich zu, Baba machte sich eine Notiz auf seinem Zettel und kratzte sich am Ansatz seines Turbans. Dann sah er wieder auf den Zettel, runzelte die Stirn, machte sich neue Notizen und wandte sich schließlich wieder den Artisten zu. »So soll es sein: Wir beginnen das erste Set mit Patis Jongliernummer auf dem Einrad. Danach kommt Reimundo mit den Masken. Dann die erste Nummer von Thrym und Thyra, Jonglieren mit Felsen, nicht wahr? Als Viertes kommt Madame Nuis Verwandlung, dann der Solo von Noaeh. Als letzte Nummer vor der Pause«, hier zeigte Baba auf Sulana und zog fragend die Augenbrauen hoch. Sulana gab ihm ein Zeichen mit ihren Händen, eine wellenartige Bewegung, und Baba lächelte. »Gut. Vor der Pause also Sulanas Schlangentanz. Das zweite Set«, Baba kratzte sich am Ansatz seines Turbans, »beginnen wir mit Madame Nui als schwarze Witwe im Netz. Dann kommt Thrym und Thyras Fangen mit Stangen, danach tritt Perun mit der Feuernummer und den Pfeilen auf.« Baba legte die Stirn in Falten. »Hast du die Nummer mit den Pfeilen denn jetzt sicher, Perun?«
Aus Pati Tatüs Richtung ertönte ein Kichern und der Feuerschlucker warf dem Spaßvogel einen drohenden Blick zu. »Halt bloß die Klappe, sonst steck
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