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Die geheime Reise

Titel: Die geheime Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Abedi
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Dort steigst du um und nimmst um 21:38 Uhr den Zug zu uns. Der hält auf Gleis acht, das ist gleich gegenüber. Um 23:20 Uhr kommst du an. Ich hol dich mit dem Fahrrad ab und dann sind wir in ein paar Minuten in der Kunsthalle.«
Wanja war so irritiert, dass sie fast vergessen hätte sich all die Informationen zu notieren. Zum Glück hing in der Telefonkabine ein Kugelschreiber und Wanja riss sich eine Seite aus dem Telefonbuch heraus. »Wie hast du das rausgefunden?«, fragte sie, nachdem Mischa ihr alles noch einmal diktiert hatte.
»Ich hab bei eurer Heimleitung angerufen und gefragt, in welchem Ort euer Schullandheim liegt und wie weit der Bahnhof entfernt ist. Die restlichen Infos hat mir die Zugauskunft gegeben.«
Wanja fielen Zentnerlasten vom Herzen, so erleichtert war sie plötzlich.
»Mensch, Mischa, ich danke dir.«
»Mhm. Meinst du, du kannst unbemerkt zum Bahnhof kommen?«
Wanja biss auf ihre Haarsträhne. »Ich schaff das schon irgendwie. Vielleicht bleibe ich einfach bis morgen Abend im Bett. Hier steigt dann eh die Disco. Ich weiß nur nicht, wie ich zurückkommen soll. Um 12:00 geht unser Bus zurück nach Hause.«
»Tja. Das ist der einzige Haken an der Sache. Du musst bis zum nächsten Morgen warten. Der erste Zug nach Husum geht um 6:02 Uhr und von dort musst du wieder umsteigen. Du bist also frühestens um 9:30 Uhr zurück am Schullandheim. Aber keine Sorge, ich warte mit dir, bis dein Zug kommt. Und wenn du willst, bringe ich dich auch zurück.« Mischa machte eine Pause, dann sagte er leise: »Hier fällt eh keinem auf, wenn ich weg bin.«
Wanja schluckte. »Nee, lass, das brauchst du nicht. Und das mit halb zehn geht schon irgendwie klar. Ich sag einfach, ich habe einen Morgenspaziergang gemacht.«
»Und wenn deine Lehrerin abends noch mal nach dir schaut?«
Darauf wusste Wanja keine Antwort. Sie würde etwas unter ihre Decke stopfen. Sie würde vorher sagen, dass sie nicht gestört werden wollte. Sie würde … ach zur Hölle mit dem Blödsinn, der nächste Morgen war ihr plötzlich so egal wie nur irgendwas. Wenn sie nur unbemerkt von hier wegkam.
Bevor sie auflegte, fiel ihr noch etwas anderes ein. »Aber wie sollen wir nachts ins Museum kommen?«
Mischa lachte leise. »Morgen Abend ist die lange Nacht der Museen. Die Kunsthalle ist bis 2:00 Uhr geöffnet.«
Wanja zog die Haarsträhne aus ihrem Mund. »Mischa?«
»Ja?«
»Wie hast du die Nachricht bekommen?«
»Über Walkman. Ich habe auf dem Bett gelegen und Kassette gehört. Plötzlich rauschte es. Und dann kam die Stimme der alten Frau.«
Nachdem sie aufgelegt hatte, ging Wanja auf den großen Spielplatz vor dem Schullandheim. Es war dunkel, nur die Sterne leuchteten am Himmel, Millionen winziger Lichter, Welten entfernt. Auch die anderen beiden Klassen waren ausgeflogen und Wanja hatte den ganzen Spielplatz für sich. Es gab dort eine Schaukel mit einer Stange, daran übte sie das Vogelnest, wieder und wieder. Sie dachte an Taros Worte, an das, was er ihr am Boden gezeigt hatte, an das, was er gesagt hatte, als sie oben an der Stange hing. Und jedes Mal, wenn sie ihre Füße an der Stange festhakte, die Beine anwinkelte, ihren Oberkörper zu einem runden Nest nach vorne bog und ihren Kopf hob, sah sie im Geiste sein Gesicht. Sie dachte an Taros Arme, die sich ihr entgegenstreckten, seine warmen, kraftvollen Hände, die sie aufgefangen hatten und die sie wieder fangen würden – bei der Generalprobe, die morgen war, und dann, später bei der Aufführung. Der Abschlussvorstellung, vor die sich plötzlich wieder der Gedanke an den schwarzen Vogel drängte.
Als sich spät am Abend die Tür zu ihrem Viererzimmer öffnete, lag Wanja im Bett und stellte sich schlafend. Sie hörte, wie Sue von dem Jungen erzählte, der sie draußen vor der Kneipe auf den Mund geküsst hatte. Sie hörte, wie Britta sich furchtbar aufregte, weil der Blonde sie nach Wanja gefragt hatte, und wie Sue trocken bemerkte, dass er vielleicht nicht auf rosa Lippenstift stünde. Dann vergrub sie das Gesicht unter der Bettdecke und versuchte einzuschlafen.
Für den nächsten Tag hatte Frau Gordon tatsächlich für alle, die wollten, einen Ausritt am Meer organisiert. In der Nähe des Schullandheims war ein Reiterhof und Herr Schönhaupt erklärte sich widerwillig bereit die Gruppe zu begleiten. Mit den anderen fuhr Frau Gordon noch einmal ins Dorf, wo heute Fischmarkt war.
Wanja redete sich auch heute wieder mit Kopfschmerzen heraus. Die Tabletten, die Frau Gordon ihr

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