Die geheime Sammlung
es dir an«, sagte sie und wies auf den Spiegel an Anjalis Kommode.
Normalerweise striezt mein Haar aus Zöpfen und Hochsteckfrisuren heraus, aber diesmal lag es glänzend und ordentlich. Es brachte mein Gesicht zur Geltung. Auf einmal hatte ich tatsächlich Wangenknochen.
»Toll«, sagte ich. »Danke, Jaya. Ich glaube, der Kamm funktioniert immer noch.«
Anjali schaute mit schnellem, prüfendem Blick zu Jaya und sah mich dann ärgerlich an.
»Keine Sorge, Anji, ich weiß eh schon Bescheid«, verkündete Jaya. »Ich hab an der Tür gelauscht. Das ist ein magischer Kamm, und einige magische Gegenstände sind nicht mehr magisch, und ihr versucht die Bösewichte zu fangen. Ich will mithelfen! Du weißt doch, dass ich gut mit Tabellenkalkulationen umgehen kann – sagt Papa immer.« Sie begann jetzt, ihr eigenes Haar zu kämmen.
»Jaya, du bist so ein Plagegeist«, sagte Anjali resignierend.
»Ist das eine gute Idee, Jaya?«, fragte ich.
»Natürlich ist das eine gute Idee! Ich könnte euch dabei helfen, die Bösewichte zu finden, und ich könnte sie für euch verschnüren«, sagte Jaya.
»Nein, ich meinte den Kamm zu benutzen.« Ihre Haare sahen immer noch wie eine stachelige Wolke aus, aber wie eine zunehmend ansprechende Wolke. »Du bist irgendwie zu jung für so was.«
Jaya schaute beleidigt aus. »Ich benutze doch auch immer Anjalis Make-up!«
»
Was
machst du?« Anjalis wunderschöne Stirn umwölkte sich.
»Keine Sorge, ich lege immer alles wieder zurück.« Sie fand einen Knoten in ihrem Haar und riss mit dem Kamm daran.
»Pass mit dem Kamm auf, Jaya!«
»Gib ihn Elizabeth, Jaya«, sagte Anjali. Es musste die Erkenntnis sein, dass ihre Schwester mit ihrem Make-up herumgepfuscht hatte, der ihrer Stimme diesen kalten Klang gab. Ich stellte fest, dass sie manchmal überraschend furchteinflößend sein konnte.
»Na gut. Ich bin sowieso fertig.« Jaya überreichte mir den Kamm würdevoll.
»Danke, Jaya«, sagte ich und legte ihn in meine Tasche. »Okay, der Kamm funktioniert also immer noch. Was beweist das?«
»Bis jetzt noch nichts«, sagte Anjali. »Vielleicht verliert er seine Magie nicht, bis du ihn zurückgebracht hast. Vielleicht plant jemand, ihn dir wegzunehmen. Was ist mit dem Vogel? Vielleicht schicken sie ihn los, um den Kamm zu holen. Oder spürst du ein unkontrollierbares Verlangen, den Kamm jemandem von Benign Designs zu geben?«
»Was ist Benign Designs?«, fragte Jaya. Anjali beachtete sie gar nicht.
»Nicht, soweit ich feststellen kann«, sagte ich. »Die Einzigen, denen ich ihn bis jetzt gegeben habe, sind die Mädchen aus der Familie Rao. Ihr arbeitet doch nicht für Benign Designs, oder?«
»Was ist Benign Designs?«, wiederholte Jaya.
»Das wissen wir noch nicht«, sagte ich. »Das müssen wir herausfinden.«
Anjali sagte: »Suchen wir mal danach.« Sie ging zurück an ihren Computer.
»Ich will mithelfen, ich bin gut im Suchen.« Jaya zwängte sich zwischen meine Schulter und Anjalis Beine, um auf den Bildschirm zu spähen.
Anjali schubste sie weg. »Wenn du meinen Computer kaputtmachst, wird Papa sauer.«
»Ich mach gar nichts kaputt!« Jaya setzte sich trotzdem neben mich auf den Boden. Sie schaute auf mein Handgelenk und schob dann meine beiden Ärmel nach oben. »He, was ist mit dem Knoten passiert, den ich dir gemacht habe?«, fragte sie anklagend.
»Ich … er ist abgegangen«, sagte ich. »Tut mir leid.«
»Das sollte er aber nicht. Vielleicht habe ich ihn nicht richtig gemacht. Ich mach dir lieber einen neuen – du bist nicht sicher da draußen, mit Monstern, Benign Designs und allem.«
»Lass sie in Ruhe, Jaya«, sagte Anjali. »Elizabeth will zum Basketballspiel kein hässliches Stück Garn tragen.«
»Wieso bist du so gemein zu mir? Ich versuche doch nur zu helfen. Ich hasse dich!« Tränen hingen in Jayas unglaublich schwarzen Augen. Der Gegensatz zwischen ihrem Schmollmund und ihrem unglaublichen Haar war komisch, aber auch herzzerreißend.
»Du kannst mir einen neuen Knoten machen, okay?«, sagte ich schnell.
Jaya schmollte mich an. »Tu nicht so, als wärst du nett! Du bist genauso fies wie meine Schwester.«
»Bitte? Ich würde mich wirklich viel sicherer fühlen.«
»Na schön. Ich nehme einen Knöchel, damit man den
hässlichen Knoten
nicht sieht. Welcher Fuß?«
Ich hielt meinen linken hin. Oder war es mein rechter? Ohne meinen Richtungssinn war das schwer zu sagen.
Jaya hatte ein Stück Garn und begann das lange Ritual. »Aber dir mache
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