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Die geheime Stunde

Die geheime Stunde

Titel: Die geheime Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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Sie lief zu ihm, begeistert, ihn zu sehen.
    »Hallo Mags.« Teddy grinste von einem Ohr zum anderen, nahm ihr den Rucksack mit den Büchern ab, hieß sie willkommen und ließ sich nicht anmerken, wie besorgt er gewesen war. »Wie geht es meiner Lieblingsschwester?«
     
    Als Kate nach ihrem Besuch bei Andrew am Montagabend um halb neun nach Hause kam, läutete das Telefon. Bonnie bellte, und das Stadthaus war eiskalt – in dem geistesabwesenden Zustand, in dem sich Kate neuerdings befand, hatte sie die Heizung ausgeschaltet, bevor sie morgens das Haus verließ. Sie legte Willas Porträt auf den Küchentisch und griff nach dem Hörer.
    »Hallo?« Sie runzelte die Stirn, eine Hand auf dem Thermostat, den sie auf zweiundzwanzig Grad drehte.
    »Kate? John O’Rourke hier.«
    »Oh.« Kate umklammerte den Hörer mit beiden Händen. Warum rief er an? Beim Klang seiner Stimme wurde ihr sofort wärmer. Den Rücken gegen die Wand gelehnt, glitt sie auf den Fußboden hinab, und Bonnie sprang umgehend auf ihren Schoß. »Hallo.«
    »Hallo.«
    »Rufen Sie an, um sich zu erkundigen, ob ich den Brief der Kinder erhalten habe? Der ist angekommen. Und ich bin bereits dabei, ihn zu beantworten … sie fehlen mir. Hier gibt es niemanden wie Maggie oder wie Teddy, die sich so rührend sorgen, wenn der Hund Kletten im Fell hat …«
    »Ähm, deshalb rufe ich nicht an.«
    »Weshalb … dann?«
    Am anderen Ende der Leitung trat Schweigen ein. Plötzlich schwand alle Freude und Wärme aus ihrem Körper, und Kate senkte den Kopf. Es konnte nur einen Grund für seinen Anruf geben, und es war töricht gewesen zu denken, er sei persönlich.
    »Ihr Mandant, oder?«, fragte sie, während ihr Herzschlag auszusetzen drohte. »Hat er geredet?«
    »Nein, Kate. Es geht um etwas anderes. Haben Sie Zeitung gelesen?«
    »Ja – warum?«
    »Sie wissen es offenbar noch nicht – war den Washingtoner Zeitungen wohl keine Schlagzeile wert. Bei uns wurde eine weitere Leiche gefunden. In einem Wellenbrecher.«
    »John!« Ihre Hände zitterten.
    »Es ist nicht Willa.«
    Ihre Augen füllten sich mit Tränen. Sie sah das Bild an, das ihre Schwester von ihr gemalt hatte. Zärtlichkeit und Liebe schlugen ihr daraus entgegen, als befände sich Willa im selben Raum. »Woher wissen Sie das?«, hörte sie sich fragen.
    »Weil die Polizei sie identifiziert hat – ihr Name lautet Amanda Martin.«
    »Wer ist sie?«
    »Ein junges Mädchen aus Hawthorne. Ihren Eltern gehört eine Schiffswerft, und sie hat dort Teilzeit gearbeitet. Neunzehn Jahre alt, hat die UC onn-Außenstelle in Avery Point besucht.«
    »Merrill. Er ist doch nicht etwa auf freiem Fuß? Ausgebrochen oder …«
    »Nein«, erwiderte John hastig. »Er ist noch in Winterham, im Todestrakt … Er war es nicht.«
    »Aber die Vorgehensweise, sie im Wellenbrecher zurückzulassen …«
    »Ja, die Ähnlichkeit ist auffallend.«
    »Was hat die Polizei sonst noch in Erfahrung gebracht? Gibt es weitere Opfer?«
    »Bisher wurden keine gefunden.«
    »Meine Schwester wird immer noch vermisst; was wäre, wenn sie nicht Merrill, sondern diesem anderen über den Weg gelaufen ist? Diesem …«
    »Ich bleibe am Ball und werde Sie auf dem Laufenden halten.«
    »Ich kann es nicht fassen …«
    Johns Stimme klang ruhig und beherrscht. »Tut mir Leid, dass ich Sie mit schlechten Neuigkeiten behelligt und alles wieder aufgerührt habe. Aber ich fand es besser, Sie wissen, dass es nicht Willa war, für den Fall, dass Sie von dem Leichenfund im Wellenbrecher gehört haben.«
    »Es war sehr freundlich von Ihnen, dass Sie angerufen haben, John.«
    Ihre Worte hingen in der Luft; sie konnte ihn am anderen Ende der Leitung atmen hören.
    »Es gibt nicht viele Leute, die mir Freundlichkeit attestieren. Ich bin überrascht.«
    »Ich verstehe nicht warum.« Ein Lächeln schlich sich in ihre Stimme. »In Fairhaven haben Sie Ihr wahres Gesicht gezeigt.«
    »In welcher Hinsicht?«
    »Sie haben bewiesen, dass Sie ein großes Herz besitzen.«
    »Für einen Rechtsanwalt, meinen Sie?«
    »Für gleich wen.«
    »Ich bin ein Einzelkind und kann vielleicht nicht mitreden«, sagte John. »Aber ich musste an Maggie und Teddy denken, als ich sah, wie Sie wegen Ihrer Schwester leiden. Ich wage nicht, mir vorstellen, wie es den beiden gehen würde, wenn sie längere Zeit voneinander getrennt wären.«
    »Es ist schwer«, flüsterte sie, den Blick unverwandt auf Willas Pinselstriche gerichtet. »Unglaublich schwer.«
    »Kopf hoch, Kate. Maggie

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