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Die geheime Stunde

Die geheime Stunde

Titel: Die geheime Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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würde das Gleiche sagen. Wenn Sie den Schal wiederhaben möchten, wir schicken ihn sofort an Sie zurück.«
    »Ich will, dass Maggie ihn behält.« Sie betrachtete das Bild, den weißen Schal, der im Wind wehte. »Sagen Sie ihr, dass sie gut auf sich Acht geben soll.«
    »Ja, das habe ich schon.«
    »Wegen dem, was gerade geschehen ist, und überhaupt.« Kate schwirrte der Kopf, sie wusste, dass jeden Tag schreckliche Dinge passierten; dass man nach der Arbeit mit einem Arm voll Tulpen nach Hause gehen konnte, nur um festzustellen, dass die eigene kleine Welt zu Bruch ging. Dass man zu wütend sein konnte, um sich zu verabschieden, und die Schwester nie mehr wiedersah.
    »Aber es gibt auch gute Dinge, Kate. Daran sollten Sie sich erinnern.«
    »Sie aber auch, John.«
    »Erinnern Sie mich bei unserem nächsten Gespräch daran?« John lachte.
    »Ich werde mir Mühe geben«, versprach Kate und verabschiedete sich.
    Sie saß auf dem Küchenfußboden und hielt noch eine Weile den Hörer in der Hand. Der Hund ihrer Schwester lag auf ihrem Schoß, sie hörte die Wanduhr ticken, spürte, wie die Heizung Wärme auszustrahlen begann. Das ganze Haus wurde warm – oder vielleicht lag es nur an ihrem Herzen, das schneller schlug.
    Der weiße Schal auf dem Porträt verbreitete einen sanften Schimmer im Raum. Kate sah darin eine Botschaft.
    Der Schal gehörte nun Maggie, verband die beiden Haushalte, die Familien miteinander. Wäre John noch am Telefon gewesen, hätte sie ihm zwei gute Dinge genannt: Maggie und Teddy. Brainer und Bonnie ebenso. Und Kates Schwester Willa. Nicht zu vergessen John selbst. Sechs gute Dinge.
    Ihre Augen füllten sich mit Tränen, als sie daran dachte, was für ein Kampf es gewesen war, nach Hause zu fahren, ohne zu wissen, was passiert war. Es gab einige Dinge, die noch in den Sternen standen, noch nicht abgeschlossen waren. Stimmte es, dass sie ihrer Schwester nicht wirklich verziehen hatte? Sie würde es erst wissen, wenn Willa gefunden war. Sie hatte versucht, Frieden mit dem rätselhaften Verschwinden ihrer Schwester zu schließen, hatte sich eingeredet, dass es an der Zeit sei, wieder an ihr eigenes Leben zu denken.
    Aber seit ihrer Rückkehr nach Washington hatte sie das Gefühl, als sei sie auf dem falschen Weg. Ihr Leben – oder zumindest ihr Kopf und ihr Herz – konzentrierte sich auf Connecticut. Die Antworten auf die Fragen, die sich um Willas Verschwinden rankten, befanden sich dort, genau wie die Menschen, die ihr am wichtigsten waren, wie sie nun erkannte, als sie auf dem Fußboden saß, den Telefonhörer in der Hand.
    Sie blickte Bonnie fragend an. Sie konnte sich des Gefühls nicht erwehren, dass der Hund Gedanken lesen konnte.
    »Wir müssen handeln, stimmt’s, Bon?«
    Der Scotchterrier wedelte mit dem Schwanz.
    Kate nickte, tätschelte ihm den Rücken.

[home]
    19
    B illy Manning rief an, um John mitzuteilen, dass er Greg Merrill vernehmen wolle, um zu erfahren, was er zu dem Mord an Amanda Martin zu sagen habe. Obwohl er ganz offensichtlich als Verdächtiger ausschied, konnte er unter Umständen Aufschluss über den Tathergang geben; seine Kooperationsbereitschaft würde in den Akten vermerkt werden, was man ihm im Berufungsverfahren zugute halten würde.
    John und Billy trafen sich in Winterham. Die beiden Männer warteten gemeinsam im Sprechzimmer der Justizvollzugsanstalt, und der Wärter zog Billy damit auf, dass er gemeinsame Sache mit dem Feind mache, einem Angehörigen des Merrill’schen Verteidigungskorps. Der Detective wies ihn daraufhin zurecht.
    »He, Johnny ist in Ordnung«, sagte er. »Wir sind zusammen zur Highschool gegangen – haben in der gleichen Mannschaft Fußball gespielt.«
    »Aha«, erwiderte der Wärter. »Sieht ganz so aus, als sei er jetzt in der
falschen
Mannschaft gelandet. Oder er hat sich verdammt in der Liga geirrt.«
    »Pass auf, was du sagst, Freundchen. O’Rourke ist ein unbescholtener Bürger«, sagte Billy, als der Wärter sich anschickte, den Raum zu verlassen.
    Während sie darauf warteten, dass Merrill hereingebracht wurde, blickte Billy John mit zusammengekniffenen Augen an. »Hast du das gehört? Sieh zu, dass du dich mir gegenüber genauso fair verhältst, wenn Greg kommt, in Ordnung? Lass mich die nötigen Fragen stellen. Von wem hast du eigentlich Rückendeckung, Mann?«
    »Wie kommst du auf die Idee, dass ich Rückendeckung brauche?«
    »Aha, ein Leisetreter. Hättest deinem alten Herrn einen Strich durch die Rechnung machen und

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