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Die geheime Stunde

Die geheime Stunde

Titel: Die geheime Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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das Brett auf.«
    »Mache ich.« Sie schickte sich zum Gehen an. »Aber sei nicht sauer auf Kate.«
    »Keine Angst. Und jetzt lauf und stell das Schachbrett auf.«
    Sie sahen Maggie nach, als sie die Diele durchquerte; das Fußballtrikot, blutbefleckt und viel zu groß, war nun auch noch nass. Aber ihre ausgefransten Haare waren ordentlich gebürstet.
    »Sie haben es gehört«, sagte Kate, perfekt gekleidet und tadellos gepflegt – mit Ausnahme der Aufschläge ihrer grauen Hose, die ebenfalls klatschnass waren, wie John feststellte. »Seien Sie nicht sauer auf mich.«
    »Sie ist noch ein Kind. Sie hat keine Ahnung, um was es geht. Wo zum Teufel haben Sie gesteckt? Wissen Sie, dass ich außer mir war vor Angst? Ich wollte gerade die Polizei benachrichtigen – ich dachte, Sie hätten sie entführt …«
    Kates Gesichtsausdruck wandelte sich. Ihre Miene, gerade noch gelassen, beinahe heiter, war mit einem Mal entsetzt.
    »O Gott, das tut mir Leid.«
    »Das muss Ihnen doch klar gewesen sein!«
    »Ehrlich gestanden, war ich überzeugt, dass wir lange vor Ihnen zu Hause sein würden. Wir sind nur kurz die Straße entlang, zur Autowaschanlage …«
    »Sie haben Ihr
Auto
gewaschen?« Sein Blutdruck schnellte in die Höhe; dieses Kindermädchen hatte ihre Vorgängerin X mit ihrer Unbesonnenheit noch übertrumpft und sie vom Siegerpodest geholt.
    »Nein, wir …«
    »Ich habe keine Zeit für dummes Geschwätz.« John schüttelte den Kopf, hielt sich die Schläfe. Sie war geschwollen und fühlte sich wie eine Melone an. »Ich muss mit Maggie eine Partie spielen und sie anschließend in die Kanzlei mitnehmen – Sie haben offenbar keine Ahnung, wie viel Arbeit auf mich wartet!«
    »Ich weiß – ich bleibe gerne bei ihr.«
    »Nein
danke.«
    »Würden Sie mir bitte eine Minute zuhören? Ich möchte Ihnen nur erklären …«
    »Nicht nötig, Miss Harris.«
    »Finde ich aber schon. Es ist mir sehr wichtig! Ich habe gewartet …«
    »Ich kann mir nicht vorstellen, wie Sie rechtfertigen wollen, dass Sie mit meinem Kind in der Gegend herumkutschieren, ohne meine Erlaubnis, ohne eine Nachricht zu hinterlassen. Das ist unerhört. Geradezu kriminell, um es auf den Punkt zu bringen. Auf Kindesentführung steht …«
    »Sie glauben, ich hätte Maggie entführen wollen? Bitte, hören Sie mich doch an!«
    Kopfschüttelnd griff John in seine Tasche und holte mehrere Zwanzig-Dollar-Scheine heraus. »Hier, nehmen Sie, das dürfte Ihre Auslagen decken. Ich werde die Agentur anrufen und sagen, dass es mit uns nicht geklappt hat.«
    Sie wich zurück, rührte das Geld nicht an. Als John in ihre Augen blickte, glaubte er einen Anflug von Belustigung darin zu entdecken. Sollte das ein Scherz sein – fand sie die Situation auch noch komisch?
    »Nehmen Sie das Geld!«, forderte er sie abermals auf. »Es sei denn, Sie ziehen es vor, dass ich die Bezahlung über die Agentur abwickle, die Ihnen dann einen Scheck zuschickt.«
    »Das wäre besser.« Ihre Stimme war kühl, aber ihre Augen blitzten. Wie Sonnenstrahlen, die sich in einem blaugrünen Fluss widerspiegelten.
    »Die Entscheidung liegt ganz bei Ihnen.« Er zuckte die Schultern. Er überlegte einen Augenblick, ob er ihr Glück wünschen sollte, aber das wäre ein Witz – obwohl er sie nicht für eine Hochstaplerin hielt, war die Betreuung von Kindern mit Sicherheit nicht ihr Metier. Da er es kaum noch erwarten konnte, zu Maggie zu kommen, begleitete er Kate Harris bis zur Tür – nur um sich zu vergewissern, dass sie das Haus auch tatsächlich verlassen und wegfahren würde und er hinter ihr zusperren konnte. Brainer stand neben ihm, wedelte mit dem Schwanz.
    »Ich hatte von Anfang an das Gefühl, dass wir heute nicht dazu kommen, miteinander zu sprechen«, sagte sie. »Ich habe es zumindest versucht …«
    »Reden?«, fragte er verwirrt.
    Sie reichte ihm zum Abschied die Hand. Sie sahen sich an. Der Augenblick zog sich länger hin, als er sollte, und John zog seine Hand widerstrebend zurück. Überraschenderweise hatte ihr Blick ihn nervös gemacht, seine Handfläche war eiskalt.
    »Leben Sie wohl«, sagte sie. »Würden Sie Maggie von mir grüßen? Und Teddy, wenn er von der Schule nach Hause kommt?«
    »Natürlich.« John sah ihr nach, als sie die Stufen hinunterging, den Mantel in der Hand. Ihre Haltung war aufrecht, ihr Kopf hoch erhoben. Sonnenlicht fiel auf ihr braunes Haar, fing kupferfarbene und goldene Reflexe ein. Ihre grauen Hosen waren eng, ihre Oberschenkel

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