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Die geheime Stunde

Die geheime Stunde

Titel: Die geheime Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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nachzudenken.«
    »Vielleicht war Kate eifersüchtig und …«
    »Den Eindruck hatte ich nicht«, erwiderte John rasch.
    »Vielleicht hat der Ehemann kalte Füße bekommen. Willa hat gedroht, alles zu erzählen, und Kate saß ihm im Nacken.« Billy atmete tief aus, schüttelte den Kopf. »In seiner Haut möchte ich nicht stecken – wie der Schinken in einem Schwestern-Sandwich. Klingt bedrohlich.«
    John nickte. »Kate hat ihre Schwester damals als vermisst gemeldet, dann wurde die Fahndung eingeleitet.«
    » FBI ?«
    »Nein. Es lag kein Verdacht auf Entführung vor.«
    »Hmmm. Also, du weißt ja, wie das bei uns läuft. Möglich, dass eine Meldung über meinen Tisch gegangen ist, aber wenn kein Grund zu der Annahme bestand, dass sie sich in unserer Gegend aufgehalten haben könnte, habe ich dem Rundschreiben vermutlich nicht viel Beachtung geschenkt. Vielleicht liegt eine Verwechslung vor, mit einem anderen East Wind …«
    John schüttelte den Kopf. »Nein. Ich habe die Karte gesehen.«
    »Und die Spur endete hier?« Billy runzelte die Stirn.
    »Nein – sie führte weiter, nach Fairhaven, Massachusetts, Newport, Providence …«
    »Na also!« Billy zuckte die Achseln. »Warum belästigt die Schwester dich damit – oder ist noch etwas anderes?«
    »Wegen Merrill.«
    »Weswegen auch sonst. Er ist schließlich der berüchtigtste Serienmörder in Neuengland, und der Zeitrahmen stimmt, warum sollte er also nicht derjenige welcher sein? Hast du sie darüber aufgeklärt, dass er nur einer von diesen vielen Monstern ist, die aussehen, als könnten sie kein Wässerchen trüben, ihrem Namen aber alle Ehre machen, und dass ihre Schwester wahrscheinlich …«
    »Nein«, unterbrach John ihn aus einem unerfindlichen Grund, als wollte er nicht mehr an all die Raubtiere, die sich da draußen herumtrieben, oder an das Schicksal von Kates Schwester denken.
    »Wenn die Öffentlichkeit wüsste, was wir wissen … denkst du jemals darüber nach, Johnny?«
    »Nicht, wenn es sich vermeiden lässt.«
    »Das ist so wie mit den Haien … jeder, der zum Angeln aufs Meer rausfährt, wird mir das bestätigen.«
    »Was?«
    »Wie entsetzt die Leute wären, wenn sie wüssten, was um sie herum im Wasser schwimmt. Dass Haie überwiegend in Ufernähe angreifen, wo das Wasser gerade bis zum Bauch reicht, ist ein alter Hut … und alle glauben, das läge nur daran, weil sich dort alle Schwimmer aufhalten.«
    John schwieg, folgte mit seinem Blick dem Strahl des Leuchtturms von Silver Bay, der den Himmel durchquerte und von den tief hängenden schwarzen Wolken reflektiert wurde. Kein einziger Stern war am Himmel zu sehen.
    »Dabei lauern
überall
Haie.«
    »Ich weiß.«
    »Das gilt auch für Serienmörder. Es herrscht eitel Freude, wenn jemand wie Merrill gefasst wird. Er liefert den Menschen eine bequeme Erklärung dafür, warum die Welt so grenzenlos schlecht ist. Der Wellenbrecher-Killer ist weggesperrt, und alle atmen erleichtert auf. Sie plädieren für die Todesstrafe und bilden sich ein, damit sei das Problem gelöst, sie wären vor anderen Monstern sicher.«
    »Vorsicht, deine liberale Gesinnung kommt zum Vorschein.«
    »Quatsch. Wenn es nach mir ginge, können sie ihn nicht schnell genug platt machen. Ich behaupte lediglich, dass er ein Hai von vielen in der Bucht ist. Da, wo er herkommt, gibt es noch etliche von seiner Sorte – sie sind nur noch nicht als solche entdeckt worden.«
    »Ich weiß – es gibt also nichts über Willa Harris?«
    Billy schüttelte den Kopf. »Nein, aber eines interessiert mich trotzdem – geht es dir bei deinem Anliegen um Merrill? Oder um die große Schwester?«
    »Ich bin mir nicht sicher«, erwiderte John aufrichtig. Er schüttelte Billy die Hand, übersah geflissentlich die Besorgnis in den Augen seines Freundes. Die ersten Tropfen fielen. Ein Eisregen, der auf der Haut brannte wie winzige, messerscharfe Rasierklingen. John verabschiedete sich und ging zu seinem Wagen, dann drehte er sich halb herum. »Warst du mal in Fairhaven?«
    Billy nickte. »Massachusetts? Klar. Hab dort Angelausrüstung gekauft. Ein hervorragend sortierter kleiner Laden, direkt hinter der Schiffswerft, in östlicher Richtung. Warum?«
    »Weißt du, wo die Texaco-Tankstelle ist?« Bei der Frage begann Johns Herz zu rasen. Er schluckte, seine Kehle brannte. Er hoffte, Billy würde nicht sagen:
Bei dem Gemischtwarenladen in der kleinen Einkaufzeile mit dem Waschsalon, direkt an der Hauptstraße …
    »
Keine Ahnung, Mann.

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