Die geheime Waffe
abzubiegen.
Vor ihnen lag ein asphaltierter Platz, von dem zwei Zufahrten zu Werkshallen abgingen. Dahinter lag die von Renk genannte Anlegestelle. Im Grunde handelte es sich nur um eine schmale, ein Stück in den Fluss hineinragende Pier, aber sie bot eine gute Möglichkeit, in den ansonsten mit Zäunen oder dichter Vegetation gesäumten Fluss zu steigen.
»Stellen Sie den Wagen da drüben ab«, befahl Torsten. »Dort beginnt der Stadtpark. Wenn jemand unser Auto bemerkt, wird er annehmen, wir würden spazieren gehen oder die Einsamkeit für gewisse Dinge ausnützen.«
Henriette gehorchte, zog dann den Zündschlüssel ab und sah Renk fragend an. »Was machen wir mit dem Schlüssel?«
»In einen wasserdichten Beutel stecken und mitnehmen.« Ohne weiter auf sie zu achten, stieg Torsten aus und sah sich forschend um. Soweit er feststellen konnte, befand sich niemand in der Nähe. Auf dieser Seite der Schelde hatten die Arbeiter längst Feierabend gemacht, und der Werksschutz der einzelnen Firmen interessierte sich nicht für einen Wagen, der außerhalb ihres Aufsichtsbereichs parkte.
Torsten holte seine restliche Tauchausrüstung heraus und streifte sich die Kappe über. Während er das Ventil der Sauerstoff-Flasche öffnete und diese auf dem Rücken festschnallte, sah er, dass seine Begleiterin neben dem Auto stand und noch immer den Zündschlüssel in der Hand hielt.
»Achtung«, rief er und warf ihr einen der beiden wasserdichten Beutel zu.
Henriette fing ihn auf, verstaute den Autoschlüssel darin und kam dann auf ihn zu. »Wo sind meine Sachen?«
»Noch im Kofferraum! Warten Sie, ich helfe Ihnen!« Torsten wollte ihr die Tauchkappe über den Kopf ziehen.
»Nein Danke, das mache ich lieber selbst. Dann weiß ich, dass das Ding richtig sitzt.« Henriette schloss ihren Taucheranzug bis zum Hals und setzte sich die Kappe auf. Bei der Sauerstoff-Flasche ließ sie sich von Torsten helfen, kontrollierte
vorher aber, ob das Ventil auch richtig eingestellt war. Dann schlüpften beide in die langen Schwimmflossen.
Renk steckte seine Sphinx AT2 000, mehrere Schraubenschlüssel und die Ersatzplomben in einen wasserdichten Beutel, den er vor der Brust befestigte.
»Das sollten Sie auch tun«, riet er Henriette.
»Glauben Sie, dass wir schießen müssen?«, fragte diese besorgt.
Torsten schnaubte. »Wie sagt Wagner immer so schön? Er werde nicht fürs Glauben bezahlt, sondern fürs Wissen. Und ich weiß wirklich nicht, ob wir Schwierigkeiten mit dem Wachpersonal bekommen oder gar auf Banditen stoßen. Wir werden jedoch nur dann schießen, wenn es keinen anderen Ausweg gibt.«
»Ich würde am liebsten gar nicht schießen«, gab Henriette zu.
»Ich auch nicht. Wenn man uns entdeckt, haben wir einen erbärmlich schlechten Job gemacht. Jetzt kommen Sie endlich! Wir sind zum Arbeiten hier und nicht zum Schwatzen. « Torsten nahm das Kommunikationsgerät und hakte es am Gürtel ein. Dasselbe tat er bei Henriette.
»Jetzt testen wir einmal, wie die Dinger funktionieren!« Er setzte die Taucherbrille mit dem integrierten Mundstück auf und stöpselte die Verbindung ein. Henriette folgte seinem Beispiel und sah ihn fragend an.
»Können Sie mich hören?«, fragte er.
Henriette nickte. »Laut und deutlich. Und Sie?«
»Sie können ruhig ein wenig leiser reden. Noch brauche ich kein Hörgerät.« Torsten lachte, hob den Scooter aus dem Kofferraum und schloss diesen.
»Kommen Sie, Leutnant. Es wird Zeit.« Nach einem letzten Blick in die Runde, wo nichts Verdächtiges zu erkennen war, stapfte er los. Henriette rollte das Verbindungskabel an ihrem Gürtel ein wenig ein, damit es nicht über die Erde
schleifte, und folgte Torsten. Auf dem Weg zum Pier wurde ihr bewusst, dass dies ihr erster richtiger Einsatz für ihre neue Dienststelle war.
FÜNFZEHN
J ef van der Bovenkant war hundeübel. Zwar hatte Zwengel, sein verehrter Anführer, ihm erklärt, die Tat müsse vollbracht werden, wenn sie das große Ziel erreichen wollten. Trotzdem würgte es ihn bei dem Gedanken, in Kürze mitzuhelfen, eine unschuldige flämische Familie auszulöschen, nur um die Schuld daran den Wallonen in die Schuhe schieben zu können. Natürlich wollte er nicht, dass dieses Französisch sprechende Volk weiterhin von Flandern gefüttert und gehätschelt wurde wie ein Kranker, der in der Klinik am Tropf hängt. Dafür hatten die Wallonen die Flamen zu lange beherrscht und wie dumme Bauern behandelt.
Sollen sie sich doch von Paris ernähren lassen,
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