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Die geheime Waffe

Die geheime Waffe

Titel: Die geheime Waffe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Marni
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Herkunft zu denken.
    »Belgien hat einhundertachtzig Jahre als Staat funktioniert. Da müsste es doch möglich sein, dass es noch einmal einhundertachtzig Jahre in Frieden und Wohlstand vor sich hat«, sagte er zu sich selbst. Einen Erfolg konnte er schon verzeichnen. Zum ersten Mal seit Jahren hatten die Fahnen Belgiens
bei den teilnehmenden Schiffen wieder zugenommen, und das hielt er für ein ermutigendes Zeichen.
    Van Houdebrinck zog einen Energieriegel aus der Tasche, riss die Packung auf und begann zu essen. Als er das Papier in den kleinen Abfalleimer neben dem Niedergang werfen wollte, sah er, dass dieser nicht richtig geleert worden war, denn es lag eine Frittentüte darin und darunter etwas, was wie eine Coladose oder eine leere Keksschachtel aussah. Van Houdebrinck ärgerte sich über die Abfälle, die Julien am Vortag noch hätte entsorgen sollen.
    Er warf die leere Packung des Energieriegels in den Eimer und konzentrierte sich wieder auf die Regatta. Seine Konkurrenten hatten während der letzten Minuten ein wenig aufgeholt, und so trieb er seine Mannschaft an, die Segel zu trimmen. Er drehte das Steuerrad, bis die Yacht wieder hoch am Wind lag, und sah zufrieden zu, wie die anderen Boote hinter ihnen zurückblieben.
    In dem Augenblick drückte Sedersen den Zünder. Um van Houdebrinck wurde es auf einmal hell und heiß. Er spürte noch den heftigen Schlag, mit dem ein Teil des Abfallkorbs seinen Brustkorb durchschlug. Dann war es vorbei.
    Die Mannschaften auf den Booten, die der Zilvermeeuw folgten, sahen den Feuerball und Teile des Schiffes hochwirbeln. Kurz darauf vernahmen sie die Detonation. Als sie auf den Ort des Unglücks zusteuerten, fanden sie nur noch ein paar kleine Wrackteile und drei im Wasser treibende Leichen. Van Houdebrincks Tochter lebte noch, da sie vorne am Bug gestanden hatte und von der Wucht der Detonation ins Wasser geschleudert worden war. Allerdings hatten herumfliegende Teile sie schwer verletzt, und die Ärzte in der Klinik von Oostende, in die sie eine Stunde später eingeliefert wurde, äußerten sich skeptisch, was ihre Überlebenschancen betraf.
    Die Regatta, die als buntes, fröhliches Fest begonnen hatte, war zu einem Fanal des Bösen geworden.

SECHSTER TEIL
DIE ROTE BARONESS

EINS
    H enriette beäugte misstrauisch die Ausrüstungsgegenstände, die Renk vor ihr ausbreitete. »Glauben Sie wirklich, dass wir damit in die Fabrik hineinkommen?«
    »Wenn Ihnen nicht von jetzt auf gleich ein Paar Flügel wachsen, so dass Sie hineinfliegen und mich mitnehmen können, ist es der einzige Weg. Ziehen Sie sich um! Wir haben nicht mehr viel Zeit.«
    Zögernd streifte Henriette ihr T-Shirt über den Kopf und öffnete den Reißverschluss ihrer Jeans. Als sie schließlich in Slip und Hemdchen vor Torsten stand, warf dieser ihr einen kurzen Blick zu, wandte sich aber sofort wieder seiner Ausrüstung zu. Er trug bereits das hautenge Trikot aus Kunststoff-Fasern, hatte die Kapuze aber noch nicht aufgesetzt. Nach kurzem Nachdenken zog er außerdem noch seine Alltagskleidung darüber. »Nur für den Fall, dass wir unterwegs Frau Leclerc begegnen. Ihr darf nichts auffallen. Dann kann sie auch nichts weitererzählen.«
    Henriette zeigte mit einem Kichern auf die Reisetasche, in die Renk alles stopfte, was er glaubte mitnehmen zu müssen. »Ich hoffe nicht, dass Frau Leclerc uns begegnet. Sonst denkt sie noch, wir wollten die Zeche prellen.«
    Torsten schloss die Reisetasche und funkelte seine Partnerin missbilligend an. »Wenn Sie die Pension so langsam verlassen, wie Sie sich umziehen, werden wir der guten Frau ganz bestimmt über den Weg laufen.«
    »Entschuldigung, ich bin ein bisschen nervös!« Henriette zog das zweite Hosenbein über und suchte nach einem Knopf, um die Hose zu schließen.
    »Soll ich Ihnen helfen, den Klettverschluss zuzumachen?« Torsten wurde zunehmend ungeduldig.

    »Ich schaffe es schon, Herr Oberleutnant!« Während Henriette die Hose schloss, dachte sie daran, dass sie und Renk bis vor wenigen Minuten noch brav beim Du eines verliebten Paares geblieben waren. Doch jetzt in der Anspannung vor ihrer nächsten Aktion waren sie wieder in das dienstliche Sie zurückgefallen. Das tat ihr leid, denn es vermittelte ihr das Gefühl, nur das ungewollte Anhängsel ihres Vorgesetzten zu sein. Dabei war ihr durchaus bewusst, dass sie selbst daran schuld war, hatte sie doch während Renks Erklärungen zu oft jenes Wort gebraucht, das er aus seinem Vokabular gestrichen zu haben

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