Die geheime Waffe
breitbeinig auf Rechmanns Wagen zu. Dieser spottete in Gedanken über den Möchtegern-Westernhelden und stieg aus.
»Hier können Sie nicht stehen bleiben«, rief der Bulle.
»Aber ich sehe kein Verbotsschild!«, stellte Rechmann sich dumm.
»Die Straße muss frei sein, wenn die Herrschaften vorbeikommen! «
»Wir stehen doch nicht auf der Straße, sondern auf einem ordentlich ausgewiesenen Parkplatz. Hier, sehen Sie. Wir ragen nicht einmal über die Abgrenzungslinien hinaus.«
Genervt von Rechmanns Dickfelligkeit wechselte der Polizist das Thema. »Was haben Sie geladen?«
»Kränze für die Beerdigung. Deshalb müssen wir auch hierbleiben. Es haben einige hohe Herrschaften bei uns bestellt, darunter auch der Präfekt der Provinz Antwerpen. Da können wir nicht wegen jedem Kranz einzeln zu jener Wiese laufen. Hier, wenn Sie die Kränze sehen wollen?« Rechmann ging um den Wagen herum und öffnete die Hecktür.
Der Polizist warf einen kurzen Blick hinein und sah als Erstes den Kranz eines Ministers der flämischen Regionalregierung. In seinem Gesicht arbeitete es, dann sah er noch einmal genau nach, wie der Kleinbus stand, und nickte widerwillig.
»Meinetwegen können Sie hierbleiben.« Damit wandte er sich ab und bedeutete dem Fahrer des nächsten Wagens, zu dem provisorischen Parkplatz weiterzufahren.
Maart sah Rechmann mit einer Mischung aus Unglauben und Faszination an. »Sie sind mir einer! Wir stehen genau auf dem Platz, den Sie ausgewählt haben, und das, obwohl uns die Bullen drei Mal in die Mangel genommen haben. Das soll Ihnen erst einmal einer nachmachen.«
»Es geht nichts über eine gute Vorarbeit und einen kühlen Kopf!«
Der junge Niederländer überlegte kurz und stellte dann die Frage, die ihm schon seit Tagen auf der Zunge lag. »Was meinen Sie, Herr Rechmann, habe ich eine Chance, von Eegendonks Haufen weg zu Ihrer Truppe zu kommen?«
»Die Chance dazu hast du«, antwortete Rechmann, der Maart aber für sich schon als zu nervös und zaghaft eingestuft hatte. Ihm dies jetzt zu sagen wäre jedoch nicht klug gewesen.
VIERUNDZWANZIG
S edersen hatte es sich im Sessel bequem gemacht, kommandierte Jef herum und ließ den Fernseher nicht aus den Augen. Um ihn herum saßen Dunker, Eegendonk, Jasten und ein halbes Dutzend weiterer Freischärler, die zum engeren Kreis gehörten.
»Die Beerdigung eines so bedeutenden Pinkels macht schon was her«, spottete Dunker, als die Kamera einen ihnen bekannten Kleinbus kurz ins Bild brachte.
»Rechmann steht genau an dem Punkt, an dem er stehen wollte. Respekt! Der Mann hat es verdient, einen hohen Posten in unserer neuen flämischen Armee einzunehmen!«, rief Eegendonk beeindruckt. Eben hatten die Reporter noch einmal auf die scharfen Sicherheitsmaßnahmen hingewiesen, und doch war es Rechmann gelungen, sein präpariertes Fahrzeug genau an dem Ort abzustellen, an dem es seinem Plan nach stehen musste.
»Wann kommt eigentlich der König mit seinem Anhang?«, fragte Sedersen, obwohl er es während der bisherigen Übertragung bereits mehrmals gehört hatte.
»Um halb zwölf. Bis dorthin dauert es noch fast eine Stunde«, erklärte Dunker eilfertig.
»Noch eine Stunde also!« Sedersen trank einen Schluck
Cognac und hob das Glas grüßend hoch, als er sah, wie Giselle Vanderburg vor dem Friedhof aus ihrem Wagen stieg und sich von einem Chauffeur die Tür aufhalten ließ. Sie trug ein dezentes schwarzes Kostüm und trocknete mit einem ebenfalls schwarzen Taschentuch ein paar Tränen, die ihr aus den Augenwinkeln perlten. Auf jeden unbeteiligten Zuseher wirkte sie erschüttert, doch Sedersen wusste, dass sie nur eine Rolle spielte. Gerade erst hatte er mit Giselle auf van Houdebrincks Tod angestoßen und sich dann mit ihr in sein Schlafzimmer zurückgezogen. Sein Körper reagierte auf den Gedanken, und er beschloss, sie heute noch anzurufen, damit sie erneut nach Balen kam. Sie war die aufregendste Frau, die er je kennengelernt hatte, und das beste Aushängeschild, das er sich vorstellen konnte. Gemeinsam würden sie Flandern beherrschen.
Erleichtert stellte er fest, dass sie sich in den hinteren Teil des Friedhofs begab, als wolle sie der Familie und den Vertretern des politischen Establishments den Vorrang lassen. Er hatte sie eindringlich davor gewarnt, zu nahe bei der Königsfamilie zu bleiben, ohne ihr genau zu sagen, was er oder, besser gesagt, Rechmann dort geplant hatte.
Eigentlich hätte auch er an der Trauerfeier teilnehmen sollen, doch er
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