Die geheime Waffe
Sie jetzt?«, fragte Sedersen und richtete den Lauf der Waffe auf das Schloss, denn er hatte hinter einem Fenster einen Schatten entdeckt. Die Zielerfassung zeigte ihm, dass es sich um Prinz Laurent handelte, den jüngeren Sohn des Königs, der sich offensichtlich einen Überblick über die Lage verschaffen wollte. Sedersen schoss sofort, doch da trat der Prinz wieder zurück. Das Projektil knallte gegen den Fensterrahmen und sprengte ein faustgroßes Loch hinein.
»Um die Ecke schießen kann das Ding also nicht. Benützen Sie es, um uns den Weg zu bahnen. Es geht nämlich ums
Ganze, falls Sie das noch nicht begriffen haben sollten!«, sagte Eegendonk mit einem angespannten Auflachen und folgte seiner vorrückenden Truppe.
Sedersen und Jasten, die zurückblieben, sahen ihn Haken schlagend auf den Palast zustürmen.
»Wir sollten uns eine bessere Deckung suchen, bis unsere Leute das Gemäuer da erobert haben«, schlug Jasten vor.
Sedersen schüttelte den Kopf und nahm eine Polizistin aufs Korn, die hinter einer Ecke des Palasts aufgetaucht war und auf die anstürmenden Freischärler feuerte. Als die Frau von seinem Geschoss getroffen zusammensank, sah er Jasten mit glitzernden Augen an. »Das Gewehr ist sein Gewicht hundertmal in Gold wert. Damit kann man das Schicksal ganzer Völker entscheiden!«
Sein nächster Schuss kostete einen weiteren Verteidiger das Leben. Zwar feuerte Sedersen nun immer wieder, um das Vorrücken seiner Männer zu unterstützen, aber das berauschende Gefühl, Herr über Leben und Tod zu sein, machte bald einer zittrigen Ungeduld Platz. Er gierte fast körperlich danach, jenes große, entscheidende Ziel anvisieren zu können, mit dessen Tod sich alles zu seinen Gunsten wenden würde. Doch der König blieb in Deckung. Sedersen vermutete, dass der alte Mann tief unter dem Palast in einem Bunker hockte. Aus dem, das schwor er sich, würde Albert II. nicht mehr lebend herauskommen.
ZWEI
T orsten Renk war froh, dass die Hawker Fury ein eher gemächliches Tempo flog, sonst hätten Jef und er sich nicht lange auf den Tragflächen halten können. Der junge Flame jammerte bereits über seine verkrampften Muskeln, wusste
aber genau, dass er, wenn er auch nur einen Moment losließ, sehr tief fallen würde.
»Wie lange dauert es noch?«, fragte er, während der Doppeldecker über die nördlichen Vororte Brüssels schwebte.
»Hoffentlich nicht mehr allzu lange!« Henriette nahm die Schwierigkeiten ihrer beiden Passagiere wahr, sah aber keine Möglichkeit, ihnen die Lage zu erleichtern.
»Das dort vorne müsste schon Grimbergen sein. Der Königspalast liegt dahinter.« Torsten versuchte vergeblich, inmitten des Gewirrs der Häuser den Park auszumachen, in dem das königliche Palais lag. Da flammte ein Stück seitlich voraus ein heller Blitz auf, dem ein Knall folgte, der sogar das Motorengeräusch der Hawker Fury übertönte.
»Da hat es ein Flugzeug oder einen Hubschrauber zerlegt! Wir müssen weiter runter, sonst nehmen die Schufte uns als Nächstes ins Visier«, rief er Henriette zu.
Die aber zeigte lachend auf eine Reihe von sechs Hubschraubern, die aus dem Süden heranflogen. »Da greift die belgische Armee ein. Die wird diesen Spuk rasch beenden.«
Jef van der Bovenkant atmete auf. »Wir sollten uns eine Stelle suchen, an der wir landen können. Ich muss sagen, bei meinem nächsten Flug ziehe ich einen normalen Urlaubsflieger vor.«
Plötzlich sahen die drei mehrere Leuchtpunkte aufsteigen und auf die Hubschrauber zurasen. Gleich darauf zerplatzte der vorderste Helikopter wie ein Luftballon. Drei weitere Hubschrauber teilten sein Schicksal, während die Piloten der beiden letzten Maschinen mit riskanten Manövern ausweichen konnten und zwischen die Häuserschluchten abtauchten.
»Sieht aus, als hätten die Indianer die Fünfte Kavallerie in die Flucht geschlagen«, kommentierte Torsten grimmig.
»Was sollen wir jetzt tun?«, fragte Henriette.
»Wenn wir klug wären, würden wir abhauen und aus sicherer Entfernung zuschauen, wie sich die Belgier gegenseitig die Köpfe einschlagen.«
Henriette warf Torsten einen kurzen Blick zu. »Und? Sind wir klug?«
»Fliegen Sie tiefer, sonst erwischt es uns. Sehen Sie dort drüben das Atomium?«
»Ja!«
»Halten Sie sich links davon. Da vorne, das muss der Park von Laeken sein. Sehen Sie zu, ob Sie irgendwo landen können. Sobald ich abgesprungen bin, starten Sie durch und verschwinden samt unserem flämischen Freund! Vorher stopfen Sie mir
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