Die geheime Waffe
lächelte breit und sah Henriette an. »Du wolltest doch noch die Poffertjes mit Erdbeeren, Schatz, und ich hätte noch gerne einen zweiten Speckpfannkuchen.«
Von einem Augenblick zum anderen verwandelte Torsten sich von dem Kollegen, der auf Abstand bedacht war, zu einem
munteren Touristen, der mit seiner Frau oder Freundin einen schönen Tag verleben wollte.
Henriette wirkte nur eine Sekunde lang verblüfft, dann ging sie auf das Spiel ein und sah vorsichtig zum Nebentisch. »Das ist doch Caj Kaffenberger, dessen Ehefrau mit dieser scheußlichen Waffe umgebracht worden ist«, flüsterte sie.
Torsten starrte auf die Speisekarte und nickte, als habe er dort etwas entdeckt. »Danke! Ihr Gedächtnis ist besser als das meine«, antwortete er genauso leise, um dann in fröhlichem Tonfall die Kellnerin an den Tisch zu rufen.
Während er bestellte, fragte er sich, warum sein Sinn für gefährliche Situationen ihn warnte. Ein Mann wie Kaffenberger hatte jedes Recht, nach Kijkduin zu kommen und hier ein Glas Bier zu trinken. Zum sichtlichen Missgefallen der Bedienung bestellte der Mann sonst nichts.
»Oh, Liebling, was machen wir denn anschließend?« Henriette versuchte, den Schein des Urlaubspaares aufrechtzuerhalten, auch wenn sie nicht begriff, weshalb Renk auf einmal darauf erpicht war, sich länger im Lokal aufzuhalten.
Unterdessen versuchte Torsten sich zu erinnern, in welchem Zusammenhang ihm Kaffenberger sonst noch aufgefallen war. Es konnte nicht allein daran liegen, dass dessen Frau durch ein Geschoss aus einem SG21 den Tod gefunden hatte. Als aber ein hagerer Mann mit schmalem Gesicht und kurzen, weißblonden Haaren eintrat und an Kaffenbergers Tisch Platz nahm, dämmerte es ihm. Der neue Gast war Frans Zwengel, ein flämischer Politiker vom äußersten rechten Rand, der mit aller Macht Flanderns Loslösung vom Königreich Belgien anstrebte. Nun erinnerte Torsten sich, dass Kaffenberger eine gewisse Nähe zur rechtsradikalen Szene in Deutschland nachgesagt wurde. Zwar hatte der Industrielle sich nie offen zu den Rabauken um Rudi Feiling und dessen Epigonen bekannt, aber die Geheimdienste wussten, dass er die Leute mit Geld und anderen Maßnahmen unterstützte.
Als Nächster gesellte sich ein Mann zu den beiden, den Torsten trotz allen Nachdenkens nicht einordnen konnte. Nun begannen die drei ein leises, auf Deutsch geführtes Gespräch. Dabei bedienten sie sich eines Codesystems, das einem unbeteiligten Zuhörer nicht aufgefallen wäre.
Torsten filterte jedoch einige Worte heraus, die ihn misstrauisch werden ließen. Daher holte er sein Handy heraus, mit dem er nicht nur telefonieren, fotografieren und ins Internet gehen, sondern auch Tonaufnahmen machen konnte. Er verbarg das Gerät in der Hand, drehte es aber so, dass er die drei Männer damit belauschen und heimlich fotografieren konnte. Dabei gab er sich alle Mühe, nicht aufzufallen, und richtete scheinbar seine ganze Aufmerksamkeit auf Henriette. Sie unterhielten sich leise und mit einigen Pausen, um die Tonaufnahme nicht zu überlagern, und als die Bedienung ihre nachbestellten Portionen gebracht hatte, begannen sie genüsslich zu essen.
Nach einer Weile schienen die drei Männer sich einig geworden zu sein. Kaffenberger zahlte die Zeche für alle, dann verschwanden sie in verschiedene Richtungen, und keiner, der ihnen auf der Promenade begegnete, hätte angenommen, dass die drei ein paar Minuten vorher noch an einem Tisch gesessen und eifrig miteinander diskutiert hatten.
»Können Sie mir sagen, was das Ganze sollte?«, fragte Henriette, die mit ihrer zweiten Portion Poffertjes kämpfte.
»Noch weiß ich es nicht. Aber Petra wird uns hoffentlich bald mehr sagen können.« Torsten schob seinen fast leeren Teller zurück, nahm sein Handy, wählte Petras Nummer an und sandte ihr die Fotos wie auch die Tonaufnahme.
VIERTER TEIL
DIE CONTAINER
EINS
A uf dem Bildschirm sah Major Wagner so zufrieden aus, dass bei Torsten Renk sämtliche Alarmglocken anschlugen. Sein Vorgesetzter nahm ein Blatt Papier zur Hand, blickte kurz darauf und grinste noch breiter. »Gute Arbeit, Renk, und auch von Ihnen, Leutnant. Diese Leute nicht nur zu fotografieren, sondern auch zu belauschen, ohne dass sie es merken, ist die hohe Kunst unseres Metiers. Die Kerle haben nämlich einen sechsten Sinn dafür, wenn jemand sie überwachen will.«
Torsten wollte kein Gerede hören, sondern Fakten. »Und? Haben Sie herausgefunden, warum die drei sich ausgerechnet in einem
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