Die geheime Welt der Frauen
zog.
Timna kam zu Rosh Hashanah.
Sima hatte sich nicht mehr so auf die Neujahrsfeiertage gefreut, seit sie als Kind auf der Küchentheke saß und in die Suppe starrte, um die Karotten, die Kartoffeln, die Hühnerhälse und Selleriestangen zu zählen, die in der gelben Brühe brodelten. Damals hatten die Feiertage noch einen echten Neuanfang signalisiert. Die Schüsseln mit Nüssen und Rosinen, der Honig in der Glasschale und das runde, geflochtene Challah-Brot, alles fiel mit dem neuen Schuljahr zusammen, dem Ledergeruch neuer Schuhe und Blusen, die sich frisch gestärkt anfühlten.
Nach diesen ersten Feiertagen folgten andere, weniger hoffnungsfrohe. Die Sorgen in den ersten Jahren ihrer Ehe, als sie in die Geschäfte rannte, winkte, um den Metzger, den Lebensmittelhändler, den Bäcker auf sich aufmerksam zu machen, mit Plastiktüten nach Hause eilte, die rote Striemen in die Hände gruben, und die Küche mit Vorräten füllte. Alle vier Herdflammen waren in Betrieb, der Backofen auch, im Spülbecken türmte sich Geschirr, und weich gewordene Butter machte Flecken auf dem Rand eines ausgeschnittenen Rezepts. Doch dann der heimliche Stolz, wenn sie das Essen umfüllte in ihre neuen Corningware-Schüsseln - die blaue Blume an den Seiten war noch nicht verblichen, die weiße Keramik glänzte strahlend -, und das Gericht mit einem Holzlöffel anrichtete, wie das Magazin es vorschlug. Vorsichtig servierte sie die Speisen den Gästen, die um den Tisch versammelt saßen, und sah ihnen dann zu, während sie aßen.
»Ist alles in Ordnung?«, fragte sie immer. »Noch Salz? Ich finde, das Bruststück ist vielleicht einen Hauch zu trocken …«
Aber ihre Gäste zerstreuten ihre Bedenken, und jedes Jahr freute sie sich, wenn sie sah, dass kaum mehr als eine Portion für sie und Lev übrig blieb, obwohl sie die doppelte, manchmal sogar die dreifache Menge von jedem Gericht gekocht hatte.
In den ersten Jahren waren ihre Eltern bei ihnen zu Gast, als Simas Vater noch lebte und Levs Vater noch nicht nach Florida gezogen war. In einem Jahr kamen Simas ältere Brüder zu Besuch, und dann fuhren sie und Lev nach Dallas und Los Angeles, um die beiden dort zu besuchen, aber sie waren eben leider viel älter als sie. Ein paar Jahre lang hatten sie Freunde zu Besuch - Schulkameraden von Lev, ein paar frühere Bekannte von ihr -, doch ab einem bestimmten Zeitpunkt luden sie niemanden mehr ein und fanden sich damit ab, auf der Feier anderer Leute zu Gast zu sein.
Aber jetzt kam Timna, und Connie und Art hatten ebenfalls zugesagt sowie ihre alte Kusine Millie und Levs Onkel Abe. Sima reduzierte die Öffnungszeiten des Ladens vor den Feiertagen. Ihre Hände waren ganz steif vom Gemüseschneiden, und in der Schlange beim Metzger trat sie ungeduldig von einem Fuß auf den anderen - bereit zu kämpfen, weil sie ebenso wie die anderen Frauen, die stolz auf ihre Familien waren, nur das beste Stück haben wollte.
Sie hob den Deckel von der brodelnden Suppe, atmete tief den würzigen Dampf ein und fühlte sich in eine frühere Zeit versetzt, als der Wechsel der Jahreszeiten noch aufregend war, die Süße des Honigs noch Hoffnung versprach.
Timna hatte gelbe Gänseblümchen und Connie rote Rosen mitgebracht, und Sima stellte die Sträuße in Kristallvasen an beide Enden des Tisches, wo sie Art und Millie und Connie und Abe ein wenig verdeckten, aber Timna, in der Mitte, ganz wundervoll einrahmten. Sima war hoch beglückt über den Abend. Als Lev sie jedoch neckte, dass sie für eine ganze Kompanie gekocht habe, kam sie sich einen Moment lang lächerlich vor. Sie drückte einen Fingernagel in die Handfläche, um ihre Anspannung zu dämpfen, und hoffte, der mit Essen überladene Tisch
wirkte nicht bizarr und übertrieben. Doch Timna sagte: »Ich finde, es sieht wundervoll aus - ich kann’s gar nicht erwarten, alles zu probieren«, worauf Sima die Hand unter dem Tisch öffnete und lächelte.
Bei der Matzebällchensuppe sprach Connie über Nate. »Wissen Sie«, sagte sie zu Timna, wobei sie mit prüfendem Blick ihre Augen an ihr rauf- und runtergleiten ließ, »er reist auch gerne. Aber als Wissenschaftler ist es schwer, dafür Zeit zu finden. Er war endlos lange in der Schule, nicht dass er nicht alles schnellstmöglich hinter sich gebracht hätte, aber dann kam das College und die Doktorarbeit, und jetzt ist er seit zehn Jahren in diesem Labor und hat kaum Urlaub gehabt.«
Während Connie angeberisch weiterschwafelte - »Sie wissen
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