Die geheime Welt der Frauen
lebte sie mit einem davon ein paar Jahre zusammen, und es war schlimm für mich, als sie sich trennten.«
»Aha«, sagte Sima. Sie hatte von Frauen gehört, die solche Dinge machten. »Und wie alt waren Sie bei der Scheidung?«
»Zehneinhalb. Aber er hatte eine Affäre - er war ohnehin nie daheim.«
Sima nickte. Wie schade, dachte sie und blickte erneut auf die chaotische Küche, wie traurig für das Mädchen - und doch empfand sie Erleichterung, dass Timnas Familie so zerrüttet war.
Timna blätterte die Seite um. »Das bin ich mit meinen Highschool-Freundinnen«, erklärte sie, und auf den nächsten Seiten sah Sima Bilder von Schülerinnen mit dunkelroten Lippen und langen schwarzen Haaren, die am Strand mit Bierflaschen anstießen oder in Innenhöfen Burger aßen mit Palmen im Hintergrund. Sima nickte, als Timna durch das Album blätterte, und mit jedem Bild nahm ihr Neid ein wenig zu - wie beliebt dieses Mädchen war, wie leicht ihr Leben schien.
»Und Alon?«, fragte Sima mit Blick auf ein Bild, wo Timna kichernd auf dem Schoß einer Freundin saß.
»Hier.« Timna blätterte vorsichtig die Seite um. Offensichtlich hatte sie sein Foto so oft angesehen, dass das Album in der Mitte auseinanderzubrechen drohte. Sie musste es zusammenhalten, damit es nicht zerfiel.
Sima sah zuerst auf seinen Hals, seinen Körper. Er trug ein langärmliges weißes Hemd und Bluejeans. Seine Brust war breit,
seine Schultern waren rund und kräftig. Um seinen Hals - mit leichtem Adamsapfel und etwas stoppelig - hing eine dünne Goldkette. Der Hals war lang und sinnlich. Er passte nicht zu den kräftigen Schultern, was Alon noch attraktiver machte.
Er sah gut aus, war aber nicht schön wie Timna. Ihm fehlte ihr Glanz, wie es Sima schien, als sie das Album aufnahm und das Bild genauer betrachtete. Er hatte grüne Augen, leicht hohle Wangen und grinste auf diese schiefe Art, wie Männer es tun, wenn sie vor Glück überwältigt sind, aber dennoch versuchen, sich hart zu geben. Auf dem nächsten Bild erkannte Sima den Grund seiner Freude: Er hielt Timna fest, beide Arme um ihren Körper geschlungen, und sie streckte die Hand aus, um sich festzuhalten. Das Bild war verschwommen, aber Sima sah, dass sie sich aneinanderschmiegten und auf die unbeschwerte Weise lachten, die Liebe ausdrückte.
Die folgenden Bilder zeigten fast alle Alon und Timna, die sie gegenseitig von sich geknipst hatten: Alon, der aus einem Zelt auftauchte, der morgendliche Himmel weiß vor Hitze. Timna mit Zöpfen wie ein Kind, die ihre Hand in einen Fluss tauchte. Alon in Shorts und T-Shirt, Fußball spielend in einem Stadtpark. Timna in einem herrlichen grünen Kleid, die Augen mit schwarzem Kajal umrandet, das Haar zurückgeworfen wie ein Hollywood-Star aus früheren Zeiten.
Sima glaubte, so viel Freude in diesen Bildern zu sehen, so viel Liebe: Auf einem hielt Timna Alons Kinn zwischen den Händen und küsste ihn auf die Wange - und das Lachen auf seinem Gesicht, das Strahlen in seinen Augen, gaben ihr das Gefühl, die eigenen schließen zu wollen.
»Er liebt Sie sehr«, sagte Sima.
»Ich vermisse ihn so furchtbar«, gestand Timna. »Ich sehe Sie und Lev an und kann es gar nicht erwarten - alt zu sein und ein ganzes Leben miteinander verbracht zu haben.«
Sima antwortete nicht.
Timna blätterte weiter. »Ich hoffe bloß, wir überstehen dieses Jahr«, sagte sie, als sie mit dem Finger Alons Körper nachzeichnete, der schlafend am Strand auf einer Decke lag. »Er ist das Beste in meinem Leben.«
»Natürlich werden Sie das«, beruhigte Sima die junge Frau und schloss das Album. »Wenn man liebt, hält es.«
Nachdem Timna fort war, ihr Fotoalbum in der Tasche, blieb Sima im Laden. Sie fühlte sich noch nicht bereit für den langsamen Gang die knarzende Treppe hinauf; genauso wenig für die Arbeiten, die dann folgen würden. Der ewig gleiche ausgetretene Pfad von dem Augenblick an, wenn sie oben an der Treppe die Falttür aus Plastik aufzog, bis hin zu dem Moment, wenn sie sich schließlich im Bett auf die Seite drehte. Sie würde Abendessen kochen: Salat mit fettarmem Dressing, gefolgt von Hühnchenbrust oder weißem Fisch oder Pasta. Sie würden schweigsam essen. Manchmal hatten sie sich etwas zu erzählen - immer öfter etwas über Timna -, aber oft lauschte sie nur dem Klappern des Bestecks auf dem Porzellan, das sich blechern oder stumpf anhörte, je nachdem, wie man es hielt.
Wenn sie fertig waren, trug Lev das Geschirr zur Spüle und kam mit dem
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