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Die geheime Welt der Frauen

Titel: Die geheime Welt der Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilana Stanger-Ross
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hinausging. Sie holte die Frischhaltefolie heraus und begann, die Reste abzudecken - ein Mittagessen, ein halbes Abendessen -, während aus dem Schlafzimmer das Geräusch des Fernsehers herüberdrang: die gleichmäßige Stimme des Nachrichtensprechers, gefolgt von ein paar dramatischen Klängen, die eine Werbepause ankündigten. Während sie die Servierlöffel abspülte, versuchte sie, sich wieder vor Augen zu rufen, wie Timna sich vorgebeugt und den Finger in das heiße Wachs gedrückt hatte, das auf das alte Silbertablett getropft war, genauso wie sie selbst es als Kind bei Festtagsessen getan hatte. Aber das Bild war nicht mehr klar. Es war nichts, bloß eine gedankenlose Bewegung, nichts, was sie immer wieder vor sich abspulen konnte, während sie allein die Küche aufräumte, nachdem alle Gäste und auch Lev fort waren. Vermutlich war Timna jetzt mit Freunden unterwegs und lachte über das Essen mit den alten Leuten. Die Hähnchenbrust war tatsächlich trockener gewesen als sonst, und der Wein hatte gekorkt.
    Sima drehte das Wasser ab, sie war plötzlich sehr müde und ging ins Schlafzimmer, um die Nachrichten anzusehen.

6
    A n einem Sonntagmorgen stand Sima oben an der Treppe und sah in den Laden hinab. Alles war sauber und ordentlich und für die anstehende Woche bereit, selbst die Ladentheke war am vergangenen Freitag mit Holzpolitur poliert worden. Obwohl sie gar nicht aus echtem Holz war. Aber Sima liebte den sauberen, scharfen Duft des Pflegemittels.
    Sie stieg die Treppe hinunter und ging zu Timnas Nähtisch hinüber, wie sie ihn inzwischen nannte. Sie nahm die hellblaue Strickjacke, die über ihrem Stuhl hing, drückte sie ans Gesicht und gab sich, tief einatmend, dem intensiven Geruch billigen Parfüms hin. Ein Knarren von oben brachte sie wieder zu sich. Sie legte die Jacke auf den Stuhl zurück und ging schnell weg.
    »Sagen Sie mir«, fragte Sima, als Timna eine halbe Stunde später eintraf, einen Becher Kaffee in der einen Hand und eine hebräische Zeitung in der anderen, »was möchten Sie Alon am liebsten zeigen, wenn er hier ankommt?«
    Sie hatte die Nacht zuvor über diese Frage nachgedacht.
    Timna setzte sich an den Nähtisch und warf beiläufig die Jacke, die Sima an sich gedrückt hatte, über die Stuhllehne. »Ich bin mir nicht sicher«, antwortete sie. »Wenn er hier ankommt, kenne ich die Stadt schon viel besser. Im Moment bin ich bloß eine Touristin.«
    »Sie arbeiten hier, Sie haben einen Job.« Sima wollte nicht, dass sich Timna vorkam wie eine Touristin - ihr Aufenthalt war doch viel langfristiger.
    Timna lächelte. »Ja, vielleicht.« Sie nahm den Deckel von ihrem Kaffee ab und trank einen Schluck. »Aber es ist komisch,
dass Sie das gefragt haben«, fuhr sie fort und legte beide Hände um den Becher, »denn wo immer ich auch bin, stelle ich mir vor, mit Alon dort zu sein. In meiner Fantasie spreche ich mit ihm, zeige ihm Dinge, über die wir dann beide unsere Kommentare abgeben - eine Frau etwa, die mit einem Hund vorbeigeht, oder so was.« Sie schwieg einen Moment und strich mit dem Finger über den Becherrand. »Hört sich das verrückt an?«
    »Nein, überhaupt nicht«, erwiderte Sima und erinnerte sich vage, dass sie sich einmal Unterhaltungen mit Lev ausgedacht hatte.
    »Aber manchmal fühle ich mich dann noch einsamer. Gestern bin ich über die Brooklyn Bridge gegangen, und es war so ein absolut herrlicher Morgen. Ein strahlend blauer Himmel und die Brücke voller Familien und joggender Leute.« Timna nahm die Jacke von der Stuhllehne und faltete sie auf dem Schoß zusammen. »Es war so ein Tag, an dem einen jeder anzulächeln scheint.«
    Sima nickte, obwohl sie nicht sicher war, ob sie auf der Brücke gelächelt hätte. Natürlich, dachte sie, wäre sie gar nicht dort gewesen.
    »Dort zu stehen, ins Wasser zu blicken, sich als Teil eines so wunderbaren Tags zu fühlen und so viel zu spüren - solche Freude, einfach Freude über den Tag, den Ort und die Zeit in meinem Leben, wissen Sie? Aber niemanden zu haben, mit dem man es teilen kann, niemanden an meiner Seite, zu dem ich mich umdrehen, dem ich etwas zeigen und zu dem ich ›Schau mal‹ sagen konnte.« Timna legte die zusammengefaltete Jacke auf die Ladentheke und strich sie glatt. »Es ist schwer, diese Stille auszuhalten. Alles wirkte dadurch viel weniger real, weil niemand da war, der mir zugehört hat.«
    »Ja«, antwortete Sima, »ja, ich weiß, was Sie meinen.« Und das glaubte sie tatsächlich, als sie sich Timna

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