Die geheime Welt der Frauen
harten Glanz in seinen Augen zu übersehen, seine lange, spitze Nase.
Der Arzt schob die Akte weg, legte die Fingerspitzen aneinander und stützte das Kinn darauf. »Sima, es tut mir leid, wenn Sie das nicht begriffen haben, aber …«
Die Worte rissen sie auseinander, schnitten wie Messer in eine geheime, tief in ihrem Innern verborgene Stelle.
17
L ev klopfte an die Badezimmertür. »Sima? Nimmst du ein L Bad?« Sie konnte ihn von draußen hören, wie er von einem Bein aufs andere trat, die Hand auf dem Türknopf, aber zögerte einzutreten. »Alles in Ordnung?«
»Natürlich, ich nehme ein Bad«, antwortete sie über das Rauschen des Wassers hinweg, obwohl es stimmte, dass sie das seit Jahren nicht mehr getan hatte. Sie kauerte sich nieder, um das überfüllte Schränkchen unter dem Waschtisch zu öffnen, und nahm parfümierte Badezusätze von vielen vergangenen Geburtstagen und Jahrestagen heraus: Badesalze und Seifen, Schaumbäder und Perlen in leuchtend bunten Flaschen, Geschenke von Lev und verschiedenen Kunden, die sie lächelnd angenommen und weggestellt hatte, um sie für eine besondere Gelegenheit aufzuheben. Jetzt war diese gekommen, entschied sie und riss die staubige Hülle von einem Geschenkkörbchen ab.
Es rüttelte erneut am Türknopf. »Sima, bist du sicher …«
»Lev, was denkst du, was ich hier mache? Mir die Pulsadern aufschneide?«
»Sima?«
»Ein Scherz, Lev. Hör zu, gib mir zwanzig Minuten, dann mache ich Abendessen.«
Er zögerte einen Moment, bevor er antwortete: »Also gut, wenn du meinst.« Und sie hörte, wie er langsam schlurfend wegging. Der Fernseher wurde angeschaltet, die Stimme des Nachrichtensprechers ertönte.
Sie hatte Timna eine Stunde früher nach Hause geschickt - es war zu schwer, vor ihr Haltung zu bewahren. Und als Lev von
seinem Platz am Tisch aufblickte, als sie die Treppe heraufkam, und sie fragend ansah, weil sie so früh fertig war, fühlte sie sich außerstande, ihm zu antworten. Sie war ins Schlafzimmer gerannt und hatte die Badezimmertür hinter sich zugeworfen. So schnell war sie seit Jahren nicht mehr gerannt, aber trotzdem nicht schnell genug, als dass er nicht mitbekommen hätte, wie ihr Gesicht im Vorbeihasten zusammengefallen war.
Sima richtete sich auf und sah in den Spiegel. Dampf beschlug das Glas, verdeckte ihr Bild und die feuchte Röte ihrer Haut. Sie schraubte den Verschluss eines Fläschchens mit Himbeer-Schaumbad ab und goss es in die Wanne.
Es war schwer, sich normal zu verhalten, nach dem, was Timna ihr gesagt hatte. Zumindest hätten sie beide gemeinsam trauern können, und sie selbst hätte ihre Tränen als Anteilnahme ausgeben können. Aber Timna hatte darauf bestanden, es gehe ihr gut, und sie hatte tatsächlich umwerfend und höchst energiegeladen ausgesehen, als sie sich zwischen den Kundinnen hin und her bewegte und Small Talk machte.
Sie steht unter Schock, dachte Sima, als sie die Hand ins Wasser hielt, um die Temperatur zu prüfen. Sie weiß mit dem Verlust nicht umzugehen, und deswegen reagiert sie so.
Sima trocknete sich die Hände an einem Handtuch ab, setzte sich auf den geschlossenen Toilettendeckel, um ihre Bluse aufzuknöpfen, die Strumpfhose auszuziehen und den BH abzulegen. Dann stand sie auf, ließ den Rock fallen, zog die Unterhose aus, faltete alles ordentlich zusammen und legte die Kleider auf die Digital-Waage. Sie nahm ihren Bademantel vom Haken, schlang ihn um sich und setzte sich auf den Wannenrand, um zu sehen, wie sich ihr Bad entwickelte.
Der Schaum war enttäuschend - zu wenig, nur am Rand entlang. Sima öffnete eine Packung mit dunkelblauen und grünen Badeperlen und warf sie in die Wanne. Aus einer Schachtel
nahm sie ein Stück Lavendelseife in Form eines Seesterns und ließ sie auf den Wannenboden gleiten. Mit den Zähnen riss sie eine Tüte Badesalz auf, goss es langsam in die Wanne und beobachtete, wie das Wasser trüb wurde. Es roch wie in den Seifenläden der Einkaufszentren - etwas Antiseptisches lag in der Luft, das der ekelig süße Duft nicht ganz überdeckte, als sich nun Schaum bildete und die Hülsen der Badeperlen schlaff auf der Oberfläche schwammen.
Sima öffnete den Bademantel und ließ ihn auf den Fliesenboden fallen. Sie stützte sich an der Wand ab und steckte einen Fuß in die Wanne. Das Wasser war heiß und brannte auf ihrer Haut. Sie zögerte einen Moment, erinnerte sich, wie Timna sie um Zucker gebeten hatte, und kurz danach - als wäre es ihr gerade eingefallen, während sie
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