Die geheime Welt der Frauen
das rosafarbene Päckchen aufriss - sagte sie: »Wir haben uns getrennt.« Sima hob den anderen Fuß, stellte ihn in die Wanne und ließ sich langsam ins Wasser gleiten. Ein wenig Schaum schwappte auf den Boden. Sie griff mit schaumiger Hand nach draußen, um die Badematte näher heranzuziehen, und nahm dann plötzlich ihren Ehering ab und legte ihn in die Mitte der kleinen grünen Matte.
Einen Moment lang hatte sie gedacht, Timna spreche von Shai, und »getrennt« sei ein beschönigender Ausdruck, mit dem sie zugeben wollte, ihn zu oft getroffen zu haben. Aber Timna hatte weitergeredet, hatte irgendetwas über Zeitverschiebung, über Abschied gesagt, und Sima wurde klar, dass es um Alon ging - dass es aus mit ihm war. Obwohl sie ihre Miene unter Kontrolle hielt, hatte sie einen Moment lang das Gefühl, ihre Kinnlade könnte herunterklappen, und der leere Ort in ihr käme zum Vorschein, wo sich der Wind sammelte und Unrat aufwirbelte, während ihr wieder jemand, den sie geliebt, wieder ein Geist, dem sie sich zugewandt hatte, weggenommen wurde.
Natürlich war es anders als bei Connie und Art. Sie war ein
Leben lang mit den beiden befreundet gewesen. Sie als Paar zu verlieren war genauso, als würde man einen Teil seiner selbst verlieren. Und doch: Irgendwie war es dieser neue Verlust von Timna und Alon - ein Mann, den sie nie kennengelernt, eine Zukunftsfantasie, an der sie niemals teilhaben würde -, der sie tatsächlich zum Weinen brachte.
Sie lehnte sich an die kalte Porzellanwand der Wanne und ließ die Schultern ins Wasser gleiten. Es war schwer zu glauben, dass es vorbei war mit ihm. Sie hatte schreien wollen, Timna anbrüllen - wie konntest du nur, was hast du dir bloß gedacht -, war aber still geblieben, nicht aus Anstand, sondern aus Angst: Sie hatte Angst, vor Timna zu heulen. Stattdessen hob sie die Tasse an die Lippen und wartete, dass Timna ihre Geschichte erzählte. Aber die sagte bloß: »Es war an der Zeit«, als hätte jede Intimität ihr Verfallsdatum.
Sie hat Angst, dachte Sima, sie ist ein Feigling.
Sie spürte den Lavendel-Seestern an ihrer Wade, nahm ihn aus dem Wasser und begann, sich zu waschen. Sie fuhr mit der Seife unter die Achselhöhlen, in die Falte unter den Brüsten, zwischen die Schenkel. Sie wusste, ihre Gefühle waren lächerlich, bizarr. Lev hatte ihr immer gesagt, sie dürfe nicht vergessen, dass sie nicht die Mutter des Mädchens sei - und hatte sie ihren Kundinnen nicht jahrelang gepredigt, das Leben ihrer Kinder nicht mit ihrem eigenen zu verwechseln?
Das Wasser um sie wurde kälter, der Abfluss gurgelte - sie drehte den Heißwasserhahn leicht auf, sodass ständig Wasser nachlief, und tauchte mit den Ohren unter, damit sie es nicht hörte. Es war aus mit ihm, und vielleicht würde auch Timna bald gehen. Trotz ihrer ständigen Versicherungen, wie sehr sie die Arbeit liebte, hatte sie keinen Grund mehr, länger hier zu warten. Und ihre Freunde waren vermutlich schon bereit zum Absprung, gäben von einem Moment zum anderen ihre Jobs
auf. Man konnte sich auf niemanden verlassen. Sie hatte Timna Arbeit, eine Gemeinschaft gegeben, sie hatte ihr gegeben, was von ihrem Herzen noch übrig war, und Lev genauso, und jetzt durfte sie zum Abschied winken, während Timna im Auto eines anderen davonfuhr.
Sima drehte den Hahn ab und schloss die Augen, um die Stille in sich aufzunehmen. Vielleicht hatte sie irgendwo Landkarten, irgendwelche alten Karten, die Timna nützlich sein könnten auf ihrer Reise, falls sich die Namen der Highways nicht allzu sehr verändert hatten.
Dezember
18
S ima stand vor dem Juwelierladen und starrte in die Auslage. Gold- und Silberketten, Perlen und Diamanten schlangen sich zierlich um imaginäre Hälse, lagen auf weichen, grauen Kissen. Sima betrachtete die Juwelen und konzentrierte sich auf die Ohrringe: goldene Knoten, Diamantstecker, Perltropfen. Sie stellte sich vor, wie Timna ihr Haar zu einem Pferdeschwanz band und nacheinander jedes einzelne Paar präsentierte.
In den vergangenen fünf Tagen war sie drei Mal an dem Geschäft vorbeigekommen und jedes Mal vor dem Schaufenster stehen geblieben. Nachdem sie beschlossen hatte, Timna etwas Besonderes zum Chanukka-Fest zu schenken, hatte Sima sich angewöhnt, überall in Boro Park herumzuschlendern und die Schaufenster anzusehen. In einer Auslage gab es Tagebücher, verziert mit gepressten Blumen, in einer anderen bunte französische Töpferwaren. »Warum schenkst du ihr nicht das, was du deinen
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