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Die geheime Welt der Frauen

Titel: Die geheime Welt der Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilana Stanger-Ross
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und hielt es leicht zitternd mit beiden Händen fest.
    »Sieh mich nur an«, meinte Connie, nachdem sie das Glas geleert hatte. »Ich wälze mich im Bett, als ob jemand gestorben wäre.« Sie lächelte matt.
    Sima nahm ihre Hand. »Das stimmt ja auch.«
    Während sich Connie duschte, wärmte Sima die Hühnersuppe auf, packte Brötchen aus und stellte Kaffee auf. Als Connie
im Bademantel erschien, bedeutete ihr Sima mit einem Nicken, sich an den Tisch zu setzen. »Ich weiß, es ist ein Klischee«, sagte Sima und stellte einen Teller Suppe vor sie, »aber manchmal sind die Dinge aus gutem Grund ein Klischee.«
    Connie sah zu ihr auf. »Du bist die Beste.«
    Sima lächelte und wandte sich schnell ab. Connies Haar, sonst immer perfekt geföhnt, hing feucht herunter. Ihre Haut war blass und fleckig, ohne eine Spur Make-up. Obwohl sie sich so nahestanden, hatte Sima sie nie ohne Make-up gesehen. Connie gehörte zu den Frauen, die keine Scheu hatten zu sagen: »Gib mir ein paar Minuten, mein Gesicht anzumalen«, bevor sie gemeinsam das Haus verließen.
    Es machte Sima Angst, sie so zu sehen.
    Während Connie aß, erzählte sie, dass sie in drei Tagen kaum aus dem Bett gekommen sei, dass sie keinen Hunger gehabt und keinen Grund gesehen habe aufzustehen, sich aber trotz der langen Tage im Bett vollkommen erschöpft fühle. »Du kennst doch den Ausdruck«, sagte sie, »›man hat mir den Boden unter den Füßen weggezogen‹?«
    Sima nickte.
    »Genauso fühlt es sich an. Art betrügt mich, die banalste Sache in dieser gottverdammten Welt, und es fühlt sich an, als hätte ich den Boden unter den Füßen verloren, als seien die Wände und das Dach weg. Ein Zyklon, der ganze Planet dreht sich, und ich bin wie Dorothy - erinnerst du dich? Nur im Bett fühle ich mich sicher.«
    Sima schob ihr ein Mohnbrötchen hin, Connie nahm es, riss ein Stück ab und drückte es in die Butter.
    »Und meine Jungs. Meine wundervollen, anhänglichen Söhne. Egoistische Mistkerle. Sie rufen an und halten große Reden: ›Wie konnte Daddy das tun?‹, fragen sie. ›Wir bringen ihn um, wenn wir ihn sehen.‹ Und zwei Tage später bitten sie mich, ihn
wieder aufzunehmen, weil er so traurig, so verloren sei ohne mich. Ich bin ihnen völlig egal, sie kümmern sich bloß um sich selbst. Zwei erwachsene Männer, Howie mit einer eigenen Familie, und sie verhalten sich wieder wie kleine Kinder und schreien nach Mommy und Daddy.«
    Sima stand auf und schenkte sich Kaffee ein. »Aber für sie wirst du immer …«
    »Sicher, sicher, weil ich sie in all den Jahren zu meiner Welt gemacht habe. Aber jetzt, wo ich Art rauswerfe, eine eigene Entscheidung für mein Leben treffe - als hätte ich eine Wahl! Mich mit seiner Sekretärin zu betrügen, um Himmels willen, wie originell ist das denn -, kommen sie nicht damit zurecht. Sie haben nur die eine dämliche Hoffnung: dass Art und ich zusammenbleiben. Aber ich bin zu alt für Kompromisse.«
    »Du hast vollkommen recht«, antwortete Sima, obwohl sie erst vor einer Stunde zu Lev gesagt hatte, dass die beiden zusammenbleiben müssten, dass eine Trennung keinen Sinn mache. »Schau dich an - drei Tage im Bett, und du bist wie neugeboren.«
    Connie hob zum Scherz die Faust. Dann fiel ihr Gesicht zusammen: Mund, Wangen, Augen, all die forsche Fröhlichkeit war wieder verschwunden. »Ach, Mist, Sima. Wie soll ich allein leben? Sag mir - was soll ich jetzt machen?«
    Sima senkte den Blick, schloss und öffnete die Finger um die Kaffeetasse. Natürlich meinte es Connie nicht so, aber sie, Sima, war diejenige, die wusste, wie man ohne Liebe lebte. Nur dass es dazu nichts zu sagen gab. Man tat es einfach.

16
    W ieder saß Sima in der U-Bahn und las nur flüchtig in dem Roman, den sie mitgenommen hatte: vier Generationen jüdischer Matriarchinnen, von Odessa über Palästina nach New York. Sie döste zwischen den Haltestellen, kannte die Strecke genau genug, um zu wissen, dass sie rechtzeitig aufwachen würde. Ihr Kopf sackte auf ihre Schulter und schwankte hin und her, während der Zug über Stahlschienen ratterte.
    Eine Station vor ihrer Haltestelle wachte sie auf und zwang sich, die Augen offen zu halten. Als die Bahn ihre Haltestelle erreicht hatte, stieg sie aus und öffnete schon ihre Tasche, um das Geldstück für den Bettler herauszunehmen. Es beruhigte sie, ihn dort sitzen zu sehen, wie immer, mit geradem Rücken an die weiße Tunnelwand gelehnt. Sie hielt den Blick auf sein Profil gerichtet, als sie näher kam,

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