Die geheime Welt der Frauen
dem Geschenkpapier mit den regenbogenfarbenen Kerzen passte, auf dem nur stand: »Schönes Chanukka, danke für all die harte Arbeit!« Eigentlich hatte Sima einen richtigen Brief schreiben wollen, aber nachdem sie sechs Seiten des pinkfarbenen Briefpapiers wegwerfen musste, das ihr Connie zu ihrem fünfundsechzigsten Geburtstag geschenkt hatte, gab sie auf. »Liebste Timna«, hatte sie jedes Mal begonnen und einen Moment innegehalten, bevor sie sich auf dem unlinierten Blatt verlor, weil die Worte zu schnell kamen, als sie zu erklären versuchte, wie anders es sich anfühlte, jeden Morgen aufzustehen, seit Timna bei ihr arbeitete - selbst wenn draußen Winter und das Schlafzimmer kalt war, da Lev immer darauf bestand, ein Fenster halb offen zu lassen. Wie viel reicher ihre Tage sich anfühlten, wie viel freudvoller. »Ich möchte Ihnen sagen«, hatte sie geschrieben, »ich muss Ihnen sagen« - aber, als sie ans Ende einer Seite kam und den Anfang noch einmal las, erkannte sie, dass alles falsch war: Ihr Lob wirkte zu schwerfällig auf dem blassen Papier, genauso eine unwillkommene Last wie ihr Neid. Sie knüllte die Blätter zusammen und brachte sie selbst zur Papiertonne hinaus, damit Lev ihre Versuche nicht sah.
»Ich hab nicht erwartet …«, sagte Timna, als sie das Geschenkpapier abzog und die Schachtel öffnete. »Ich danke Ihnen vielmals.«
Nervös, weil sie keine Ahnung hatte, wie Timna reagieren würde, senkte Sima den Blick. »Ich wusste nicht, was Ihnen gefällt«, sagte sie, »aber Sie hatten silberne Ohrreifen, also hab ich mir gedacht …«
»Sima, sie sind wunderschön.« Timna hielt die Ohrringe ans
Licht, nahm ihre Türkisstecker heraus und legte die Reifen an. »Was meinen Sie?«
Sima blickte auf. Es gab nur ein Wort für dieses Mädchen, immer nur eines. »Wunderschön«, bestätigte sie. »Absolut wunderschön.«
Timna begann, ihr erneut zu danken, aber Sima schnitt ihr das Wort ab. »Kommen Sie mit nach oben«, schlug sie vor, »wir essen ein paar Latkes und feiern ein bisschen. Und dann können Sie früh heimgehen und den freien halben Tag genießen.«
Timna steckte die Ohrringe in die Vordertasche ihrer Jeans. »Gehen wir.«
Sima musste zahlreiche Kisten und Dosen beiseiteschieben - Behälter von Fertiggerichten, die sie aufbewahrte -, um die elektrische Bratpfanne zu finden. Die Kartoffeln und Zwiebeln hatte sie am Abend zuvor geschnitten und immer wieder innehalten müssen, um ihre steifen Hände zu reiben. Während Timna Lev von ihrem Ausflug nach Washington erzählte - Sima hatte kaum nachgefragt, weil sie keine Einzelheiten wissen wollte -, gab Sima Eier, Backpulver und Mehl dazu. Vorsichtig ließ sie kleine Häufchen der Mischung in die Pfanne mit dem zischenden Öl gleiten und drückte sie flach.
»Wir wollten eigentlich ins Smithsonian Museum gehen«, erklärte Timna, während Sima den Kühlschrank öffnete, saure Sahne und Apfelsoße herausnahm, »aber dann sind wir so spät aufgestanden …«
Sima bräunte die Latkes auf beiden Seiten, bevor sie sie auf einer mit Küchenpapier ausgelegten Platte ins Backrohr schob und weitere Latkes in der Pfanne briet. Als sie den Teig verarbeitet hatte, nahm sie die Latkes aus dem Rohr und stellte sie auf den Tisch.
»Also, Lev«, meinte Sima und stellte eine Schachtel mit gefüllten Doughnuts neben die Latkes, »Mrs. Klein war vorhin da
und hat etwas über ihren Schwiegersohn erzählt, das du nicht glauben würdest. Wie sich herausgestellt hat, ist er überhaupt kein Arzt, sondern hat bloß einen Abschluss in Pharmazie irgendwo in Südamerika gemacht.« Sima strich eine dicke Schicht Sauerrahm auf ein Latke und hob es zum Mund.
»Irgendwo in Südamerika?«
Sima nickte kauend. »In einem dieser Länder, ja. Also haben sie geheiratet, weißt du, und …«
»Wer hat geheiratet?«
»Mrs. Kleins Tochter und dieser Arzt.«
»Aber du hast doch gerade gesagt, dass er kein Arzt ist«, erwiderte Lev, riss ein Stück Latke ab und tauchte es in die Apfelsoße.
»Hörst du mir denn nicht zu?« Sima sah Timna an und schob die Doughnuts zu ihr hinüber. »Probieren Sie sie, sie sind aus einer guten Bäckerei. Wir essen nie gefüllte Doughnuts, aber jemand hat mir gesagt, in Israel …«
Timna deutete auf das Latke in ihrer Hand. »Gleich«, sagte sie, einen Finger an die Lippen gelegt, um ihr Kauen zu verbergen, »die sind köstlich.«
Sima strahlte. »Also, wie auch immer, damals haben sie gedacht …«
»Wer hat was gedacht?« Lev griff nach
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