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Die geheimen Jahre

Titel: Die geheimen Jahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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Teddy.
    Sie wollte wieder lachen, schüttelte aber nur den Kopf.
    Â»Das meine ich ernst, Thomasine. Du gehörst zu den Menschen, in deren Gesellschaft man glaubt, es käme alles von selbst wieder ins Lot. Ach, was für eine umständliche Ausdrucksweise – ich entschuldige mich.«
    Sie waren allein im Raum, abgesehen von den taubenäugigen Mädchen und abstrahierten Vögeln. Einen Moment lang fragte sie sich, ob sie ihn einweihen sollte. Ob sie Teddy von den Schuldgefühlen erzählen sollte, die immer noch ihre Erinnerungen an Paris und ihre Ehe belasteten. Ob sie sich seinem intelligenten, humorvollen und menschlichen Urteil stellen sollte, das sie inzwischen zu schätzen gelernt hatte. Aber sie tat es nicht, weil sie die Enttäuschung in seinen Augen nicht sehen wollte und weil es ein Verrat an Nicholas wäre, wenn sie einen anderen Mann ins Vertrauen zöge. Statt dessen schlenderte sie ein Stückchen weiter.
    Und dann sagte Teddy: »Aber ich meine es so. Ich bleibe nur deinetwegen mit den anderen zusammen. Bobby ist ein Esel und Simon ein Goldgräber. Colin geht bald nach Spanien. Die Mädchen sind ganz lustig, aber ich würde schon morgen mit dem alten Col auf und davon gehen, wenn es dich nicht gäbe.«
    Sie begann zu begreifen, was er ihr sagen wollte. Ihr Gesicht lief puterrot an. »Das ist sehr nett von dir, Teddy, aber …«
    Â»Aber du bist eine glücklich verheiratete Frau, und ich bin ein geschwätziger Idiot. Genug gesagt.« Er setzte sein übliches schiefes Lächeln auf und folgte ihr in den nächsten Raum. »Das schlimmste ist, daß Nicky Blythe nicht zu begreifen scheint, was für ein Glückspilz er ist. Aber ich werde jetzt meinen Mund halten. Vergiß nur nicht, daß du einen Freund hast. Fürs Leben, fürchte ich.«
    Später, als sie müde war, kaufte er ihnen ein Eis, und sie setzten sich im Hyde Park in ein Gartenlokal, um es zu essen. Das warme Sommerwetter hatte bis in den Herbst hinein angehalten, aber jetzt war die Luft kühl, die Blätter fielen von den Bäumen, und das Gras war mit goldenem, bronzefarbenem und purpurnem Laub übersät.
    Als sie ihr Eis gegessen hatte, sagte sie: »Was hast du damit gemeint, daß Simon ein Goldgräber ist?«
    Er zündete zwei Zigaretten an und reichte Thomasine eine. »Daß sich Simon bloß an Bobby hängt, weil er ziemlich viel Kohle hat. Nicht wegen Bobbys sprühendem Witz oder seiner geistreichen Unterhaltung. Davor hat Simon einen anderen reichen jungen Tölpel umgarnt. Und natürlich gibt’s jetzt auch noch die reiche Witwe.«
    Â»Du magst ihn also auch nicht?«
    Â»Er ist ein Schwindler. Mir ist egal, wer seine Eltern waren und worauf er aus ist. Das ist es nicht. Gott weiß, daß wir uns heute alle ein bißchen abstrampeln müssen, um etwas zu finden, woran wir glauben können. Aber Simon verkauft seine Täuschungen für Geld und erwartet dann vom Objekt seiner Begierde, ihn anzuhimmeln. Er erkennt die Schwächen der Menschen und nutzt sie aus. Mich hat er auch einmal ins Visier genommen. Allerdings hat er bald erkannt, daß ich keinen Penny besitze. Nun, nicht ganz so wie dieser arme Teufel –« Teddy machte mit dem Kopf ein Zeichen in Richtung des Bettlers, der mit ausgestrecktem Hut von Tisch zu Tisch ging –, »aber du weißt, was ich meine.«
    Teddy warf eine Handvoll Münzen in den Hut, und Thomasine suchte in ihrer Börse nach Geld. Das Schild am Mantel des Bettlers besagte: »Exsoldat – Frau und fünf Kinder zu ernähren.« Totes Laub trieb auf dem Wasser, und Enten stritten sich um ein Stück Brot, das ein Kind hineingeworfen hatte.
    Als sie in das Haus in Chelsea zurückkam, war Nicholas im Schlafzimmer und kämpfte mit den steifen Manschetten seines Smokinghemds.
    Â»Wo bist du gewesen? Es ist schon sieben!«
    Schuldbewußt sah Thomasine auf ihre Uhr. »Ich war mit Teddy unterwegs. Wir haben uns total verplaudert. Ich hab die Zeit vergessen.«
    Er versuchte, seine Manschettenknöpfe einzusetzen, und murmelte etwas.
    Thomasine sagte: »Laß mich das machen.« Sie nahm den goldenen Manschettenknopf und schob ihn durch das Loch. Gerade wollte sie ihm von der wunderbaren Neuigkeit erzählen, doch er unterbrach sie.
    Â»Du scheinst ja eine Menge Zeit mit Teddy Sefton zu verbringen.«
    Als sie zu ihm aufblickte, bemerkte sie,

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