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Die geheimen Jahre

Titel: Die geheimen Jahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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klemmte sich den Staubsauger unter den Arm. Den Vertreter zu finden war nicht schwer: Sein Wagen parkte vor dem Haus der Dockerills. Flo Dockerill, Mutter von zehn Kindern und überhaupt eine schlauere Person als Daniels Fay, stritt sich mit dem glücklosen Vertreter.
    Daniel öffnete den Kofferraum seines Wagens und warf den Staubsauger hinein. Dann klopfte er an die Tür der Dockerills. Nachdem er den Ratenzahlungsvertrag zerrissen und die Fetzen auf den makellosen Ziegelboden von Flo Dockerills Küche geworfen hatte, erklärte er dem Vertreter in unmißverständlichen Worten, was er mit seinem Staubsauger anstellen könne. Dann entschuldigte er sich bei Flo Dockerill für die Unordnung, die er gemacht hatte, und stapfte zu seinem Cottage zurück.
    Es dauerte eine Woche, bis Fay ihm verzieh. Wenn er sie nachts berühren wollte, rückte sie schweigend von ihm ab und igelte sich in die Bettdecke ein.
    Der glühendheiße Sommer ging vorbei. Obwohl London unerträglich war, schafften sie es nur für ein paar Wochen, auf den Kontinent zu entfliehen. Mangelnde Mittel, erklärte Nicholas. Sie verbrachten eine Woche in Bournemouth und brieten mit tausend anderen im heißen gelben Sand. Das Nachtleben von Bournemouth ließ sich mit dem von London nicht vergleichen; Simon und Tony kehrten bald in die Stadt zurück, Nicholas und Thomasine kurz darauf.
    Eines Morgens Anfang September machte Teddy einen Besuch in ihrem Haus in Chelsea. Thomasine küßte ihn zur Begrüßung auf die Wange.
    Â»Beschäftigt?« fragte er. Auf dem ganzen Boden im Wohnzimmer lagen Stoffbahnen, Garnrollen und Nadeln verstreut.
    Â»Ich bin fast mit dem Zuschneiden fertig.« Sie faltete die zugeschnittenen Stücke zusammen und legte sie beiseite. »Zum Nähen ist es allerdings zu heiß.«
    Â»Wir könnten ins Savoy gehen. Ein bißchen tanzen. Oder ist Nick …?« Teddy steckte ein paar der Nadeln ins Nadelkissen.
    Â»Nick ist ausgegangen.«
    Teddy erwiderte nichts, sondern sah sie nur an.
    Â»Ja, mit Simon«, fügte sie wütend hinzu. »Ja, wir haben gestritten. Schon wieder. Über seine verdammte Mutter.«
    Weder ihre Ausdrucksweise noch ihren Ton fand er beleidigend. Teddy war nie beleidigt. »Beruhig dich, altes Haus«, sagte er liebevoll.
    Sie gingen nach Kew Gardens. Im Schatten der Bäume war es kühl. Thomasine hatte fast den Eindruck, auf dem Land zu sein. Nachdem sie etwa eine Stunde gegangen waren, ließen sie sich in den Weidenstühlen nieder und tranken Tee unter den Palmen.
    Â»Erzähl mir von Nicholas’ Mutter«, begann Teddy, nachdem Thomasine den Tee eingeschenkt hatte.
    Sie dachte an Lady Blythe, die sie zuletzt vor vier Monaten in Drakesden gesehen hatte. »Sie ist wie Queen Mary, nur nicht ganz so groß. Perfekte Haltung. Schön. Und Nick vollkommen und absolut ergeben.«
    Â»Ah.« Teddy rührte seinen Tee um. »Hört sich schrecklich an.«
    Mit finsterem Blick stellte Thomasine ihre Teetasse ab. »Manchmal glaube ich, daß es an ihr liegt, manchmal an mir. Daß ich mir vorstelle, sie sei abscheulich. Daß ich mir einbilde, sie würde mich hassen.«
    Â»Erklär mir das.« Teddy bot Thomasine eine Zigarette an, aber sie schüttelte den Kopf.
    Â»Unser Besuch auf Drakesden Abbey – das ist der Sitz der Blythes – war schrecklich. Ich wußte, daß es schwierig werden würde – meinetwegen, und weil wir so überstürzt in Paris geheiratet haben –, aber ich hätte nicht gedacht, daß es so schlimm werden würde. Aber das war’s. Ausgenommen Sir William – Nick’s Vater. Der war ganz reizend.«
    Sie hielt einen Moment inne und fügte dann kopfschüttelnd hinzu: »Dabei ist es so schwer zu erklären, warum es eine solche Pleite war. Ich denke wieder und wieder darüber nach, aber tatsächlich hat Lady Blythe kein einziges böses oder unfreundliches Wort zu mir gesagt. Es ist nur, daß mir alles so beklemmend vorkam, weißt du. Nicholas sieht das natürlich ganz anders.«
    Â»Deshalb habt ihr euch gestritten.« Teddy schob einen Teller mit Teegebäck in ihre Richtung. »Iß doch, Süße. Es hat doch keinen Sinn, bei allem Elend auch noch einen leeren Magen zu haben.«
    Sie nahm ein Hörnchen, brach es entzwei, strich Butter darauf und durchlebte im Geist noch einmal das Wochenende in Drakesden.
    Â»Was

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