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Die geheimen Jahre

Titel: Die geheimen Jahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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William bleibt auf Drakesden Abbey.«
    So leicht gesagt, aber so schwer zu begreifen … daß sie ihren Sohn nicht wiedersehen würde, allenfalls bei gelegentlichen Besuchen, die zu kurz für einen wirklichen Kontakt wären.
    Â»Ist das deine Entscheidung?«
    Plötzlich wurde sie wütend. Abgesehen von Leid und Bedauern das erste wirkliche Gefühl seit Wochen.
    Â»Nein. Natürlich ist das nicht meine Entscheidung. Ich hatte keine andere Wahl.«
    Noch immer sah er sie finster an. »Geht’s um Geld?« fragte er plötzlich. »Ich habe Geld, Thomasine – Hatties Geld. Ich kann dir etwas davon geben, wenn du Anwälte brauchst …«
    Â»Ich brauche kein Geld. Es würde nichts ändern.«
    Plötzlich wurde ihr klar, daß sie ihm alles erklären müßte. Daß er nicht gehen, daß er weiter in sie dringen und nicht lockerlassen würde, bevor sie ihm die ganze Wahrheit erzählt hätte.
    Â»Lady Blythe hat herausgefunden, daß ich schwanger war, als ich Nicholas heiratete«, sagte sie unverblümt. »Schwanger mit dem Kind eines anderen.«
    Sie sah, wie er sie mit großen Augen fassungslos anstarrte. »Mein Gott« , flüsterte er.
    Ihr Zorn nahm zu. »Ich war sehr jung und sehr dumm. Als ich nach dem Krieg nach London ging, wußte ich nichts . Ich dachte, Babys fände man unter Stachelbeersträuchern und heiraten hieße, einen Ring an den Finger gesteckt zu bekommen. Keine meiner Tanten hat mich aufgeklärt. Hilda und Rose wußten es wahrscheinlich nicht besser als ich, und Antonia glaubte, Unschuld allein sei Schutz genug. Und die anderen Mädchen in der Tanzgruppe hielten mich für ein Kind … Antonias naive kleine Nichte.« Sie sah zu ihm auf. »Aber Unschuld hat mir gar nichts geholfen, Daniel. Nicht das geringste.«
    Er runzelte die Stirn und strich sich mit den Fingern durch das zerzauste Haar. Wie immer wirkte er leicht verschludert. »Also hast du jemanden kennengelernt?«
    Â»Einen Schauspieler. Er trat in derselben Show auf. Ich habe mich unsterblich in ihn verliebt und den Boden geküßt, auf dem er ging.« Er hörte die Bitterkeit in ihrer Stimme. »Ich hätte alles für ihn getan. Verstehst du?« Er wandte sich kurz ab, und sie erinnerte sich, daß auch er trauerte.
    Â»Ja, das verstehe ich.«
    Â»Wirklich? Bei Männern ist es anders, nicht wahr? Da herrschen andere Regeln. Wie auch immer, mein Geliebter versprach mir, mich zu heiraten, und dann ist er über Nacht nach Marseille abgehauen. Eines der Mädchen wollte mir eine Adresse für eine Abtreibung besorgen. Aber das hab ich nicht fertiggebracht.«
    Sie sah, daß ihre Worte ihn schockierten. Daß sein Bild von der guten, tüchtigen Thomasine Thorne zerbrach. Sie ließ nicht nach: Sie wollte jemanden verletzen – Daniel Gillory, irgend jemanden.
    Â»Als Nicholas mich bat, ihn zu heiraten, habe ich seinen Antrag angenommen. Mies von mir, nicht? Wie auch immer, ich hab das Baby verloren – in meiner Hochzeitsnacht hatte ich eine Fehlgeburt. Nicholas hat nie etwas davon erfahren.«
    Eigentlich erwartete sie, daß er auf dem Absatz kehrtmachte und das Zimmer verließ. Aber das tat er nicht. Statt dessen setzte er sich neben sie aufs Bett. Er legte die Hand auf ihre verkrampften Finger, so daß sich ihre Muskeln schließlich entspannten und ihre Hände sich öffneten.
    Sie flüsterte: »Haßt du mich?«
    Â»Nein. Wie könnte ich?«
    Sie sah, daß er die Wahrheit sagte. Er zog sie an sich, und während sie weinte, streichelte er ihren Kopf.
    Â»Armes Ding. Du hast schlimme Zeiten durchgemacht.«
    Â»Dein Hemd ist ganz naß«, sagte sie schließlich. »Und ich hab seit Wochen meine Haare nicht mehr gewaschen.« Sie setzte sich auf und schneuzte sich in das Taschentuch, das er ihr reichte.
    Â»Also hat Lady Blythe von dem Schauspieler erfahren?«
    Â»Ja. Der Herrgott weiß, wie – aber das spielt ja auch keine Rolle mehr. Sie hat mir erklärt, daß ich von keinem Gericht im Land das Sorgerecht für William zugesprochen bekäme, wenn bekannt würde, was ich getan habe. Und sie hat recht, nicht wahr?«
    Er nickte. Sie sah das Mitgefühl in seinen Augen. »Ich denke schon. Aber wird Nicholas Lady Blythe erlauben …«
    Â»Nicholas tut, was seine Mutter ihm sagt, Daniel. Das hat er immer getan. Vielleicht war es vor dem

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