Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die geheimen Memoiren der Jane Austen - Roman

Die geheimen Memoiren der Jane Austen - Roman

Titel: Die geheimen Memoiren der Jane Austen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
Vom Netzwerk:
noch ein solches Angebot bekomme! Eine Frau ohne Zuhause, ohne Geld, ohne Besitz! Das ist schmeichelhaft und ziemlich beruhigend.«
    Cassandra lächelte nicht, weil ihr anscheinend die Ironie in dieser Bemerkung entgangen war. »Er ist eine höchst erstrebenswerte Partie, Jane.«
    »Ist er das? Ist er das?«
    »Du weißt, dass das stimmt. Harris ist der Erbe von Manydown Park und allen damit verbundenen Besitztümern.«
    »Ich bin mir vollkommen darüber im Klaren, wie reich er ist – oder sein wird. Aber er ist fünf Jahre jünger als ich.«
    »Was hat das schon zu bedeuten? Fünf Jahre sind gar nichts. Henry ist volle zehn Jahre jünger als seine Frau, und sie sind sehr glücklich. Frauen leben oft länger als ihre Ehemänner.«
    »Aber er ist so unansehnlich, so ungelenk und so ungehobelt. Zwischen uns besteht keine Gefühlsverbindung. Unsere Gedanken sind so unterschiedlich. Harris redet kaum je ein Wort, und wenn er spricht, dann ist er oft unhöflich oder er sagt uninteressantes Zeug.«
    »In Fällen wie diesem kann Schweigen ein Segen sein.«
    Zu meiner Bestürzung bemerkte ich, dass Cassandra das völlig ernst meinte. »Wie kannst du so etwas sagen?Das kannst du doch nicht ernsthaft glauben! Gute, vernünftige Verständigung ist die Grundlage, ja, der Prüfstein jeglicher engen Beziehung.«
    »Er ist noch jung, Jane. Vergiss nicht, er ist als Junge von einem Hauslehrer erzogen worden, und er hat seine Mutter nie wirklich gekannt. Die Ehe kann da Wunder wirken. Mit dir an seiner Seite, unter deiner Anleitung und Führung, kann sich seine Konversation vielleicht noch entwickeln.«
    »Vielleicht. Aber was ist, wenn es nicht geschieht? Du weißt, dass ich ihn nicht liebe. Ehrlich gesagt, ich mag ihn nicht einmal besonders gern. Und er kann mich unmöglich lieben.«
    »Es gibt viele Schattierungen zwischen Achtung, Zuneigung, Freundlichkeit und Liebe.«
    »Aber ich verspüre für Harris keines dieser Gefühle, nun ja, vielleicht eine Art Zuneigung zu ihm oder vielmehr zu dem Jungen, der er einmal war. Aber ihn achten? Nein.«
    »Jetzt noch nicht. Doch mit der Zeit wird er dir vielleicht mehr bedeuten, genauso wie du ihm.«
    »Vielleicht? Mit der Zeit? Da würde ich aber ein großes Risiko eingehen, findest du nicht? Sich ein Leben lang an jemanden zu binden, den man nicht liebt – da würden wir uns beide fühlen, als säßen wir in der Falle! Ich kann es mir einfach nicht vorstellen!«
    »Ich glaube inzwischen«, sagte Cassandra, »dass zumindest in den Kreisen des niederen Landadels die romantische Liebe eher gepredigt als tatsächlich gelebt wird.«
    Ich schaute starr auf ihr gefasstes Gesicht und schüttelte dann den Kopf. »Das würdest du nicht sagen, wenn dein Tom noch lebte.«
    »Aber er ist nun einmal tot. Nicht jede Frau hat die Chance auf eine wahre Liebe, Jane.«
    »Aber jede Frau hat das Recht, danach zu suchen, daran zu glauben, dass sie aus Liebe heiraten kann und sollte, zumindest einmal im Leben, oder nicht? Muss ich wirklich aller Hoffnung entsagen?«
    »Du musst praktisch denken, Jane. In deinem Alter kann es sein, dass dir nie wieder jemand einen Heiratsantrag macht, und gewiss keinen so vorteilhaften. Denk an deine Zukunft. Als Herrin von Manydown Park würdest du ein großartiges Anwesen führen und über ein gewaltiges Vermögen verfügen. Du könntest jede Annehmlichkeit im Leben genießen. Deine Kinder würden in Reichtum und herrlichem Luxus aufwachsen und die besten Schulen besuchen.«
    Ich nickte bekümmert und sprach den Gedanken aus, der mir schwer auf der Seele lag. »Und du und Mutter und Vater, ihr könntet mit uns hier wohnen, wenn ihr wolltet.«
    »Denke nicht an uns.«
    »Aber das muss ich doch.« Ich seufzte. »Solange Vater lebt, haben wir eine gewisse Sicherheit, wie entwurzelt wir uns auch fühlen. Doch falls Vater stirbt, schrumpft unser Einkommen so beträchtlich, dass wir drei, Mutter, du und ich, wahrscheinlich bettelarm werden und gewiss den Brüdern auf der Tasche liegen.« Ich dachte an meine Freundin Martha, die zehn Jahre älter war als ich und die bei ihrer alten, gebrechlichen, verwitweten Mutter und einer Freundin ihrer Mutter, der armen Mrs. Stent, lebte. »Mit der Zeit werden wir vielleicht wie Mrs. Stent. Zu nichts nütze und nirgends willkommen. Diesem Schicksal würde ich entgehen, wenn ich Harris heirate.«
    »Ja«, gab Cassandra leise zu. »Aber jetzt sieh einmal vom Geld ab. Keine Familie könnte uns lieber sein als die Bigg-Withers. Catherine, Alethea

Weitere Kostenlose Bücher