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Die Geheimen Tagebücher Der Charlotte Brontë

Die Geheimen Tagebücher Der Charlotte Brontë

Titel: Die Geheimen Tagebücher Der Charlotte Brontë Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Syrie James
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und er war auch liebenswürdig und großzügig. Sobald er sich von seinem ersten Schrecken erholt hatte, nachdem er die wahre Identität von Currer und Acton Bell erfahren hatte, reagierte er sehr ritterlich, indem er uns einlud, in seinem Hause zu übernachten, was wir dankend ablehnten.
    »Wir haben nur vor, noch diese Nacht in London zu bleiben, Mr. Smith. Wir werden schon morgen nach Hause zurückkehren.«
    »O nein, das ist unmöglich, Miss Brontë«, erwiderte Mr. Smith von seinem Platz hinter dem Schreibtisch aus. »Sie sind den ganzen weiten Weg hergekommen, da müssen Sie zumindest einige Tage bleiben. Ist dies Ihr erster Besuch in London? Haben Sie sich schon die Sehenswürdigkeiten angeschaut?«
    »Ich war bereits einmal hier und habe mir einiges angesehen. Meine Schwester jedoch noch nicht.«
    »Sie müssen mir gestatten, Sie durch die Stadt zu führen. Sie müssen Ihre Zeit hier gut nutzen. Heute Abend nehme ich Sie mit in die italienische Oper, und Sie müssen die große Ausstellung sehen. Auch Mr. Thackeray würde sich sicherlich außerordentlich freuen, Sie kennenzulernen. Sollte Mr. Lewesherausfinden, dass Currer Bell sich in der Stadt aufhält, müsste man ihn mit Gewalt von Ihnen fernhalten. Ich werde beide zum Abendessen zu mir nach Hause einladen, und Sie sollen sie kennenlernen.«
    Ich antwortete mit Bestimmtheit: »Mr. Smith, bei all den Einladungen wird mir ganz schwindelig; aber ich fürchte, ich muss sie alle ablehnen. Meine Schwester und ich sind heute nur mit einer einzigen Absicht hergekommen. Wir wollten uns Ihnen ohne großes Aufsehen vorstellen und Mr. Newby unsere Meinung sagen. Wir hegen nicht den Wunsch, sonst jemanden kennenzulernen. Tatsächlich«, fügte ich ernst hinzu, »müssen wir darauf bestehen, dass Sie niemandem erzählen, dass wir hier waren, und keine andere Menschenseele in das Geheimnis unserer Identität einweihen. Für den Rest der Welt wollen wir Herren bleiben – die unverändert geheimnisvollen Gebrüder Bell.«
    Mr. Smith war sichtlich enttäuscht. »Aber das können Sie unmöglich ernst meinen! Das heißt, Sie können doch eine solche Gelegenheit nicht verstreichen lassen? Sind Sie sich darüber im Klaren, was für eine Sensation es wäre, Miss Brontë, wenn Sie mir erlaubten, Sie in die Londoner Gesellschaft einzuführen? Die Leute würden sich buchstäblich überschlagen, um die Autorin von
Jane Eyre
zu treffen.«
    »Das ist genau die Art von Aufruhr, Sir, die ich zu vermeiden wünsche.«
    »Ich verstehe Sie vollkommen, Miss Brontë«, wandte Mr. Williams mit freundlicher, mitfühlender Miene ein.
    »Ich danke Ihnen, Mr. Williams.«
    »Sie können doch nicht wünschen, sich leise, still und heimlich davonzumachen«, beharrte Mr. Smith unglücklich. »Sie könnten doch sicherlich wenigstens eine Gesellschaft zum Abendessen besuchen. Ich werde Sie als ›meine Cousinen vomLand‹ vorstellen. Ich lade Mr. Thackeray und Harriet Martineau und Charles Dickens ein. Die würden Sie doch sicher gern kennenlernen, nicht?«
    Bei der Erwähnung dieser Namen – die alle meine großen Helden waren – überkam mich eine große Aufregung, und der Wunsch, diese Menschen zu sehen, flammte heftig in mir auf. »Es ist ein sehr verlockendes Angebot. Aber – könnten wir wirklich inkognito bleiben?«
    »Ich werde mein Bestes tun – wenn ich auch zugebe, dass ich Männer wie Thackeray nicht einladen kann, ohne zumindest anzudeuten, wen sie bei mir treffen werden.«
    Ich schaute zu Anne, die stumm den Kopf schüttelte. Ich wusste, dass sie recht hatte. An einem solchen Abend, das wurde mir klar, würden wir zur Schau gestellt werden, und es würde uns nicht guttun. »Ich bedaure es zutiefst, Mr. Smith. Ich würde diese literarischen Größen zwar liebend gern kennenlernen, aber es ist sicherlich weitaus besser, wenn die Welt uns weiterhin als die ›ungehobelten Gebrüder Bell‹ sieht und nicht als zwei kleine, schmächtige und schüchterne Damen aus dem ländlichen Yorkshire, die sich verschämt in die Ecke drücken und nicht wagen, auch nur ein einziges Wort zu sagen – denn ich kann Ihnen versichern, so würde es kommen.« Ich erhob mich. »Nein, wir müssen wirklich gehen. Ich fürchte, wir haben Ihre Zeit schon zu lange in Anspruch genommen.«
    »Miss Brontë«, sagte Mr. Smith, während er um seinen Schreibtisch herum zu uns eilte, »wenn Sie darauf bestehen, alle meine anderen Angebote abzulehnen, so müssen Sie mir zumindest erlauben, Sie meinen Schwestern

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