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Die Geheimen Tagebücher Der Charlotte Brontë

Die Geheimen Tagebücher Der Charlotte Brontë

Titel: Die Geheimen Tagebücher Der Charlotte Brontë Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Syrie James
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Tag und willkommen, Miss Brontë«, sagte sie, erhob sich anmutig von ihrem Stuhl und stellte sich vor. Miss Wooler war nicht das, was man gut aussehend nennen würde, aber mit dem wie eine Krone um den Kopf gewundenen Zopf und den langen Locken, die ihr bis auf die Schulter fielen, strahlte sie die ruhige und eindrucksvolle Würde einer damenhaften Äbtissin aus. Nun folgte eine kurze Vorstellung bei den anderen Lehrerinnen, die alle Miss Woolers Schwestern waren, und bei den Mädchen, die aussahen, als seien sie etwa so alt wie ich oder zwei Jahre jünger. Während ich noch damit zu tun hatte, all die neuen Dinge zu verarbeiten, machten sich die anderen Mädchen wieder an ihre Lektionen, und Miss Wooler bat mich, ihr gegenüber an ihrem Schreibtisch Platz zu nehmen.
    »Es ist meine Pflicht, festzustellen, wo Sie in dieser Schulehingehören, Miss Brontë«, sagte Miss Wooler mit leiser Stimme, »und zwar mit einer mündlichen Prüfung. Machen Sie sich keine Sorgen, wenn Sie nicht jede Frage beantworten können. Ich möchte mir nur eine Vorstellung davon machen, wie umfassend Ihre Bildung ist.«
    Dann stellte sie mir eine lange Reihe furchteinflößender und manchmal verwirrender Fragen zu einer Vielzahl von Themen. Es schien mir schon, als würde diese Erkundung meines Wissens niemals enden; doch schließlich sagte Miss Wooler: »Nun, Miss Brontë, Sie haben einen bemerkenswerten Einblick und große Kenntnisse in Geschichte und in den Werken der Literatur unter Beweis gestellt, einige Kenntnisse in Französisch und eine hervorragende Begabung für Mathematik. In einigen anderen Fächern haben Sie jedoch noch Lücken – speziell in der Theorie der Grammatik – und Sie scheinen nur ein sehr geringes Wissen im Fach Geographie zu besitzen. Obwohl Sie vom Alter her zu den größeren Mädchen hier gehören, fürchte ich, dass wir Sie so lange an den Tisch der Jüngeren setzen müssen, bis Sie Ihre Altersgenossinnen eingeholt haben.«
    Diese Verletzung meines Stolzes an einem Tag, der mir bereits so viel Schmerz verursacht hatte, überstieg meine Kräfte, und ich brach in Tränen aus. Während mich die Schluchzer schüttelten, wurde Miss Wooler ganz still. Ich spürte, dass sie mich beobachtete.
    »Würde es Sie so sehr aus der Fassung bringen, bei der kleineren Klasse sitzen zu müssen?«
    »Ja, das würde es. Bitte, bitte, Miss Wooler, lassen Sie mich bei den Mädchen meines Alters sitzen.«
    »Nun gut. Ich werde Sie unter einer Bedingung in die ältere Klasse aufnehmen: dass Sie in Ihrer Freizeit zusätzlich lesen und lernen.«
    »Oh! Danke, Miss Wooler! Ich bin es gewöhnt, allein für mich zu lernen. Ich werde fleißig sein, das verspreche ich.«
    »Da bin ich mir sicher«, antwortete Miss Wooler mit einem freundlichen Lächeln.
    Später an diesem Abend, als ich müde auf mein Zimmer ging, um mich fürs Schlafengehen vorzubereiten, machte ich die erste Bekanntschaft mit meiner Zimmergenossin. Miss Amelia Walker war groß, wunderschön und blond; sie war eines der drei Mädchen, die sich bei meiner Ankunft über mich lustig gemacht hatten, und sie trug das hübscheste, schneeweißeste Nachthemd, das ich je gesehen hatte. Ich stellte meine Kerze neben ihre auf den Frisiertisch (jede Schülerin erhielt ihre eigene Kerze im Kerzenhalter, ein ziemlicher Luxus) und zog mich schweigend aus. Amelia hängte ihr herrliches rosa Seidenkleid in den Schrank und schob dann mit entschlossener Bewegung alle ihre Kleidungsstücke so weit die Stange entlang und von meinen Kleidern weg, wie es nur ging. »Fass meine Sachen nicht an«, warnte sie mich herrisch. »Die sind alle neu, und ich möchte nicht, dass sie beschmutzt werden. Und setz dich nie auf mein Bett. Ich bin da sehr penibel.«
    »Ich verstehe nicht, wie eine Berührung mit mir oder meinen Kleidern deine Sachen beschmutzen könnte«, antwortete ich, während ich mein Kleid weghängte.
    Sie starrte mich an. »Wie merkwürdig du sprichst. Bist du aus Irland?«
    »Nein, mein Vater stammt aus Irland. Ich komme aus Haworth. Deine Tante Atkinson ist meine Patin.«
    »
Oh! Je comprends! Vous êtes
cette
Charlotte!
1 «, erklärte sie affektiert , als sei es die höchste Errungenschaft der Welt, ein paar Worte Französisch zu sprechen. Sie nahm eine Schachtel mitPapilloten vom Frisiertisch und setzte sich auf ihr Bett; wir banden beide rasch unser Haar hoch. »Mein Vater ist Squire. Er sagt, die Iren sind ein sehr niedriges Volk. Du musst sehr arm sein«, fuhr sie mit einem

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