Die Geheimnisse der Fürstin von Cadignan (German Edition)
Revolution ruiniert hatte, hatte bei der Rückkehr der Bourbonen auch sein Amt, die Verwaltung eines königlichen Schlosses, seine fürstlichen Ehrenbezeigungen und seine Pensionen zurückerhalten; aber dieses künstliche Vermögen verzehrte der alte Fürst ganz allein, denn er blieb der große Herr, der er vor der Revolution gewesen war; und als die Indemnitätsakte kam, wurden also die Summen, die er erhielt, durch den Luxus verschlungen, den er in seinem ungeheuren Hause entfaltete, dem einzigen Immobilienbesitz, den er noch vorfand und dessen größeren Teil seine Schwiegertochter innehatte.
Der Fürst von Cadignan starb einige Zeit vor der Julirevolution im Alter von siebenundachtzig Jahren. Er hatte seine Frau ruiniert und stand lange mit dem Herzog von Navarreins auf gespanntem Fuße; dieser Herzog hatte in erster Ehe seine Tochter zur Frau gehabt, und er leistete ihm nur unter Schwierigkeiten seine Abrechnungen. Der Herzog von Maufrigneuse hatte zu der Herzogin von Uxelles in Beziehungen gestanden. Als Herr von Maufrigneuse gegen 1814 sechsunddreißig Jahre alt wurde, gab die Herzogin ihm, da er arm war, sich aber mit dem Hofe gut stand, ihre Tochter zur Frau, die etwa fünzig- oder sechzigtausend Franken Rente hatte, nicht zu zählen, was sie von ihr selber erwarten konnte. So wurde Fräulein d'Uxelles Herzogin, und ihre Mutter wußte, daß sie sich wahrscheinlich der größten Freiheit erfreuen würde. Nachdem der Herzog das unverhoffte Glück erlebt hatte, daß er einen Erben erhielt, ließ er seiner Frau vollkommene Bewegungsfreiheit und zog von Garnison zu Garnison, um sich zu amüsieren, indem er nur den Winter in Paris verbrachte und Schulden machte, die sein Vater stets bezahlte. Er bekannte sich in ehelichen Dingen zur größten Nachsicht und warnte die Herzogin stets acht Tage vor seiner Rückkehr nach Paris. Er wurde von seinem Regiment angebetet und vom Dauphin geliebt; er war ein gewandter Hofmann, spielte ein wenig und war im übrigen frei von jeder Ziererei; nie konnte die Herzogin ihn dazu überreden, daß er sich wenigstens um des Scheines willen und aus Rücksicht auf sie, wie sie scherzend sagte, ein Mädchen von der Oper nähme. Der Herzog, der die Anwartschaft auf das Amt seines Vaters hatte, wußte sich bei beiden Königen, bei Ludwig XVIII. und Karl X., beliebt zu machen, was beweist, daß er seine Nichtigkeit recht gut ausnutzte; aber dieses Verhalten und dieses Leben, das alles war vom schönsten Firnis überdeckt. Sprache, Adel der Formen und Haltung waren vollkommen; selbst die Liberalen liebten ihn. Es war ihm nicht möglich, die Überlieferung der Cadignans hochzuhalten, die nach dem alten Fürsten dafür bekannt waren, daß sie ihre Frauen ruinierten, denn die Herzogin verzehrte ihr Vermögen allein. Diese Einzelheiten wurden in der Welt des Hofes und im Faubourg Saint-Germain so bekannt, daß man sich während der letzten fünf Jahre der Restauration über den, der darüber hätte sprechen wollen, genau so lustig gemacht hätte, wie wenn er hätte vom Tode Turennes oder Heinrichs IV. reden wollen. Keine Frau sprach von diesem reizenden Herzog, ohne sein Lob zu singen. Er hatte sich seiner Frau gegenüber vollendet benommen; es war schwer für einen Mann, seiner Frau so viel Güte zu bezeigen, wie Maufrigneuse der Herzogin bezeigte; er hatte sie frei über ihr Vermögen verfügen lassen und hatte sie bei jeder Gelegenheit verteidigt und gestützt... Sei es Stolz, sei es Güte, sei es Ritterlichkeit, gewiß ist, daß Herr von Maufrigneuse die Herzogin oftmals unter Umständen gerettet hatte, wo jede andere Frau zugrunde gegangen wäre; und das trotz ihrer Umgebung, trotz des Ansehens der alten Herzogin von Uxelles, des Herzogs von Navarreins, ihres Schwiegervaters und der Tante ihres Gatten. Heute gilt der Fürst von Cadignan als einer der schönsten Charaktere der Aristokratie. Vielleicht ist die Treue in der Not einer der schönsten Siege, die ein Höfling über sich selber davontragen kann. Die Herzogin von Uxelles war fünfundvierzig Jahre alt, als sie ihre Tochter mit dem Herzog von Maufrigneuse verheiratete; sie sah also seit langem ohne Eifersucht, ja mit Interesse den Erfolgen ihres einstigen Freundes zu. Im Augenblick der Heirat ihrer Tochter und des Herzogs zeigte ihr Verhalten einen Adel, der die Unmoral dieser Verbindung vor Angriffen rettete. Trotzdem fand die Bosheit der Leute vom Hofe Ursache zu spötteln, indem man behauptete, dieses schöne Verhalten koste der
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