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Die Geheimnisse der Fürstin von Cadignan (German Edition)

Die Geheimnisse der Fürstin von Cadignan (German Edition)

Titel: Die Geheimnisse der Fürstin von Cadignan (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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ihres Kleides und die eingekrausten Fältchen über dem Schnürleib betrachtete, die den Frauen nur stehen, wenn sie schlank genug sind, so nahm sie den Faden ihrer Gedanken wieder auf, als spräche sie mit sich selber: »Ich fahre nicht fort. Es ist Ihnen, den Schriftstellern, glücklich gelungen, die Frauen lächerlich zu machen, die sich als verkannt ausgeben, die unglücklich verheiratet sind, die sich dramatisch und interessant machen, und mir scheint dies Gebaren auch wirklich im höchsten Grade bürgerlich zu sein. Man beugt sich, und damit gut; oder man leistet Widerstand und amüsiert sich. In beiden Fällen muß man schweigen. Freilich habe ich mich weder ganz zu beugen, noch ganz Widerstand zu leisten gewußt; aber vielleicht war das nur ein um so ernsterer Grund, Schweigen zu bewahren. Welche Dummheit von den Frauen, sich zu beklagen! Wenn sie nicht die Stärkeren geblieben sind, so hat es ihnen an Geist, Takt, Feinheit gefehlt, und sie verdienen ihr Schicksal. Sind sie in Frankreich nicht Königinnen? Sie machen sich über Sie lustig, wie sie wollen, wann sie wollen und solange sie wollen.« Sie ließ in einer wundervollen Bewegung voll weiblicher Keckheit und spöttischer Lustigkeit ihre Riechdose tanzen. »Ich habe oft gehört, wie elende kleine Wesen bedauerten, daß sie Frauen wären; sie wollten Männer sein; ich habe sie stets nur voll Mitleid betrachtet,« sagte sie, indem sie fortfuhr. »Wenn ich zu wählen hätte, so würde ich noch heute vorziehen, Frau zu sein. Welch ein Vergnügen, seine Triumphe der Macht und all den Kräften zu verdanken, die uns die von Ihnen erlassenen Gesetze geben! Aber wenn wir Sie zu unsern Füßen sehen, wenn Sie Dummheiten reden und begehen, ist es dann nicht wieder ein berauschendes Glück, in sich die triumphierende Schwäche zu fühlen? Wenn wir Erfolg haben, müssen wir also Schweigen bewahren, bei Strafe, unsere Herrschaft einzubüßen. Und wenn die Frauen geschlagen werden, so müssen sie aus Stolz schwelgen. Das Schweigen des Sklaven beängstigt den Herrn.«
    Dieses Geschwätz wurde mit einer so sanft spöttischen, so niedlichen Stimme und unter so koketten Kopfbewegungen vorgetragen, daß d'Arthez, dem diese Art der Frau ganz unbekannt war, wie das Rebhuhn dastand, das vom Jagdhund gestellt ist.
    »Ich bitte Sie, gnädige Frau,« sagte er schließlich, »erklären Sie mir, wie ein Mann Ihnen hat Leiden verursachen können, und seien Sie überzeugt, daß Sie vornehm blieben, wo alle andern Frauen vulgär würden, wenn Sie auch nicht über die Dinge auf eine Art zu reden wüßten, die selbst ein Kochbuch interessant machen könnte.« »Sie machen schnelle Fortschritte in der Freundschaft,« sagte sie in einem ernsten Ton, der d'Arthez nachdenklich und besorgt machte.
    Das Thema wechselte, die Stunde rückte vor. Der arme geniale Mann ging voller Zerknirschung davon, weil er sich neugierig gezeigt und dieses Herz verletzt hatte; er glaubte, diese Frau habe über die Maßen gelitten. Sie hatte ihr Leben damit hingebracht, daß sie sich amüsierte; sie war ein echter weiblicher Don Juan gewesen, doch mit dem Unterschied, daß sie die Statue aus Stein nicht zum Nachtmahl eingeladen hatte; und sicherlich wäre sie auch mit der Statue fertig geworden.
    Es ist nicht möglich, diese Erzählung weiterzuführen, ohne ein Wort über den Fürsten von Cadignan zu sagen, der unter dem Namen des Herzogs von Maufrigneuse besser bekannt ist; sonst büßten die wunderbaren Erfindungen der Fürstin ihre Würze ein, und Fremde würden nichts mehr von der furchtbaren pariserischen Komödie verstehen, die sie um eines Mannes willen spielte. Der Herr Herzog von Maufrigneuse ist als echter Sohn des Fürsten von Cadignan ein langer und dürrer Mann von den elegantesten Formen, ein Mann voller Liebenswürdigkeit, der reizende Dinge sagt; er wurde Oberst von Gottes Gnaden, und durch einen Zufall ein guter Offizier; im übrigen ist er tapfer wie ein Pole, und er verbirgt die Leere seines Kopfes unter der Redeweise des Heeres. Schon mit sechsunddreißig Jahren zeigte er dem schönen Geschlecht gezwungenermaßen dieselbe Gleichgültigkeit wie der König Karl X., sein Herr; er wurde gleich seinem Herrn dafür bestraft, daß er in seiner Jugend gleich ihm zu sehr gefallen hatte. Achtzehn Jahre lang war er der Abgott des Faubourg Saint-Germain gewesen und hatte wie alle Söhne großer Häuser ein Leben der Zerstreuung geführt, das einzig von Genüssen ausgefüllt wurde. Sein Vater, den die

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