Die Geheimnisse der Patricia Vanhelsing
verstand, was er meinte. Er ging davon aus, dass das, was ich soeben gesehen hatte, die wahre Außenhaut des Gebäudes war, das hier unten vor Äonen errichtet worden war.
Wie gebannt blickte ich auf den blauen Lichtschein, der aus dem aufgerissenen Seegrund herausschien und die Umgebung unwirklich erscheinen ließ.
*
"MAQUATLI QUERESEN K'YARAM'NUR", murmelten die Männer, die im
Kreis standen. In ihrer Mitte brannte ein Feuer.
Paco stand davor, breitete die Arme aus und hatte die Augen geschlossen. Er schien vollkommen konzentriert zu sein. Sein Gesicht war eine Maske geworden. Schweiß rann ihm über die Stirn, obwohl es kühl war.
Dumpf dröhnte der Klang der Trommeln. Der Rhythmus beschleunigte sich und erinnerte an das heftige Schlagen eines Herzens.
Der Singsang wurde immer lauter und eindringlicher.
Dann vollführte Paco eine ruckartige Bewegung der Arme.
Von einem Moment zum anderen war es totenstill.
Paco atmete tief durch.
Er öffnete langsam die Augen.
Sie waren von einem grünlichen Schimmer erfüllt.
Wie gebannt starrten die anderen Indios auf ihn. Pacos Gesicht war völlig regungslos. Der grünliche Schimmer verschwand nach und nach. Ein schwacher Glanz blieb noch für ein paar Minuten, dann war nichts mehr zu sehen. Paco wirkte eigenartig entrückt. Wie in Trance stand er da und blickte durch die ihn umgebenden Indios förmlich hindurch.
"Du hast Verbindung zu den Göttern der Tiefe aufgenommen", stellte einer der anderen fest. Ein untersetzter, breitschultriger Indio mit grauem Filzhut und lederartiger, wettergegerbter Haut. "Was haben die MAQUATLI für eine Botschaft für uns?"
Paco sah ratlos aus.
"Ich verstehe sie nicht", murmelte er. "Ich habe eigenartige Bilder gesehen. Bilder des Schreckens. Dinge, die mich verwirrt haben..."
"Hast du nicht gesagt, dass du ihre Gedanken empfangen und deuten kannst?", rief einer der Männer. "Dann tu es! Sag ihnen, dass sie zufrieden sein müssten! Wir haben ihnen genug Opfer zugeführt..."
Ein mattes, freudloses Lächeln glitt über Pacos Lippen.
"Seit wann richten sich die GÖTTER DER TIEFE nach uns Sterblichen?", fragte er. Er atmete tief durch. "Ich fürchte, es ist der Frevel, den die Fremden begehen, und von dem wir sie nicht abhalten konnten..."
"Was sollen wir tun?", fragte der Mann mit dem grauen Hut.
Paco zuckte auf einmal zusammen.
Wie unter einem furchtbaren Krampf wand er sich, stöhnte auf. Sein Gesicht verzog sich wie unter unsagbar großen Schmerzen. Er presste sich die Hände an die Schläfen...
Dann sank er zu Boden.
Er keuchte.
Die anderen Männer näherten sich ein Stück, blieben dann aber stehen. Mit einer gewissen Scheu starrten sie Paco an, jenen Mann, der für sie die Verbindung zu den GÖTTERN DER TIEFE hielt.
Paco blickte auf.
In seinen Augen war wieder jenes charakteristische grüne Leuchten, das ihn selbst wie die Ausgeburt eines unheimlichen Dämons erscheinen ließ. Diesmal pulsierte das Leuchten in einem eigenartigen Rhythmus. Es war stärker als beim letzten Mal.
"Ich weiß nicht, was geschieht...", sagte Paco. Und die Verzweiflung klang in seiner Stimme mit. "Ich weiß nur, dass es etwas ist, was ich noch nie zuvor gespürt habe...Da unten, in der Tiefe geschieht etwas... Etwas Furchtbares... Wir müssen etwas tun!"
*
Wir erreichten die Kante jenes gewaltigen, von Ablagerungen bedeckten Quaders, der von Schlichtens Meinung nach ein gewaltiges Bauwerk darstellte.
Ich leuchtete mit einer Lampe in die Tiefe des Abgrunds, der vor mir gähnte. Steil und gerade ging die Wand dieses Quaders hinab. Auch sie war mit Ablagerungen bedeckt, aber ich hatte keinen Zweifel dran, dass dasselbe geheimnisvolle blau leuchtende Material zum Vorschein kommen würde, wenn man die Ablagerung sorgfältig abtrug.
Wir sanken tiefer.
Der Titicaca-See ist stellenweise bis zu 250 Metern tief, hat aber auch flachere Regionen. Als ich hinableuchtete, hatte ich zunächst gedacht, auf den Grund des Sees sehen zu können, bis ich erkannte, dass das nicht der Fall war.
Vielmehr ließen sich weitere Quader von gewaltigen Ausmaßen erahnen. Zwischen ihnen gähnten Schluchten, deren Grund in namenloser Schwärze verborgen blieb.
Und langsam begriff ich, wo wir uns in Wahrheit befanden!
Auf den Dächern prähistorischer Wolkenkratzer, die in unvorstellbare Tiefen hinabragten.
Stell sie dir vor, ohne die Schichten von Ablagerungen darauf, ohne die wuchernden Pflanzen... Phantastische Gebäude mit einer Außenhaut aus
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