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Die Geheimnisse der Therapeuten

Die Geheimnisse der Therapeuten

Titel: Die Geheimnisse der Therapeuten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christophe André
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nützt nichts, auf irgendein Ereignis zu warten, um sich dann erst zu erlauben, glücklich zu sein. Es gibt zu viele Hindernisse, die dieses Warten unendlich machen könnten. Der Zustand des Wohlbefindens ergibt sich eher aus der Summe der kleinen Glücksmomente als aus den Augenblicken intensiven Glücks, die im Laufe eines Lebens sehr viel seltener auftreten. Diese Realität zu akzeptieren – und das ist einer der Schlüssel der Meditation – erlaubt uns, unsere Energie auf die positiven Augenblicke zu konzentrieren und mit den negativen besser zurande zu kommen.
    Für wen ist Achtsamkeit geeignet?
    Achtsamkeit eignet sich für uns alle, aber sie ist besonders nützlich für Menschen, die an Angst oder Depression leiden. Tatsächlich hindern diese Zustände Menschen im Allgemeinen daran, im gegenwärtigen Augenblick zu sein. Die meiste Zeit über klammern sich die Betroffenen an negative Gedanken (Bedauern, Grübeleien, ängstliche Erwartungen) und lassen sich von ihnen und ihren Emotionen überschwemmen.

    Was mir die Achtsamkeit gebracht hat: mehr Aufmerksamkeit mir und meinen körperlichen Signalen gegenüber
    Die auf Achtsamkeit basierende kognitive Therapie ist keine leichte Methode. Sie erfordert sehr viel Disziplin, und ich muss gestehen, als mir der besagte Psychiater riet, an einem MBCT-Training teilzunehmen, war ich zunächst abgeneigt: fünf Tage Ausbildung, fünf Tage, in denen wir meditieren, die Stille erproben, lernen würden, nur dort zu sein, wo wir waren, und uns mit dem zufriedenzugeben, was da war, ohne es ändern zu wollen. Stundenlang schweigend dasitzen erschien mir ziemlich unvorstellbar. Bis zu meinem Burnout hatte ich sorgfältig Augenblicke der Inaktivität vermieden, um nicht mit meinen leidbesetzten Gedanken konfrontiert zu werden. Ich war hyperaktiv, ich stand nie still, ich suchte unaufhörlich nach Stimulation. Und vor allem hatte ich damals das Bedürfnis, mit jemandem über diese teuflischen Gedanken, die mir Leid bescherten, zu sprechen. Jetzt aber würde ich in die Stille eintauchen!
    Bei den ersten Meditationssitzungen nahmen die Gedanken meine gesamte Aufmerksamkeit in Anspruch, doch indem ich mich auf meinen Atem und meine körperlichen Empfindungen konzentrierte, half die Achtsamkeit mir allmählich, mich nicht mehr in meine negativen Gedanken zu verstricken. Ich beobachtete, dass sie da waren, ohne sie hinauszuwerfen: Ich nahm zur Kenntnis, worin sie bestanden, und lenkte meine Aufmerksamkeit permanent zurück auf meinen Körper.
    Ich erinnere mich sehr genau an jene Meditationssitzung, in deren Verlauf sich viele Knoten lösten. Die dunklen Gedanken kamen ständig wieder, ich versuchte, meine Aufmerksamkeit auf meinen Körper zurückzulenken, der sich immer mehr verspannte, aber ich ließ einfach die Schmerzen zu, ohne wissen zu wollen, was sie dort machten. Und ganz plötzlich spürte ich die Wut, sie war es, die meinen Körper peinigte. Mir wurde bewusst, dass meine angesammelte Erschöpfung mich schleichend auffraß. Stopp! Ich durfte nicht so weiterarbeiten, wie ich es tat, ohne auf meine Grenzen Rücksicht zu nehmen. Mein Problem war nicht, dass ich insgesamt zu nichts in der Lage war, sondern dass ich zu viel arbeitete, um nicht nachdenken zu müssen, und das ging auf Kosten meiner Gesundheit, meiner Familie und meiner Freunde. Dieser unfruchtbare Kampf gegen meine negativen Gedanken verzehrte meine ganze Energie, statt dass ich darauf hörte, was sie mir sagen wollten: »Du bist müde, gib auf dich Acht.« Ich nahm meinen Atemrhythmus bewusst wahr; ich achtete auf meine Empfindungen, und nach mehreren Minuten waren die Gedanken verschwunden.
    Diese Erfahrung machte mir bewusst, dass ich die Realität gefiltert durch ein Prisma sah, das Prisma meiner Traurigkeit und Müdigkeit.
    Unsere Gedanken werden durch unser Befinden beeinflusst
    Wir alle kennen einen Zustand der Erschöpfung. Wir haben erlebt, wie wir an den Tag herangehen, wenn unser Akku leer ist oder wir mit dem falschen Fuß zuerst aufgestanden sind. Meist sind wir dann empfindlicher und reizbarer als sonst und bekommen alles in den falschen Hals. Wenn wir einen Kollegen treffen, der uns grüßt, ohne stehen zu bleiben, denken wir: W as ist los? Ich muss etwas getan haben, das ihm nicht gefallen hat. Er schätzt mich nicht mehr. Und so weiter. Diese Gedanken käuen wir den ganzen Tag

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