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Die Geheimnisse der Therapeuten

Die Geheimnisse der Therapeuten

Titel: Die Geheimnisse der Therapeuten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christophe André
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konnte. Ich ging mit meiner Psychotherapeutin ans Werk. Das Bild, das auftauchte, war so präzise wie ein Foto: ich in seinem Büro, sein Gesicht rot vor Wut, hasserfüllte Augen, angespannter Kiefer, seine Faust, die auf den Tisch schlug. Der damit verbundene negative Gedanke war das berüchtigte »Ich bin nichts wert«. Ich spürte eine tiefe Traurigkeit, den Wunsch zu weinen und einen Kloß im Hals. Die Tränen kamen tatsächlich sehr schnell, aber mithilfe der Bewegung meiner Augen, die dem Stab folgten, den die Therapeutin vor mir hin- und herführte, empfand ich echte Erleichterung und einen mir bisher unbekannten Trost.
    Man muss bereit sein, sich mit seiner Verletzlichkeit zu konfrontieren, wenn man EMDR machen will.
    Es nahm drei einstündige Sitzungen in Anspruch, bis das erste Bild sich langsam auflöste, bis der neue Gedanke – »Ich habe Wert« – für mich glaubwürdig wurde und die Traurigkeit verschwand, ein Prozess, den ich zum ersten Mal selbst in meinem Körper erlebte. Ich hatte oft sehr positive Resultate bei Patienten beobachtet, bei denen ich diese Methode angewandt hatte, und zum ersten Mal empfand ich endlich selbst diese Erleichterung und Leichtigkeit, von der sie mir berichtet hatten. Ich hatte meine Lebensfreude wiedergefunden! Diese rasche Veränderung ist tatsächlich ziemlich verblüffend, aber äußerst angenehm zu erleben. Doch es haftet ihr nichts Wunderartiges an, denn während der drei Sitzungen ging ich durch schmerzhafte Augenblicke und starke emotionale Reaktionen; ich ging vor allem durch eine immense Traurigkeit und große Wut. Eine solche Arbeit ist nicht leicht, und man muss bereit sein, sich mit seiner Verletzlichkeit zu konfrontieren, wenn man EMDR machen will.
    Gelassenheit und Akzeptanz durch Meditation finden
    Was ist Achtsamkeit?
    Die MBCT ( Mindfulness-Based Cognitive Therapy oder »achtsamkeitsbasierte kognitive Therapie«) wurde vor etwa zehn Jahren von dem amerikanischen Wissenschaftler Jon Kabat-Zinn entwickelt. Er definierte sie als »einen Bewusstseinszustand, der daraus resultiert, dass die eigene Aufmerksamkeit bewusst und ohne zu urteilen auf den gegenwärtigen Augenblick gerichtet wird, auf die Erfahrung, wie sie sich Augenblick für Augenblick entfaltet«. Diese Bewusstheit steht im Gegensatz zum Funktionieren »per Autopilot«.
    Sehr oft machen wir im Alltag mehrere Dinge auf einmal, wir funktionieren im automatischen Modus, wir sind selten da, wo wir sind. Kaum haben wir uns morgens aus dem Bett erhoben, sind wir schon dabei, an alles zu denken, was wir tagsüber zu tun haben. Unter der Dusche, während wir unseren Kaffee trinken oder zur Arbeit fahren, geht es dann so weiter. Sie haben sicher schon einmal die Erfahrung gemacht, dass Sie auf der Fahrt zur Arbeit keine Notiz von Ihrer Umgebung oder der Anzahl der Ampeln genommen haben und sich auch hinterher nicht daran erinnern konnten. Als Sie am Ziel waren, stellten Sie erstaunt fest, dass Sie schon angekommen waren.
    Das Prinzip der Achtsamkeit besteht darin, uns zu lehren, innezuhalten und Augenblick für Augenblick für das präsent zu sein, was wir erleben. Sie werden einwenden, es sei Zeitverschwendung, jeweils nur eine Sache zu erledigen. Es stimmt, dass vieles uns dazu treibt, wie ein Schmetterling von einem Gedanken zum nächsten und von einer Aufgabe zur anderen zu gaukeln. Aber wenn wir mehrere Sachen gleichzeitig machen, sind wir auf jede einzelne weniger konzentriert. Wir verbrauchen auch mehr Energie, denn unsere Aufmerksamkeit hüpft die ganze Zeit hin und her. Wir laufen insbesondere Gefahr, Details zu übersehen, und kommen weniger schnell voran. Und vor allem riskieren wir »Entgleisungen«, ein Vom-Wege-Abkommen, wenn negative Gedanken, die gegen unseren Willen auftauchen, weitere nach sich ziehen und schließlich unserer willentlichen und bewussten Kontrolle entgehen, was zu dem berühmten Grübeln führt.
    Das Krafttraining des Geistes besteht darin, die eigene Aufmerksamkeit immer wieder zum gegenwärtigen Augenblick zurückzubringen.
    In der heutigen Gesellschaft, die von uns verlangt, hyperaktiv zu sein, ist es schwer, die Gewohnheit, auf »Autopilot« zu schalten, abzulegen. Dazu müssen wir üben, unsere Aufmerksamkeit wiederherzustellen, wie man einen verstauchten Knöchel wiederherstellt, indem man Krafttraining macht. Das Krafttraining des Geistes besteht darin,

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