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Die Geheimnisse Der Tinkerfarm

Die Geheimnisse Der Tinkerfarm

Titel: Die Geheimnisse Der Tinkerfarm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams , Deborah Beale
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Monsterpilz durchzuckten, sie immer noch quälten.
    Der Teil des weißen Gewuchers, der nicht brannte, streckte sich jetzt noch höher gen Himmel, und Öffnungen klafften plötzlich in der schwammigen Masse, als ob tausend Münder gleichzeitig schrien, doch alles, was Lucinda bei dem Gewitterlärm hören konnte, war das Pfeifen entweichender Gase. Das Ding hatte die Kontrolle über sein Fasernetz weitgehend verloren, und Ragnar war schon dabei, sich loszureißen. Als er die Beine wieder bewegen konnte, wankte er zu Walkwell hinüber und befreite ihn, aber der Verwalter der Farm rührte sich nicht, Ragnar musste ihn von dem brennenden Treibhaus forttragen. Simos Walkwell, der den Pferdewagen sonst mit einer Hand anheben konnte, sah so verkümmert und leblos aus wie verschrumpelte Rüben, aber wenigstens war er frei. Neben Lucinda fielen die Pilzfäden von Colin Needle ab und zogen sich in den Boden zurück.
    Doch als es gerade den Anschein hatte, als hätten sie ihren furchtbaren Feind vernichtet, begann der Körper des Pilzes über den Stellen aufzuplatzen, wo das Feuer ihm das Fleisch schwärzte. Ein durchsichtiger schleimiger Saft floss aus diesen Rissen und löschte die Flammen, die die Oberfläche des Pilzes versengten. Der Nachhall seiner Macht pulste weiter |378| durch Lucindas Kopf, der unbedingte Wille, sich fortzupflanzen, die rücksichtslose Entschlossenheit, sich im Wind auszustreuen. Das Ding war nicht besiegt.
    Es blitzte wieder.
    »Alle zurück!«, schrie Ragnar. »Schnell!« Er eilte vor und hob den Zaunpfosten auf, dann schritt er auf das Treibhaus zu wie ein Ritter in eine Drachenhöhle. Der Donner grollte so laut, und auch das kämpfende Pilz-Ding stieß ein entsetzlich lautes Pfeifen aus, so dass Lucinda ihn kaum verstehen konnte, aber sie tat wie geheißen und zog Colin an seinem heilen Arm mit, bis der Junge in der Lage war, allein weiterzukriechen. Doch als sie sich nach Tyler und Steve umschaute, die hinter ihr herkamen, sah sie etwas, das sie nie mehr vergaß, obwohl sie sich ihr ganzes späteres Leben wünschte, sie könnte es.
    Die angekohlte weiße und schwarze Masse dehnte sich wieder aus, sämtliche Fasern zitterten vor Begierde, ihre Sporen auszustoßen, doch das wirklich Grauenhafte war, dass sich auf einmal aus dem schwellenden Pilzkörper etwas herausbildete, das Ähnlichkeit mit Gideons Gesicht und Gestalt hatte. Es war, als hätte das Ding ihren Großonkel so tief und so lange zu kosten bekommen, dass es sich wünschte, er zu sein.
    Ein Blitz färbte den Himmel weiß. Ragnar warf den Pfostenspeer ein zweites Mal, und diesmal flatterte er mit dem funkelnden Kabel durch die Luft und traf den dicksten Teil des monströsen Pilzes. Wieder und wieder krachte der Donner, ganz nahe jetzt, dann gab es eine Explosion von einer solchen Gewalt, dass der Boden bebte und Lucinda wieder von den Beinen geworfen wurde. Blaues Feuer sprang knisternd über, und rings um das zertrümmerte Treibhaus ringelten sich die einst weißen Fasern schwarz ein.
    Der Körper des Wuchergebildes, eine wackelnde groteske |379| Kopie Gideons, schwoll immer weiter an, so dass Lucinda schon befürchtete, er würde die Trümmer des Treibhauses von sich abschütteln und sich in Bewegung setzen, doch dann zerlief er in brennende Klumpen. Das ungeheuerliche Gideongesicht verzerrte sich vor Qual oder Wut und zerfiel dann in blubberndes Nichts. Sporen strömten hervor, fingen Feuer, zerplatzten in flammenden Funkenwolken und zerstoben wie das Feuerwerk am Vierten Juli. Pechschwarzer Rauch stieg aus den Trümmern auf und wurde vom Wind davongetragen.
    Lucinda fühlte eine Hand an ihrem Arm, dann noch eine auf der anderen Seite. Es waren Tyler und Steve, die ihr aus dem Schlamm aufhalfen.
    »Wir leben noch«, war alles, was sie sagen konnte. »Wir leben.«
    Tyler nickte, schüttelte den Kopf, dann nickte er wieder. »Doch«, sagte er, »wir leben.«
    »Kümmert euch nicht um mich«, sagte Lucinda. »Ihr müsst Onkel Gideon tragen. Ragnar hat ihn bewusstlos geschlagen, vor allem aber hat der Pilz ihn ganz schlimm in seiner Gewalt gehabt.«
    Als die Jungen mit Mühe den bewusstlosen Gideon hochgehoben hatten, kehrten sie alle dem schwelenden Treibhaus den Rücken und machten sich auf den Weg zurück zum Haus. Colin konnte auf eigenen Füßen torkeln, den Arm an die Brust gezogen. Lucinda bot an, ihn zu stützen, aber er wandte sich von ihr ab und ging langsam allein weiter. Ragnar trug Walkwell. Der alte Mann hing mit

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