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Die Geheimnisse der Toten

Die Geheimnisse der Toten

Titel: Die Geheimnisse der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Harper
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währt.»
    Die Tür schließt sich vor meinem Gesicht, und Konstantin ist verschwunden.

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    39
    Split, Kroatien – Gegenwart
    Es gibt nicht viele Orte auf der Welt, an denen man in einem römischen Kaiserpalast wohnen kann. Split ist vielleicht der einzige. Nachdem Kaiser Diokletian auf beispiellose Art und wider alle Erwartungen auf dem Gipfel seiner Macht seine Herrschaft niedergelegt hatte, baute er sich für seinen Ruhestand ein Zuhause von wahrhaft majestätischen Dimensionen: einen Palast in einer stillen Bucht an der dalmatinischen Küste, auf einer Fläche von acht Fußballfeldern und mit himmelhohen Befestigungsmauern. Hinter den Mauern lagen Gärten, in denen der abgedankte Kaiser Gemüse anbaute, opulente Wohnquartiere und Festhallen (denn auch von einem pensionierten Potentaten erwartete man eine gewisse Vornehmheit); außerdem waren da noch mehrere, den alten Göttern geweihte Tempel (Göttern, die Diokletian mit brutalem Eifer gegen die Anmaßungen der Christen verteidigt hatte), eine Garnison (denn seine Nachfolger waren eifersüchtige, gewalttätige Männer) und sein eigenes Mausoleum, auf dass er diesen Ort nie würde verlassen müssen.
    Die Christen aber hatten seiner Verfolgung widerstehen können. Sie gewannen an Einfluss und stürzten schließlich die alten Götter samt ihrem Fürsprecher auf Erden. Fünfhundert Jahre nach seinem Tod musste Diokletian die letzte Schmach hinnehmen. Christen raubten seinen Sarkophag aus Porphyr und legten an die Stelle seiner Gebeine, die sie achtlos fortwarfen, die Knochen eines Mannes hinein, den er gefoltert hatte. Sein Erzfeind, die Kirche, triumphierte und verwandelte sein Mausoleum in eine Kathedrale.
    Der Palast blieb erhalten. Als die Barbaren die Stadt überfielen, suchten ihre Bürger hinter Diokletians Mauern Schutz. Neubauten sprossen im Laufe der Zeit wie Unkraut hervor und machten sich die Ruinen zu eigen. Säulen und Architrave mussten für neue Mauern herhalten; alte Gemäuer trugen neue Dächer. Der Palast verwandelte sich allmählich in eine Stadt. Aus dem römischen Spalato wurde das kroatische Split.

    Einige Monate zuvor waren Abby und Michael schon einmal für ein Wochenende in der Stadt gewesen. Abby hatte sie sofort in ihre persönliche Liste der schönsten Orte der Welt aufgenommen. Sie wohnten damals in einem Boutique-Hotel, in dessen Schlafzimmern kleine Ausschnitte der diokletianischen Mauern freigelegt waren. Sie schlenderten durch enge Gassen, die sich plötzlich zu römischen Tempeln hin öffneten, aßen dalmatinischen Schinken auf frischgebackenem Brot und tranken Rotwein bis spät in die Nacht.
    Damals war es Juni gewesen, jetzt war Oktober. Die Touristen hatten sich verzogen, die Straßencafés waren geräumt, die Hotels menschenleer. Abby hatte gedacht, die Erinnerungen an den Sommer könnten sie vielleicht wärmen, doch sie verspotteten sie nur mit ihrem Widerhall von Glück. Und das wiederum erinnerte sie an das Ende ihrer Ehe, als sie und Hector nach Venedig zurückgekehrt waren, wo sie ihre Flitterwochen verbracht und nun gehofft hatten, den sterbenden Funken ihrer Liebe wieder entfachen zu können. Doch schon bald war klar gewesen, dass es keinen Weg zurück gab.
    Immerhin hatten sie und Michael nun Split erreicht. Aus Serbien hinauszukommen war leichter gewesen als gedacht. An der Grenze hatte der Busfahrer die Pässe der Passagiere eingesammelt und dem Grenzbeamten überreicht, der mit ihnen in der Baracke verschwand. Nach zehn bangen Minuten tauchte er wieder auf und gab dem Fahrer die Pässe zurück, der sie unter den dösenden Fahrgästen verteilte.
    Der Bus rollte weiter und ließ die Grenze hinter sich zurück. Michael, der auf der anderen Seite des Busses drei Reihen weiter vorn saß, hatte den Kopf gedreht und Abby zugezwinkert.

    Sie belegten ein Zimmer im Hotel Marjan, einem weiteren Klotz sowjetischer Vorstellungen von Luxus, eine halbe Meile vom Altstadtzentrum entfernt direkt am Strand gelegen. Als sie sich unter ihren eigenen Namen registrieren ließen, versuchte Michael dem gelangweilten Portier weiszumachen, dass ihnen ihre Pässe von einem Taschendieb entwendet worden seien. Doch der wollte davon gar nichts hören und reichte ihnen die Schlüssel für Zimmer 213. Sie gingen nach oben, wo sich Abby auf die Schnelle ihr Gesicht wusch, um gleich darauf wieder aufzubrechen. Es war schon fast halb zwei.
    Michael warf sich aufs Bett.
    «Willst du es wirklich allein machen?»
    «Es ist

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