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Die Geheimnisse der Toten

Die Geheimnisse der Toten

Titel: Die Geheimnisse der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Harper
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dass er seine Grenzen schwächte. Er zog die Truppen zurück und konzentrierte sie im Inneren des Imperiums, während die Grenzen nur noch von Söldnern und aus Anwohnern zusammengesetzten Hilfstruppen bewacht wurden. Wenn sich aber die an den Rändern des Reichs lebenden Völker frei untereinander bewegen, dauert es nicht lange, und sie werden ein Volk.
    Es ist, als ließe man einen Schiffsrumpf verrotten und hoffte anschließend darauf, genügend Eimer zu haben, um das Wasser ausschöpfen zu können , sagte einmal ein Freund, der für eine levantinische Reederei arbeitete.
    Die Erinnerung lässt mich nicht los. Konstantin wartet in der Morgendämmerung mit taubenetzten Augen, überzeugt davon, jenseits des Horizonts etwas Besseres zu finden.

    Ich zwinkere mit den Lidern. Auf der Straße kommt jemand auf mich zu, ein stämmiger alter Mann mit einem Kapuzenumhang, der im Abendwind flattert. Er sieht mich, bleibt stehen und schlägt die Kapuze zurück. Ein kahler Kopf mit weißem Haarkranz kommt darunter zum Vorschein. Es ist Aurelius Symmachus.
    «Was tust du hier?»
    «Ich gehe spazieren.» Er mustert mich vom Scheitel bis zur Sohle. «Und du?»
    «Ich warte auf jemanden.»
    «Auch darauf noch, den Mörder von Bischof Alexander zu finden? Der Augustus wird wahrscheinlich bald die Geduld verlieren.»
    Ich höre nur mit einem Ohr zu und frage mich, was er hier treibt. Ist er etwa derjenige, mit dem ich verabredet bin? Er macht allerdings nicht den Eindruck, als ob er mit mir gerechnet hat.
    «Hast du mit den Christen gesprochen?», will er von mir wissen.
    «Sie meinen, ich solle mit dir und vor allem auch mit deinem Freund Porfyrius reden. Ihr könntet mir interessante Geschichten aus der Zeit der Verfolgung erzählen.»
    Symmachus verdreht die Augen. «Nichts gefällt einem Christen besser, als euresgleichen die Missetaten eurer Vergangenheit unter die Nase zu reiben. Denn damit redet er sich selbst ein, dass es ihm heute sehr viel besser geht.»
    Ich stimme ihm zu, bin aber überrascht, diese Worte aus seinem Mund zu hören. «Ich dachte, Porfyrius wäre dein Freund.»
    «Er war mein Gast. In meinem Alter glaubt man nicht mehr an Freundschaft.»
    Auch diesen Gedanken lasse ich unwidersprochen.
    «Weißt du, woran ich glaube?», fragt Symmachus. «An Rom. Diokletian hat die Christen nicht aus Hass verfolgt. Er wollte das Imperium retten und Schluss machen mit der Teilung, die so viele Herrscher scheitern und die Barbaren eindringen ließ. Er hoffte, Rom unter einem gemeinsamen Glauben wiedervereinigen und damit das Reich retten zu können. Konstantin hat das gleiche Ziel, aber einen anderen Gott. Das ist alles.»
    Wieder erinnere ich mich an jenen Wintermorgen an der Seite Konstantins.
    «Konstantin glaubt an einen einigenden Gott», pflichte ich ihm bei. «Er versucht jedoch nicht, seinen Glauben mit Feuer und Eisen durchzusetzen.»
    «Macht das seinen Gott überlegen?»
    Symmachus schwingt seinen Stock und humpelt weiter, überraschend schnell. Nach wenigen Schritten dreht er sich noch einmal um.
    «Denk an Alexander», warnt er mich. «Die Christen reden viel von Liebe und Frieden, ich aber sage, jede Religion braucht ihr Blutopfer.»
    Nach zehn weiteren Schritten ist er verschwunden. Während wir miteinander gesprochen haben, war ich ständig auf der Hut und hatte den Platz im Blick. Jetzt kann ich die Statue in seiner Mitte kaum mehr erkennen. Die Nacht bricht schnell herein.
    Aber nicht so schnell, dass mir die lange, dünne Gestalt – nicht mehr als ein Schatten unter Schatten – unentdeckt geblieben wäre, die aus der Dunkelheit auf die Statue zutritt. Ein Mann, vermute ich. Er bückt sich, wie, um die Riemen seiner Sandalen zu ordnen, und geht dann weiter.
    Da fällt mir auf, dass auf der Sockelstufe ein viereckiges Etwas steht. Ich eile darauf zu und finde mich vor einem Kasten wieder.
    Es ist ein Dokumentenkoffer aus Leder mit Messingbeschlägen. Die Seitenwände wölben sich. Ich hebe den Koffer an und staune, wie schwer er ist. Meine Finger fahren über griechische Buchstaben, die in den Griff aus Elfenbein geschnitzt sind.
    ALEXANDROS.
    Der Mann, der den Koffer zurückgelassen hat, eilt durch eine Gasse zwischen zwei Wohnhäusern und an einem kleinen Schrein mit brennenden Votivlampen vorbei. Von flackerndem Licht umhüllt, wirkt seine Silhouette für einen Moment geradezu monströs, die Beine unter der kurzen Tunika überlang und spindeldürr.
    Er biegt links ab und verschwindet.
    Ich laufe ihm

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