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Die Geheimnisse der Toten

Die Geheimnisse der Toten

Titel: Die Geheimnisse der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Harper
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Symmachus sprachen, schien es, als wolltest du etwas sagen.»
    «Es hätte an dem Spruch nichts geändert.»
    Ich bin entschlossen, ihm zu widerstehen, so wenig wie möglich von mir zu geben und nach Hause zu gehen, um meine Sklaven zu beaufsichtigen, die den Hausrat zusammenpacken. Eigentlich wollte ich gar nicht kommen. Ich bin der Aufforderung gefolgt, weil er der Augustus ist.
    «Du solltest die Wahrheit herausfinden», erinnert er mich.
    «Ich habe es versucht.»
    «Du hältst ihn für unschuldig?»
    Irgendetwas in mir gibt nach. Die Wut ist stärker als mein Stolz und verschafft sich Luft. «Ich weiß nicht, ob er unschuldig ist, bin mir aber sicher, dass man ihn in die Falle gelockt hat. Ich war zur Stelle, als sein Sklave den Koffer brachte. Es hätte gar nicht auffälliger sein können.»
    «Aber er war doch im Besitz des Koffers.»
    «Sein Sklave war’s.»
    «Der sagte unter Folter aus, dass sein Herr ihm diesen Koffer gab. Und wir mussten schnell entscheiden. Die Christen wurden ungeduldig.» Er schaut in mein Gesicht und seufzt. «Du warst doch sonst nie zimperlich, Gaius.»
    Jede Religion braucht ihr Blutopfer. Symmachus sah es kommen im Unterschied zu mir.
    Eine betretene Stille liegt in der von Licht durchfluteten Luft zwischen uns. Konstantin weist mit einer umfassenden Handbewegung durch die Kuppelhalle. «Schau dir das an. Wenn ich morgen tot umfalle, wüsste niemand, wohin mit mir.» Er lacht. «Aber mach dir keine Sorgen. Ich werde nicht tot umfallen, ehe das Perserproblem nicht gelöst ist. Ein letzter Sieg wird mein Werk vollenden.»
    Er legt eine Pause ein. Vielleicht erinnert er sich daran, wie viele letzte Siege er schon davongetragen hat.
    «Erinnerst du dich an Chrysopolis? An den Tag danach?»

Chrysopolis – September 324, dreizehn Jahre zuvor
    An einem warmen Sonntagmorgen unternehmen Konstantin und seine Familie einen Spaziergang. Der lange, heiße Sommer hält noch an: Der Himmel ist blau, das Meer ruhig und der Boden hart gebacken. Die purpurnen Herrscherstiefel wirbeln Staub auf beim Anstieg zwischen Zypressen und Kiefern zur Hügelkuppe. Konstantin geht mit Crispus voran, der ihm Einzelheiten von der Flotte berichtet, die unten am Strand vor Anker liegt. Ich bin gleich hinter ihnen, gefolgt von den Frauen und Kindern – Constans, das jüngste und erst ein Jahr alte Kind, schläft in den Armen seiner Amme. Man hätte sie für eine beliebige römische Familie halten können, die nach Beeren oder Vogeleiern sucht. In Wirklichkeit aber sind sie die unumstrittenen Herrscher des Imperiums. Auf der anderen Seite des Hügels warten fünfundzwanzigtausend Tote darauf, begraben zu werden.
    Nach meiner Zählung ist es seit Juni erst der dritte Tag, an dem ich ohne Rüstung bin. Wir haben den ganzen Sommer über gekämpft. Zehn Jahre lagen Konstantin und Licinius bereits im Streit, als wir im Juni in Thrakien einmarschierten und Licinius aus dem Balkan jagten, um dreißigtausend Mann erleichtert. Im August, als uns Licinius vor Byzanz aufzuhalten versuchte, marschierte Konstantin buchstäblich über die Stadtmauern hinweg, vor denen er Erdrampen hatte aufwerfen lassen. Gleichzeitig führte Crispus unsere Flotte von Thessaloniki in die Meerenge von Gallipolis und versenkte Licinius’ Schiffe. Ich war mit Konstantin in Byzanz, als die verwegene Schlacht und der große Sieg gefeiert wurden.
    Wie ich sie nun vor mir sehe, Vater und Sohn, kann ich mir gut vorstellen, dass diese Familie von den Göttern gesegnet ist. Konstantin hat die fünfzig überschritten und ist so kräftig wie eh und je, ein starker Mann in seiner späten Blüte. Crispus ist ein Sohn, auf den jedermann stolz wäre, großgewachsen und gutaussehend. Er hat die zarten, hübschen Züge seines Vaters und pechschwarzes Haar und ist in einem Alter, in dem sich frische Erfahrungen mit jugendlicher Zuversicht paaren und alles möglich scheint. Er lacht gern und bringt andere zum Lachen, selbst seinen Vater. Wenn Konstantin stolpert – ihm macht immer noch eine Verletzung am Schenkel zu schaffen, die er sich beim Sturm auf Hadrianopel zugezogen hat –, ist Crispus sofort zur Stelle und gibt ihm Halt. Er deutet auf die Flotte und erzählt seinem Vater Geschichten: Dieses Boot enterte Licinius’ Flaggschiff; auf dem dort ist der Kapitän über Bord gegangen, weil er über ein Huhn stolperte, das aus dem Käfig entwischt war.
    Plötzlich laufen zwei Jungen an uns vorbei und attackieren Crispus mit Kiefernzweigen. Claudius und

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