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Die Geheimnisse des Brückenorakels: Himmelsauge (German Edition)

Die Geheimnisse des Brückenorakels: Himmelsauge (German Edition)

Titel: Die Geheimnisse des Brückenorakels: Himmelsauge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melissa Fairchild
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»Allerdings nicht so viele wie früher. Damals hatten wir eine in Stonehenge, die noch älter war als die in Greenwich. Viel älter. Ich bezweifle, dass sie noch funktioniert.«
    »Zieht den unsterblichen Barden zu Rate«, murmelte Roosevelt.
    »Wenn du nichts Sinnvolles beizutragen hast …«, setzte Brucie an.
    »Das Globe«, fügte Roosevelt hinzu und verlagerte sein Gewicht im Sessel wie ein kleiner Kontinent.
    »Was soll das …?«, begann Brucie. »Oh, du meinst das Theater?«
    »Wie ich schon immer sagte«, entgegnete Roosevelt. »Großes Mundwerk, kleiner Verstand.«
    »Wovon redet er?«, erkundigte sich Avi.
    Brucie kehrte dem Wächter den Rücken zu. »Der dicke Trampel meint das Globe Theatre hier in London. Das, in dem Shakespeare seine Stücke aufgeführt hat. Und in einem hat er recht. Unter der Bühne befindet sich eine einsatzfähige Brücke. Das Problem ist nur, dass wir die falsche Jahreszeit haben.«
    »Ich verstehe kein Wort.«
    »Die Welten drehen sich«, verkündete Roosevelt, die Augen noch immer fest geschlossen. »Die Jahreszeiten wechseln. Es hängt alles vom richtigen Zeitpunkt ab.«
    »Greenwich war etwas Besonderes«, erklärte Brucie. »Flamsteeds Planetarium hielt die Brücke das ganze Jahr über geöffnet. Die anderen funktionieren nicht so. Die im Globe Theatre öffnet nur am kürzesten Tag des Jahres.«
    »Zur Winter-Tagundnachtgleiche«, ergänzte Roosevelt. »Also in vier Monaten.«
    Avi schlug auf die Armlehne. »Aber wir müssen doch etwas unternehmen!«
    »Ja, das können wir auch«, sagte Roosevelt und machte endlich beide Augen auf.
    »Und das wäre?«
    »Wir warten.«
    Avi sprang auf und ließ dabei seine Tasse fallen. Zum Glück war sie leer. »Wir können nicht warten. Hannah kann nicht warten. Wer weiß, was Kellen mit ihr macht? Vier Monate? Vier Tage wären schon zu lang. Es muss noch einen anderen Weg nach drüben geben.«
    Bei ihrer Ankunft hatte er Durins Mantel über eine Sessellehne geworfen. Hannahs rosafarbene Handtasche war aus der Innentasche gerutscht. Avi nahm sie und drückte sie an die Brust. Hannah war überall präsent, das hier war ihr Zuhause. Und dennoch war sie eine ganze Welt entfernt.
    Und er war machtlos dagegen.
    »Wisst ihr«, meinte Brucie. »Da ist jemand, der uns vielleicht hilft.«
    »Brucie«, wandte Roosevelt warnend ein.
    »Wer?«, fragte Avi.
    »Fugit«, erwiderte Brucie.
    »Fugit? Wer ist das?«
    »Jemand, der nichts als Ärger bringt, mein lieber Junge«, wehrte Roosevelt ab. »Außerdem kann er uns nichts nützen. Meinen Quellen zufolge hält er sich genau in dem Reich auf, das dein Ziel ist.«
    »Er ist im Feenreich?« Avi ließ die Schultern hängen.
    Als Brucie um Roosevelts Kopf herumschwirrte, schlug dieser nach ihr wie nach einer Fliege. Mit hochrotem Gesicht wandte sie sich an Avi.
    »So einfach ist das nicht, und das sollte der Fettkloß eigentlich wissen. Fugit ist kein Geschöpf einer der beiden Welten. In gewisser Weise ähnlich wie die Wächter.«
    »Das kann man wohl kaum vergleichen«, protestierte Roosevelt.
    »Was ich damit sagen will«, fuhr Brucie fort, »ist, dass wir ihn auch hier finden können.«
    »Worauf warten wir also noch?«, meinte Avi.
    »Ausnahmsweise ist Zeit in diesem Fall ohne Bedeutung«, gab Roosevelt mit finsterer Miene zurück.

Kapitel 16
    A vi hatte unruhig geschlafen und erwachte früh. Mit seinem Erinnerungsbuch schlich er in Hannahs Zimmer, saß, das Buch auf dem Schoß, am Fenster und beobachtete den Sonnenaufgang. Das Buch schien zu summen, als enthalte es eine verborgene Energiequelle. Avi nahm an, dass das auch den Tatsachen entsprach.
    Vor dem Fenster schwankte ein großer Apfelbaum im Wind. Als es heller wurde, füllte er sich mit Vögeln, deren Gezwitscher durch die Morgenluft hallte. Aus dem Zoo drang das traurige Heulen eines eingesperrten Tieres herüber – vielleicht war es ein Wolf. Die Geräusche vermischten sich zu einem Chor aus einer anderen Welt.
    Hin und wieder glitten seine Finger über den Einband des Buchs. Doch er wollte es nicht öffnen – und es wollte auch nicht geöffnet werden.
    Er fragte sich, welche Geschichten sich wohl darin verbargen. Bis jetzt hatte er nur Bruchstücke aus der Vergangenheit gelesen. Seiner Vergangenheit. Das Wissen, dass noch viel mehr in diesem Buch stand – genau genommen sein ganzes Leben –, erfüllte ihn mit Ehrfurcht. Und auch mit Angst. Es erschien ihm beinahe gefährlich, es in seinem Besitz zu haben.
    Ob ich es hierlassen

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