Die Geheimnisse des Nicholas Flamel - Die silberne Magierin: Band 6 (German Edition)
verändert«, antwortete sie überzeugt. »Wir wissen nur nicht, wie.«
KAPITEL SIEBENUNDVIERZIG
I n seinem ledernen Kapuzenumhang bewegte Marethyu sich leichtfüßig durch die Menge der Älteren, die sich vor der Sonnenpyramide um Sophie und Josh Newman scharte. Eingewickelt in einen geölten Lederbeutel und unter seinem Hemd verborgen brannte und vibrierte der Haken, der seine linke Hand ersetzte, an seiner Brust.
Er sollte nicht hier sein.
Nicht jetzt.
Vor allem nicht jetzt.
Er befand sich inmitten von Älteren. Falls er einen von ihnen streifte, und sei es auch nur versehentlich, wären die Folgen katastrophal. Aber er ging nun schon so lange Risiken ein, und einige waren es unbedingt wert, dass man sie einging.
Früher, in der Zeit, als er seine Kräfte frisch erlangt hatte, war er ein Draufgänger gewesen. Was hatte er schon zu befürchten? Er war unangreifbar und unsterblich. Sicher, er konnte verwundet und verletzt werden, aber wenn man ihm nicht gerade den Kopf abtrennte oder das Rückgrat zertrümmerte, heilte er wieder.
Doch seit der Plan zur Rettung der Welt in ihm gereift war, hatte er sich zur Vorsicht gemahnt, sich bemüht, seiner Angst ein wenig mehr Raum zu geben. Ohne ihn konnte der Plan nicht gelingen. Er hatte so lange und so viele verschiedene Leben gelebt, dass er den Tod nicht fürchtete, aber er wusste, dass ein Ausrutscher, ein winziger Fehler alles zum Einsturz bringen konnte.
Und dennoch setzte er mit seinem heutigen Erscheinen alles aufs Spiel.
Als er nach Danu Talis zurückgekehrt war, um in Gang zu bringen, was geschehen musste, hatte er tief drinnen gewusst, dass er Zeuge der Ankunft der Zwillinge sein wollte. Es war einer der entscheidenden Momente in der außergewöhnlichen Geschichte des Inselreiches. Er wollte das Geschwisterpaar sehen, die sagenumwobenen Zwillinge aus der alten Prophezeiung – einer, der die Welt rettet, einer, der sie zerstört.
Er fand, es sei das Risiko wert.
Isis und Osiris hatten den Zeitpunkt ihrer Ankunft perfekt geplant.
Aus seinem Versteck heraus beobachtete Marethyu, wie ihr kristallenes Vimana vom Himmel herabschwebte. Osiris hatte gewartet, bis die meisten Ratsmitglieder bei der Pyramide eingetroffen waren. Eine Handvoll war in altersschwachen Vimanas gekommen, der Rest in Kutschen, eine hässlicher und grotesker als die andere. Dann war Osiris vor der Landung ganz bewusst noch in einem großen Bogen über den Platz geflogen, in dem Wissen, dass das Flugzeug im Licht der untergehenden Sonne wie eine Sternschnuppe aussehen würde.
Sie waren auf einem der weiter entfernt gelegenen Parkplätze gelandet, wo normalerweise die Kutschen der weniger einflussreichen Älteren standen. Von Rechts wegen hätten Isis und Osiris fast auf den Stufen der Pyramide landen können, ohne dass jemand Einspruch erhoben hätte. Aber sie wollten, dass die Zwillinge die zehn Minuten über den Hof zum Eingang der Pyramide zu Fuß zurücklegten. Osiris hatte das Fluggerät ganz clever so gedreht, dass die Rüstungen von Sophie und Josh beim Aussteigen im Licht der sinkenden Sonne wie Signalfeuer in Silber und Gold leuchteten.
Die Ratsmitglieder warteten immer bis zum letzten Augenblick, bevor sie die Pyramide betraten, da die schräg aufsteigenden, goldenen Innenwände ihnen Aura-Energie entzogen. Somit waren sie alle Zeuge der Ankunft des geheimnisvollen Paars in goldener und silberner Rüstung.
Isis und Osiris gingen rasch voraus, ohne auf die Zwillinge zu warten. Der Mann mit der Hakenhand wusste, weshalb sie das taten – die gesamte Aufmerksamkeit sollte ausschließlich den Zwillingen gelten.
Als Sophie und Josh den Platz zur Hälfte überquert hatten, ging bereits ein Raunen durch die Menge …
… Gold und Silber …
… die legendären Zwillinge …
… Sonne und Mond …
Das musste Marethyu Isis und Osiris lassen: Es war ein meisterlicher Schachzug. Hätten sie Sophie und Josh einfach vor den Rat gebracht und sie als die legendären Zwillinge vorgestellt, hätten viele Ältere ungläubig gelacht. Doch durch einen solchen Auftritt ließen sich die Ratsmitglieder gern überzeugen, dass es sich um die Zwillinge aus der Prophezeiung handelte, noch bevor sie die Pyramide betreten hatten.
Es war genial.
Am äußeren Rand der Menge hielt Marethyu mit den Zwillingen Schritt. Er beobachtete, wie sie leise miteinander redeten. Dabei wusste er ganz genau, was sie sagten. Er sah, wie Josh Inanna bemerkte und er große Augen machte, als sein Blick auf ihre
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