Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die geheimnißvolle Insel

Die geheimnißvolle Insel

Titel: Die geheimnißvolle Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
Vom Netzwerk:
Ingenieur, wenn man die Biegungen der Küste in Anschlag bringt.
    – Dreißig Meilen! wiederholte Gedeon Spilett, das wäre ein starker Tagesmarsch. Immerhin müssen wir ja nach dem Granithause zurückgelangen, wenn wir der südlichen Küste nachgehen.
    – Vom Krallen-Cap bis zum Granithause, bemerkte Harbert, sind’s aber auch noch zehn Meilen.
    – Sagen wir also vierzig Meilen zusammen, fuhr der Reporter fort, und zögern nicht, sie zurückzulegen. Wir lernen dabei gleichzeitig den unbekannten Küstenstrich, ohne besondere Excursion dahin, kennen.
    – Sehr richtig! pflichtete ihm Pencroff bei, doch was wird aus der Pirogue?
    – Hat sie einen Tag allein an der Mercyquelle gelegen, antwortete Gedeon Spilett, so wird sie auch zwei Tage über daselbst bleiben können. Bisher können wir noch nicht sagen, daß die Insel von Dieben unsicher gemacht würde.
    – Indeß, warf der Seemann ein, wenn ich mir die Geschichte mit der Schildkröte vergegenwärtige, bin ich nicht gern zu vertrauensselig.
    – Ei was, die Schildkröte! widersprach ihm der Reporter. Wissen Sie schon nicht mehr, daß die Fluth diese wieder umgedreht hat?
    – Wer weiß? sagte da der Ingenieur halb für sich.
    – Aber …« begann Nab zögernd.
    Offenbar hatte dieser Etwas auf der Zunge, denn er öffnete den Mund, doch ohne sich auszusprechen.
    »Was wolltest Du sagen, Nab? fragte ihn der Ingenieur.
    – Wenn wir am Ufer bis zum Krallen-Cap zurückkehren, antwortete Nab, so wird über diesem hinaus die Mercy den Weg versperren …
    – Das ist wahr, meinte Harbert, und wir hätten dann weder Brücke noch Boot, sie zu überschreiten.
    – Nun, Herr Cyrus, erklärte Pencroff, mit einigen schwimmenden Baumstämmen soll es uns nicht eben schwer werden, über den Fluß zu setzen.
    – Dennoch möchte es sich empfehlen, sprach sich Gedeon Spilett aus, eine Brücke herzustellen, um nach dem fernen Westen einen bequemeren Zugang zu gewinnen.
    – Richtig, eine Brücke! rief Pencroff. Nun, ist denn Herr Smith nicht Ingenieur von Fach? Er wird uns zu einer Brücke verhelfen, wenn wir eine solche brauchen. Sie heute Abend Alle nach dem andern Mercy-Ufer zu schaffen, ohne sich ein Fädchen am Leibe naß zu machen, dafür verbürge ich mich. Noch besitzen wir für einen Tag Lebensmittel, das ist ja wohl die Hauptsache, und auch das Wild wird heute so wenig fehlen als gestern. Also auf!«
    Der von dem Seemann so lebhaft unterstützte Vorschlag des Reporters fand die allgemeine Billigung, denn Jeder wünschte seine Zweifel gehoben zu sehen, und bei der Rückkehr über das Krallen-Cap konnte die deshalb angestellte Untersuchung des Landes als beendigt gelten. Nun durfte man aber keine Stunde verlieren, denn die Etappe von vierzig Meilen war lang, und vor Mitternacht rechnete man gar nicht darauf, am Granithause einzutreffen.
    Um sechs Uhr Morgens zog denn die kleine Gesellschaft ab. In der Voraussicht unliebsamer Begegnisse mit zwei-oder vierfüßigen Thieren wurden die Gewehre mit Kugeln geladen und Top vorausgeschickt, das Terrain zu durchstöbern.
    Von dem äußersten Punkte des Vorgebirges, das den Ausläufer der Halbinsel bildete, erstreckte sich die Küste in sanftem Bogen gegen fünf Meilen weit, welche schnell zurückgelegt wurden, ohne daß trotz genauesten Nachsuchens auch die mindeste Spur einer früheren oder neuerlichen Landung, oder eine Seetrift, der Rest eines Lagers, die Asche eines verloschenen Feuers oder endlich Eindrücke von Schritten auf dem Boden gefunden wurden.
    Als die Ansiedler an dem Winkel anlangten, mit welchem der Uferbogen endigte, um in nordöstlicher Richtung weiter ziehend die Washington-Bai zu bilden, konnten sie die ganze südliche Küste mit einem Blicke überschauen. In einer Entfernung von fünfundzwanzig Meilen endigte dieselbe am Krallen-Cap, das durch den seinen Morgennebel kaum sichtbar und dessen Bild durch ein Reflexphänomen zwischen Erde und Himmel schwebend erkannt wurde. Zwischen der Stelle, an welcher sich die Colonisten jetzt befanden, und dem am meisten zurücktretenden Theile der ausgedehnten Bai bestand das Ufer zuerst aus einem sehr gleichmäßigen und ebenen Strande, den weiter rückwärts ein Wald begrenzte; darüber hinaus zeigte sich der Uferrand sehr zerrissen, streckte wiederholt scharfe Felsenvorsprünge in’s Meer hinaus und endigte zuletzt mit regellos verstreuten, dunklen Felsmassen am entfernten Krallen-Cap.
    Derart war das Bild dieses Theiles der Insel, der unsern Forschern zum ersten Mal

Weitere Kostenlose Bücher