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Die geheimnißvolle Insel

Die geheimnißvolle Insel

Titel: Die geheimnißvolle Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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ihn bevölkern sollten. Im Allgemeinen beschränkte man sich auf eine Art Hütten aus Zweigen, die in Einzelabtheilungen zerfielen und nur noch ihrer Bewohner harrten.
    Die ersten bildete das Tinamon-Pärchen, welches sich bald durch junge Brut vermehrte. Zur Gesellschaft diente ihnen ein halbes Dutzend am Seeufer nistende Enten. Einige derselben gehörten zu derjenigen chinesischen Art, deren Flügel sich fächerförmig öffnen und die durch den Glanz und das Farbenspiel ihres Gefieders mit den Goldfasanen wetteifern. Einige Tage später fing Harbert noch ein Paar hühnerartige Vögel mit rundem, langgefiedertem Schwanze ein, prächtige »Alectors«, die sich schnell eingewöhnten. Pelikane, Taucherkönige, Wasserhühner u. dergl. fanden sich ganz von selbst am Strande des Geflügelhofes ein, und diese ganze kleine Welt, welche sich erst streitend, krähend, kreischend und gluckend anzufeinden schien, vertrug sich doch am Ende und vermehrte in befriedigendem Maßstabe die späteren Lebensmittelquellen der Colonie.
    Zur Vollendung seines Werkes errichtete Cyrus Smith in einer Ecke des Geflügelhofes auch noch einen Taubenschlag, in welchen ein Dutzend Tauben, welche die hohen Felsen des Plateaus umschwärmten, eingesetzt wurden. Diese Vögel gewöhnten sich sehr leicht, allabendlich nach ihrer neuen Wohnung zurückzukehren, und zeigten überhaupt mehr Neigung, zu Hausthieren zu werden, als ihre Verwandten, die Holztauben, welche sich nur im Zustande der Freiheit vermehren.
    Endlich nahte die Zeit, die Ballonhülle zur Anfertigung von Bekleidungsgegenständen auszunützen; denn sie in ihrer alten Form aufzubewahren und vielleicht gar mittels Ballons und erhitzter Luft einen tollkühnen Versuch zu wagen, von der Insel über dieses unbegrenzte Meer zu entfliehen, das hätte nur Leuten in den Sinn kommen können, welche vielleicht an Allem Mangel litten; doch Cyrus Smith war ein viel zu praktischer Kopf, um an Derartiges zu denken.
    Zunächst handelte es sich nun darum, den Ballon nach dem Granithause überzuführen, was die Colonisten veranlaßte, ihren schwerfälligen Wagen beweglicher und leichter zu machen. Wenn aber das Gefährt nicht eigentlich fehlte, so ging ihm doch die so wünschenswerthe Zugkraft gänzlich ab. Existirte denn auf der ganzen Insel kein eingeborener Wiederkäuer, der Pferd oder Esel, Ochs oder Kuh ersetzen konnte?
    »Wahrlich, meinte Pencroff, ein Zugthier müßte uns von großem Nutzen sein, bis es Herrn Cyrus einmal beliebt, ein Dampfboot oder gar eine Locomotive zu bauen, denn unzweifelhaft werden wir dereinst eine Eisenbahn vom Granithause nach dem Ballonhafen mit einer Zweigbahn nach dem Franklin-Berge besitzen!«
    Wenn der ehrliche Seemann also sprach, glaubte er auch selbst an seine Worte! O, über die Einbildung, wenn sich der Glaube ihr beimischt!
    Doch, um nicht zu übertreiben, ein einfaches Gespann von Vierfüßlern wäre jetzt Pencroff’s Herzenswunsch gewesen, und da die Vorsehung ihm Alles zu Gefallen zu thun schien, so ließ sie ihn auch hiernach nicht zu lange seufzen.
    Eines Tages – es war am 23. December – hörte man gleichzeitig Nab aus Leibeskräften schreien und den Hund dazu bellen. Die eben in den Kaminen beschäftigen Colonisten liefen in Befürchtung eines Unfalls schnell herzu.
    Was sahen sie aber? – Zwei schöne große Thiere, die sich unvorsichtiger Weise auf das Plateau, dessen Brückchen zufällig nicht aufgezogen waren, verirrt hatten. Man hätte sie für zwei Pferde halten können, oder mindestens für ein Eselmännchen und -weibchen von schlanker Form, isabellfarbenem Fell, weißen Beinen und Schwanze, am Kopfe, ebenso wie am Halse und am Bauche, zebraartig gestreift. Ohne ein Zeichen von Unruhe trippelten sie daher und guckten mit hellen Augen die Menschen an, in denen sie ihre Herren noch nicht erkannten.
    »Das sind Quagga’s, rief Harbert, Thiere, welche zwischen Zebra und Cuagga stehen.
    – Und warum keine Esel? fragte Nab.
    – Weil ihnen die langen Ohren fehlen und sie gefälligere Formen haben.
    – Was, Pferde oder Esel, entschied Pencroff, es sind ›Motore‹, wie Herr Smith sagen würde, und als solche ein erwünschter Fang.«
    Ohne die Thiere zu erschrecken, glitt Harbert im Grase bis zu dem Brückchen des Glycerin-Flusses, zog es auf, und die Quagga’s – waren gefangen.
    Sollte man sich ihrer jetzt mit Gewalt bemächtigen und sie um jeden Preis schnell zu zähmen suchen? Nein. Man entschied sich dahin, sie einige Tage ganz nach Belieben

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