Die geheimnißvolle Insel
verstreichen mußte, so besuchten Nab und Pencroff einmal jenen Hafen, und da sie sich überzeugten, daß die Leinwandniederlage in ihrer Grotte ganz unversehrt erschien, so beschloß man, zunächst jene das Plateau selbst betreffenden Arbeiten zu erledigen.
»Das gestattet uns, meinte Pencroff, den Geflügelhof unter den günstigsten Bedingungen einzurichten, da wir dann weder einen unliebsamen Besuch etwaiger Füchse, noch einen Ueberfall anderer schädlicher Thiere zu befürchten haben.
– Ohne in Anschlag zu bringen, ergänzte Nab seine Worte, daß wir dann das Plateau urbar machen, bepflanzen ….
– Und unsere zweite Kornernte vorbereiten können!« fiel der Seemann mit selbstzufriedener Miene ein.
In der That hatte das erste, mit einem einzigen Korne besäete Getreidefeldchen sich, Dank Pencroff’s Sorgfalt, musterhaft entwickelt. Nicht nur zeigte es die von dem Ingenieur vorhergesagten zehn Aehren, sondern jede derselben trug auch ihre achtzig Körner, so daß die Colonie jetzt über einen Vorrath von achthundert Körnern gebot, – und das nach sechs Monaten, d.h. mit der Aussicht auf zwei Ernten im Jahre.
Bei’m Brückenbau über die Mercy. (S. 318.)
Diese achthundert Körner sollten mit Ausnahme von fünfzig – einer aus Klugheit aufbewahrten Reserve – auf ein neues Feld gesäet werden, dem man die nämliche Sorgfalt wie dem Boden für das erste und einzige Korn widmete.
Vogelscheuchen nach Pencroff’s Erfindung. (S. 321.)
Das Feldstück wurde zurecht gemacht und mit einer dauerhaften, hohen und zugespitzten Palissadenwand umschlossen, welche für Vierfüßler unübersteigbar war. Naschhafte Vögel sollten einige aus Pencroff’s Phantasie entsprungene Klappermühlen und Vogelscheuchen vertreiben. Dann wurden die siebenhundertfünfzig Körner in regelmäßigen Reihen mehr gesteckt als gesäet, und der Natur das Weitere überlassen.
Am 21. November begann Cyrus Smith den Graben abzustecken, der das Plateau im Westen von dem südlichen Winkel des Grant-Sees bis zur Mercy-Biegung abschließen sollte. Auf dieser Strecke lagen zwei bis drei Fuß Dammerde auf einer soliden Granitbettung.
Es mußte also nochmals Nitro-Glycerin dargestellt werden, das auch vollständig seine Wirkung that. Nach weniger als vierzehn Tagen durchschnitt ein zwölf Fuß breiter und sechs Fuß tiefer Graben den harten Boden des Plateaus. Mit Hilfe des nämlichen Mittels wurde das Felsgestade des Sees gesprengt; wirbelnd drängte sich das Wasser in das neue Bett und bildete einen kleinen Fluß, der den Namen »Glycerin-Fluß« erhielt und nun einen Nebenarm der Mercy darstellte. Wie der Ingenieur vorher gesagt, sank das Niveau des Sees, jedoch kaum merkbar, tiefer. Um die Abschließung vollkommen zu machen, verbreiterte man endlich noch das den Strand quer durchströmende Flüßchen beträchtlich, und verhinderte das Nachfallen des Sandes durch Plankenwände an beiden Ufern.
In der ersten Decemberhälfte wurden diese Arbeiten vollbracht und das Plateau der Freien Umschau, ein unregelmäßiges Fünfeck von gegen vier Meilen Umfang, durch einen zusammenhängenden Wassergürtel vor jedem Angriffe geschützt.
Der December zeichnete sich übrigens durch starke Hitze aus. Die Colonisten wollten indessen die Ausführung ihrer Projecte nicht unterbrechen, und da die Errichtung des Geflügelhofes sehr dringend erschien, schritt man sofort dazu.
Es bedarf wohl kaum der Erwähnung, daß Meister Jup nach vollendeter Abschließung des Plateaus ganz in Freiheit gesetzt wurde. Er hielt sich fortwährend zu seinen Herren und verrieth nicht die mindeste Neigung zum Entlaufen. Es war ein sanftes, doch sehr kräftiges Thier von erstaunlicher Gelenkigkeit. O, wenn es die Leiter nach dem Granithause hinauf zu ersteigen galt, da that es ihm wohl Keiner gleich. Schon hatte man ihn auch zu einzelnen Hilfsleistungen abgerichtet; er schleppte z.B. Holz herzu und wälzte die aus dem Bette des Glycerin-Flusses gehobenen Steine weg.
»Nun, ein Maurer ist’s gerade noch nicht, aber doch schon ein Affe!« sagte scherzend Harbert mit Anspielung auf den Spitznamen »Affe«, den die Maurer ihren Lehrlingen geben. 1 Und wenn dieser Name je gerechtfertigt erschien, so war er es gewiß in diesem Falle.
Der Geflügelhof erhielt einen Flächeninhalt von zweihundert Quadrat-Yards, die man an der Südostseite des Sees auswählte. Auch diesen umgab man mit einer Palissade und sorgte für verschiedenerlei Unterkommen für die Thiere, die
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