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Die geheimnißvolle Insel

Die geheimnißvolle Insel

Titel: Die geheimnißvolle Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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und so war sie Jahrhunderte lang gewesen, bis man auf den Einfall kam, diese Stampfen durch Compressions-Cylinder zu ersetzen und die Wolle nicht mehr zu schlagen, sondern von Anfang an glatt zu drücken.
    Die von Cyrus Smith geleitete Operation hatte den gewünschten Erfolg. Die Wolle, vorher mit einer seifenartigen Substanz imprägnirt, um sie schlüpfriger zu machen, ihre Compression und Erweichung zu erleichtern und ihre Zerstörung durch das Aufschlagen der Stampfen zu verhindern, verließ die Mühle in Form dicker Filzplatten. Die seinen Rinnen und Rauhigkeiten der Wolle hatten sich so vollkommen verfilzt, daß sie einen zu Kleidungsstücken und Decken gleich verwendbaren Stoff bildeten. Natürlich konnte man diesen weder für Merino, noch für Musselin, für Schottischen Cashemir, noch für Stoff, Rips oder
satin de Chine
, weder für Orleans, Alpaca, noch für Tuch oder Flanell ausgeben! Es war eben »Lincoln-Filz«, ein neues Industrie-Erzeugniß der Insel.
    Die Colonisten vermochten nun, mit guten Kleidern und dicken Decken versehen, dem Winter von 1866 zu 1867 ohne Angst entgegen zu sehen.
    Gegen den 20. Juni trat strengere Kälte ein und Pencroff mußte zu seinem größten Leidwesen den Bau des Schiffes unterbrechen, der im kommenden Frühjahr bestimmt beendet werden sollte.
    Bei dem Seemanne blieb es eine fixe Idee, eine Reise zur Untersuchung der Insel Tabor, obwohl Cyrus Smith eine solche gar nicht billigte, rein aus Neugier zu unternehmen, denn auf dem wüsten und halb dürren Felseneilande durfte man nicht hoffen, irgend welch’ neues Hilfsmittel zu finden. Eine Reise von einhundertfünfzig Meilen auf einem verhältnißmäßig kleinen Schiffe, mitten durch unbekannte Meerestheile, verursachte Cyrus Smith eine unausgesetzte Sorge.
    Wenn nun das Fahrzeug, ins offene Meer gelangt, nicht im Stande sein sollte, weder die Insel Tabor zu erreichen, noch nach Lincoln zurückzukehren, was sollte aus ihm mitten im Pacifischen Oceane, der so reich an Gefahren ist, wohl werden?
    Wiederholt besprach Cyrus Smith diesen Plan mit Pencroff, begegnete aber bei Letzterem einem ganz wunderlichen Starrsinn, jene Reise auszuführen, einem Starrsinn, über den er sich wahrscheinlich selbst keine Rechenschaft gab.
    »Ich muß Ihnen auch bemerken, mein Freund, sagte der Ingenieur eines Tages zu ihm, daß Sie, nach so vielen der Insel Lincoln gespendeten Lobsprüchen und einem wiederholt geäußerten Bedauern, wenn Sie gezwungen wären, dieselbe zu verlassen, nun doch der Erste sind, der ihr den Rücken zu wenden sucht.
    – Nur für einige Tage, entgegnete Pencroff, nur für einige Tage, Herr Cyrus! Ich will nur hin-und zurückfahren und mir jenes Eiland besehen!
    – Jenes kann aber der Insel Lincoln nicht gleichkommen.
    – Das glaube ich im Voraus.
    – Warum sich also dahin begeben?
    – Um zu wissen, was auf der Insel Tabor vorgeht.
    – Dort geht aber nichts vor; dort kann nichts vorgehen!
    – Ja, wer weiß?
    – Und wenn ein Sturm Sie überfiele?
    – Das ist in der schönen Jahreszeit nicht zu befürchten, antwortete Pencroff. Indessen, Herr Cyrus, da man Alles in’s Auge fassen muß, so ersuche ich Sie nur um die Erlaubniß, Harbert auf jene Reise mitzunehmen.
    – Pencroff, sagte der Ingenieur, eine Hand auf des Seemanns Schulter legend, wenn Ihnen und dem Kinde, das der Zufall zu unserem Sohne gemacht hat, ein Unglück zustieße, glauben Sie, daß wir uns darüber trösten könnten?
    – Herr Cyrus, versetzte Pencroff mit unerschüttertem Vertrauen, wir werden Ihnen diesen Kummer nicht machen Uebrigens sprechen wir von der Reise erst wieder, wenn die Zeit dazu da ist. Ich bilde mir ein, daß, wenn Sie unser wohl ausgerüstetes und gut verteuntes Schiff sehen und sich überzeugen, wie es sich auf dem Meere hält, was ja schon eine Umsegelung der Insel zeigen muß, die wir doch Alle zusammen ausführen, Sie keinen Augenblick anstehen werden, mich reisen zu lassen! Ich verhehle Ihnen gar nicht, daß Ihr Fahrzeug da ein wahres Meisterwerk zu werden verspricht.
    – Sagen Sie wenigstens unser Schiff, Pencroff!« erwiderte der für den Augenblick entwaffnete Ingenieur.
    Das Gespräch wurde zwar abgebrochen, doch nur, um später wieder aufgenommen zu werden, ohne den Seemann oder den Ingenieur zu anderer Ansicht zu bringen.
    Gegen Ende Juni fiel der erste Schnee. Schon vorher hatte man die Viehhürde reichlich versorgt, so daß sie keine täglichen Besuche erforderte; dennoch beschloß man, dieselbe nie länger als

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