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Die geheimnißvolle Insel

Die geheimnißvolle Insel

Titel: Die geheimnißvolle Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Andere! …
    – Gewiß, fiel Gedeon Spilett ein, doch seine Zurückhaltung macht ihm alle Ehre, und verpflichtet uns, die Erinnerungen an seine traurige Vergangenheit nicht in ihm wach zu rufen.
    – Ganz einverstanden, Herr Spilett, antwortete der Seemann, und mich soll deshalb kein Vorwurf wieder treffen! Ich reiße mir lieber die Zunge aus, als Ayrton durch sie zu betrüben. Doch kommen wir auf die Frage zurück. Mir scheint, jenes Raubgesindel hat auf Mitleid keinerlei Anspruch, und wir sollten die Insel baldmöglichst davon säubern.
    – Das ist wirklich Ihre Ansicht, Pencroff? fragte der Ingenieur.
    – Ja, das ist sie.
    – Und bevor Sie Jenen ohne Erbarmen nachstellen, wollen Sie auch nicht abwarten, ob sie weitere Feindseligkeiten gegen uns begehen?
    – Genügt nicht, was sie schon gethan haben? versetzte Pencroff, der diese Unentschlossenheit gar nicht begriff.
    – Können Jene nicht zu anderen Anschauungen kommen? fuhr der Ingenieur fort. Könnten sie nicht bereuen …
    – Bereuen? Diese Burschen? rief der Seemann achselzuckend.
    – Pencroff, denk’ an Ayrton! sagte da Harbert, die Hand des Seemannes fassend. Er ist auch wieder ein rechtschaffener Mann geworden!«
    Pencroff sah seine Genossen Einen nach dem Anderen an. Nie hätte er geglaubt, daß sein Vorschlag dem leisesten Widerspruche begegnen könnte. Seiner rauheren Natur widerstrebte es, etwa gar mit Spitzbuben in Unterhandlung zu treten, die auf der Insel Fuß gefaßt hatten, mit den Complicen Bob Harvey’s, den Mördern der Besatzung des Speedy, und er betrachtete sie nur als wilde Thiere, die man schnell und ohne Gewissensangst abzuthun habe.
    »Sieh da! murrte er. Ich habe alle Welt gegen mich! Sie wollen gegen jene Schurken noch großmüthig sein? – Meinetwegen! Doch möchten wir es dereinst nicht zu bereuen haben!
    – Welche Gefahr droht uns, warf Harbert ein, wenn wir nur einigermaßen wachsam sind?
    – Hm! ließ sich der Reporter, der sich nicht auszusprechen schien, vernehmen. Es sind ihrer sechs wohlbewaffnete Männer. Wenn sie aus guten Verstecken auf uns feuern, könnten sie leicht zu Herren der Colonie werden.
    – Und warum haben sie es nicht schon gethan? erwiderte Harbert. Offenbar, weil es nicht in ihrem Interesse lag, so zu handeln. Im Uebrigen sind wir auch Sechs.
    – Schön, schön! antwortete Pencroff, den keine Vernunftgründe überzeugen konnten. Lassen wir die braven Leute ihre kleinen Geschäfte besorgen und denken nicht weiter an sie.
    – Aber, Pencroff, redete ihm Nab zu, stelle Dich doch nicht so böse! Jetzt sollte einmal Einer jener Elenden in bester Schußweite vor Dir stehen, ob Du wohl auf ihn …
    – Ich schösse auf ihn, wie auf einen tollen Hund, erwiderte unbedenklich Pencroff.
    – Pencroff, sagte da der Ingenieur, Sie haben auf mein Urtheil bisher immer einigen Werth gelegt. Wollen Sie das auch jetzt thun?
    – Ich thue, was Sie für recht halten, Herr Smith, antwortete der Seemann, ohne deshalb anderer Ansicht zu sein.
    – Nun gut, so werden wir warten, und nur angreifen, wenn man uns zu nahe tritt!«
    Trotz Pencroff’s übler Vorhersage wurde das also als Richtschnur für das Verhalten gegen die Piraten festgesetzt. Man wollte nicht zuerst angreifen, aber auf seiner Hut sein. Die Insel war ja groß und fruchtbar. Lebte noch ein Restchen von Ehrgefühl in ihrer Seele, so konnten jene Elenden wohl noch umkehren. Zwangen sie nicht die thatsächlichen Verhältnisse, ein neues Leben zu beginnen? Jedenfalls folgte man nur einem Gebote der Menschlichkeit, wenn man sie sich selbst überließ. Die unbeschränkte Freiheit, anstandlos zu streifen, wohin es ihnen beliebte, ging den Colonisten zwar zum Theil verloren. Bis dahin hatten sie sich nur vor reißenden Thieren zu schützen gehabt, jetzt machten noch sechs Verbrecher, vielleicht der schlimmsten Art, die Insel unsicher. Das war ernst und wäre von Anderen wohl dem Verluste aller Sicherheit gleich geachtet worden.
    Immerhin! Für jetzt befanden sich die Colonisten Pencroff gegenüber im Rechte, – ob auch für später? – Das wird sich noch zeigen.
Sechstes Capitel.
Die beabsichtigte Durchsuchung der Insel. – Ayrton bei der Viehhürde. – Besuch des Ballonhafens. – Pencroff’s Bemerkungen an Bord des Bonadventure. – Telegramm nach der Viehhürde. – Keine Antwort von Ayrton. – Aufbruch. – Warum die Leitung den Dienst versagt. – Eine Detonation.
    Am meisten beschäftigte die Colonisten jetzt die beschlossene eingehende Durchsuchung

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