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Die geheimnißvolle Insel

Die geheimnißvolle Insel

Titel: Die geheimnißvolle Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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umzuwandeln, d.h. es mit einer festen, aber porösen Substanz, wie Thon oder Zucker, zu vermischen, läßt sich die gefährliche Flüssigkeit auch mit mehr Sicherheit verwenden. Zur Zeit, als die Colonisten aber auf der Insel Lincoln thätig waren, kannte man den Dynamit noch nicht.
    »Und diese Flüssigkeit soll unsere Felsen sprengen? fragte Pencroff mit etwas ungläubiger Miene.
    – Ja wohl, mein Freund, antwortete der Ingenieur, auch wird dieses Nitro-Glycerin eine desto größere Wirkung haben, da der harte Granit ihm so beträchtlichen Widerstand entgegensetzt.
    – Wann werden wir das zu sehen bekommen, Mr. Cyrus?
    – Morgen, sobald wir ein Sprengloch gebohrt haben«, antwortete der Ingenieur.
    Am anderen Tage, am 21. Mai, begaben sich Alle nach einer Spitze, welche das östliche Ufer des Grants-Sees, nur etwa fünfhundert Schritte von der Küste, bildete. An dieser Stelle reichten die Felsen bis an das Wasser heran und bildeten gewissermaßen nur noch einen nicht allzu hohen Rahmen um dasselbe.
    Offenbar mußte das Wasser, wenn diese Einfassung gesprengt wurde, über die geneigte Oberfläche des Plateaus hinweg, und von letzterer auf den Strand hinunter stürzen. Wenn sich dann das Niveau des Sees erniedrigte, wurde die Mündung des Abflusses frei gelegt – was man ja zuletzt bezweckte.
    Jene Felseneinrahmung galt es also zu durchbrechen. Unter Leitung des Ingenieurs bearbeitete Pencroff mit einer Spitzhaue geschickt den harten Felsen. Das herzustellende Loch nahm seinen Anfang dicht über dem Niveau des Sees und verlief schräg nach unten, möglichst tief unter jenes. Wenn diese Sprengung gelang, mußte dem Wasser ein weiter Ausweg geschaffen werden und sein gewöhnlicher Stand hinreichend sinken
    Die Arbeit beanspruchte lange Zeit, denn der Ingenieur wollte, um eine ausgedehnte Wirkung zu erzielen, zwei Liter Nitro-Glycerin verwenden.
    Pencroff mühte sich aber, dann und wann von Nab abgelöst, so wacker ab, daß die Mine Nachmittags gegen vier Uhr fertig wurde.
    Jetzt handelte es sich nun noch um die Entzündung der Explosions-Substanz. Gewöhnlich erreicht man diese durch Zündsätze, obwohl auch schon ein Schlag hinreicht, dieselbe herbeizuführen.
    Die Herstellung eines Zündsatzes nun wäre dem Ingenieur wohl nicht allzu schwierig geworden. Eine Substanz, wie Schießbaumwolle, konnte er sich gewiß bereiten, welche durch eine Lunte in Brand gesetzt, die Explosion herbeigeführt hätte.
    Cyrus Smith sah davon ab, da es ihm einfacher erschien, die Eigenschaft des Nitro-Glycerins, durch einen Schlag zu explodiren, zu benutzen, und einen anderen Weg erst beim Mißlingen dieses Versuchs einzuschlagen.
    Wirklich genügte ja das Niederfallen eines Hammers auf einige Tropfen Nitro-Glycerin, die Explosion zu veranlassen. Wer sich aber dazu hergab, diesen Schlag zu führen, der mußte gleichzeitig der Explosion zum Opfer fallen. Cyrus Smith ergriff also den Ausweg, über der Mine ein mehrere Pfund schweres Eisenstück mittels Pflanzenfasern aufzuhängen. Ein anderer langer und geschwefelter Faden wurde in der Mitte des ersteren angeknüpft und lag einige Schritte weit von dem Bohrloche auf der Erde hin. Wurde diese zweite Lunte entzündet, so theilte sie nach einer gewissen Zeit das Feuer dem herabhängenden Faden aus Pflanzenfasern mit, welcher dadurch reißen und das Eisenstück auf den Sprengstoff niederfallen lassen mußte. Nun entfernte der Ingenieur seine Gefährten, füllte das Bohrloch bis zur Mündung mit Nitro-Glycerin und verschüttete absichtlich einige Tropfen auf das umgebende Gestein unter dem Eisen.
    Nachdem das geschehen, entzündete Cyrus Smith die geschwefelte Lunte und eilte mit seinen Genossen nach den Kaminen.
    Die Lunte mußte voraussichtlich fünfundzwanzig Minuten lang brennen, und wirklich krachte nach dieser Zeit ein Donnerschlag, der jeder Beschreibung spottet. Die Insel erzitterte in ihren Grundfesten. Eine wahre Garbe von Steinen wurde in die Luft geschleudert, wie bei einem Vulkanausbrüche. Die Lufterschütterung war eine so große, daß die Felsenstücken der Kamine fast in’s Schwanken kamen. Die Colonisten selbst wurden trotz der großen Entfernung, in der sie sich befanden, beinahe zu Boden geworfen.
    Sofort eilten sie nach dem Plateau und zu jener Stelle, an der das Seeufer durch die Explosion weggesprengt sein mußte
    Ein dreifaches Hurrah erschallte. Weithin war der Granitrahmen des Sees gebrochen, durch ihn wälzte sich, über das Plateau schäumend, ein reißender

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