Die geheimnißvolle Insel
nicht zustimmen, erwiderte Nab lachend, Dir ihren Winterüberzieher abzutreten, Pencroff, Du weißt doch, daß sie keine Gotteskäferchen sind.
– Dazu zwängen wir sie, Nab, ja, wir zwängen sie!« sagte Pencroff, als hinge das nur von seinem Befehle ab.
Jene furchtbaren Raubthiere existirten nun aber auf der Insel nicht, oder hatten sich doch noch nicht gezeigt.
Harbert, Pencroff und der Reporter beschäftigten sich inzwischen mit Aufstellung von Fallen auf dem Plateau der Freien Umschau und an dem Rande des Waldes. Nach der Anschauung des Seemanns war jedes Stück Wild, ob Nager oder Raubthier, das sich durch jene fing, im Granithause hoch willkommen.
Die übrigens möglichst einfachen Fallen bestanden nur aus ausgehobenen Gruben im Erdboden mit einer die Oeffnung verbergenden Decke aus Zweigen und Kräutern und einer Lockspeise im Grunde, deren Geruch die Thiere herbeiziehen sollte, – das war Alles. Dazu errichtete man diese Fallen jedoch nicht an ganz beliebigen Punkten, sondern da, wo zahlreichere Fährten das häufigere Vorbeikommen von Thieren verriethen.
Alle Tage wurden diese Fallgruben untersucht, und fand man während der ersten Tage dreimal einige von den Füchsen darin, die schon früher auf dem rechten Ufer der Mercy bemerkt worden waren.
»Zum Kuckuk! rief Pencroff, hier giebt’s aber auch weiter nichts als Füchse, als er zum dritten Male eines dieser Thiere aus der Grube zog, Burschen, die auch zu gar nichts gut sind.
– Und doch, sagte Gedeon Spilett, zu Etwas taugen sie doch!
– Und wozu?
– Zum Köder, um andere herbei zu locken!«
Der Reporter hatte Recht, und wurden in die Fallgruben von nun an todte Füchse als Lockspeise eingelegt.
Der Seemann hatte gleichzeitig aus langen Fasern Schlingen angefertigt, welche mehr Ausbeute lieferten als die Fallen.
Selten verging ein Tag, an dem sich nicht ein Kaninchen aus dem Gehege darin gefangen hätte. So gab es zwar immer Kaninchenbraten, Nab wußte diesen aber so verschieden zuzubereiten, daß seine Tischgäste keine Ursache hatten, sich zu beklagen.
In der zweiten Augustwoche singen sich in den Fallen jedoch ein oder zwei Mal auch andere und nutzbringendere Thiere, als die erwähnten Füchse, nämlich einige jener wilden Schweine, denen man im Norden des Sees begegnet war. Pencroff hatte es nicht nöthig, nach deren Eßbarkeit besonders zu fragen, da er diese an der Aehnlichkeit der Thiere mit den europäischen und amerikanischen Schweinen erkannte.
»Das sind aber gar keine Schweine, sagte Harbert, ich versichere es Dir, Pencroff.
– Mein Sohn, erwiderte der Seemann, als er sich über die Grube beugte und an dem kleinen, die Stelle des Schwanzes vertretenden Anhängsel eines dieser Thiere herauszog, laß mich bei dem Glauben, daß es Schweine sind.
– Und warum?
– Weil es mir Vergnügen macht!
– Du liebst also die Schweine sehr, Pencroff?
– Ich liebe die Schweine, antwortete der Seemann, vorzüglich um ihrer Füße willen, und wenn sie deren acht statt vier hätten, wäre ich ihnen noch einmal so gut!«
Die fraglichen Thiere waren Pecaris (Bisamschweine), gehörten zu einer der vier Arten der Familie, und zwar zu den sogenannten »Tajassus«, die man an ihrer dunkleren Farbe und dem Mangel an Hauerzähnen erkannte, welche alle ihre Verwandten haben. Diese Bisamschweine leben gewöhnlich in Gesellschaft und bevölkerten die Gehölze der Insel wahrscheinlich in großer Menge. Jedenfalls waren sie vom Kopf bis zu den Füßen eßbar, und mehr verlangte Pencroff nicht von ihnen.
Um die Mitte des August veränderte sich durch ein plötzliches Umschlagen des Windes nach Nordwesten die Atmosphäre auffällig. Die Temperatur stieg um mehrere Grade und die in der Luft aufgehäuften Dünste schlugen sich als Schnee nieder. Die ganze Insel bedeckte sich mit einer weißen Hülle und zeigte sich ihren Bewohnern in völlig neuer Gestalt. Der Schneefall währte einige Tage hindurch, und die Dicke der Lage erreichte wohl zwei Fuß.
Bald frischte der Wind sehr kräftig auf und hörte man von der Höhe des Granithauses das Rauschen des Meeres. Da und dort bildeten sich rasende Luftwirbel, und der zu hohen Säulen emporgedrehte Schnee ähnelte den Tromben auf der See, welche die Schiffer mit Kanonenkugeln zu zerstören suchen. Da der Sturm aus Nordwesten kam, traf er die Insel von rückwärts, und die Orientation des Granithauses schützte dasselbe vor seinem directen Angriffe. Mitten in diesem Schneewehen, das so furchtbar auftrat,
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