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Die geheimnisvollen Pergamente

Die geheimnisvollen Pergamente

Titel: Die geheimnisvollen Pergamente Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanns Kneifel
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kamen, wo ein Gässchen endete. Fünfzig Schritte hinter dieser Stelle führte die Mauer um eine Ecke des Grundstücks seines Vaters.
    Was tun diese Männer dort?, fragte er sich und ging weiter geradeaus. Niemand sah ihn, denn es herrschte große Dunkelheit, auch er konnte die Männer nur schemenhaft erkennen, wenn ein schwacher Schimmer Mondlicht auf die weißen Mauern fiel.
    Es waren sechs. Vier Männer trugen hölzerne Gestelle, auf denen dunkle Bündel lagen. Sie gingen schnell, fast rannten sie, an der längeren Gartenmauer entlang. Keiner trug eine Fackel oder ein anderes Licht. Mondlicht warf ihre undeutlichen Schatten an die Mauer.
    Suleiman hatte augenblicklich Mariams Zärtlichkeiten und den Klang ihrer Stimme vergessen. Was die Männer dort vor ihm trieben, war rätselhaft. Er folgte ihnen geduckt, wobei er bewusst den Schutz von Mauern, Felsen und Büschen suchte. Die Männer scheuchten einige Vögel auf, die aus den Büschen flatterten. Eine Katze oder ein Fuchs huschte in wilder Flucht davon.
    Dann waren die dunklen Gestalten am Taubenturm angelangt, wo die Mauer endete. Sie ließen die Holzgestelle fallen, die wie halb zerbrochene Leitern aussahen, und begannen, den Boden aufzuwühlen, sie scharrten Erde zur Seite und hoben Steine und Felsbrocken auf. Suleiman hielt sich im Dunkeln und beobachtete das seltsame Treiben reglos. Nach einiger Zeit erkannte er, dass die beiden Bündel, die die Männer mitgebracht hatten, offenbar menschliche Körper beinhalteten und dass die Gestalten hier in aller Hast zwei Gräber auszuheben schienen.
    Wer sind die beiden Toten, und warum werden sie ausgerechnet an der Mauer von Vaters Garten begraben?, fragte er sich. Suleiman hielt den Atem an und sah zu, wie die Körper in die Gräber gelegt und mit Erde und Steinen bedeckt wurden. Die Leitern ließen die Totengräber liegen, als sie sich aufrichteten und versammelten. Dann vernahm Suleiman eine Stimme, die er sofort erkannte.
    Abdullah ibn Aziz, der oberste Wächter der Schwertschmiede und des Hauses!
    »Geht in eure Häuser und schlaft. Ihr wisst von nichts. Die Toten kennt keiner von uns. Ich gehe zu Abu Lahab und werde versuchen, seinen Zorn zu lindern. Los! Zerstreut euch!«
    Kein Zweifel, es war Abdullah, der da gesprochen hatte.
    Die Männer liefen den Weg zurück, den sie gekommen waren. Abdullah folgte ihnen langsam bis zum Tor in der Gartenmauer. Suleiman sah, wie der Alte Abdullah einließ. Das Tor blieb geöffnet, Suleiman lief dorthin und schlüpfte in den Garten. Dann lief er durch das taufeuchte Gras und duckte sich hinter den gestutzten Büschen. Er sah, wie sich Abdullah an den Brunnen setzte und wie kurz darauf sein Vater im langen, weißen Schlafmantel, ein Öl-licht in der Hand, in den Garten kam und zu ihm trat.
    Abdullah und Abu Lahab sprachen leise miteinander. Suleiman verstand nur wenige Worte. Aber es waren genug, um zu verstehen, dass es um das Haus ging, in dem die Ungläubigen lebten. Seine neuen Freunde!
    Er wartete, bis Abdullah ging und sein Vater in den Harem zurückgekehrt war. Dann schlich er in sein Zimmer, entzündete eine Kerze und setzte sich auf sein Lager.
    Was hatten die beiden Toten getan? Warum waren sie gestorben? Waren sie getötet worden? Und welche Rolle spielte sein Vater in diesem undurchsichtigen Treiben? Erst am Morgen konnte er einschlafen. Seine letzten Gedanken galten Henri, Joshua, Sean und Uthman.
     
    Das Blut war mit heißem Wasser, Salz und Sand aufgewischt worden. Der Oberste Stadtwächter hatte zwei Wachen geschickt, die sich geduldig anhörten, was Uthman ihnen berichtete. Unter vielen Beteuerungen, das Vorgefallene außerordentlich zu bedauern und alles zu tun, damit sich ein solcher nächtlicher Überfall nicht wiederholte, waren sie schließlich wieder gegangen. Mara und Joshua taten so, als hätten sie ihren Schrecken bereits überwunden, aber die feuchten Dielen und Stufen und der frische Geruch, den Mauerwerk und Holz nach der Säuberung verströmten, erinnerten sie an den nächtlichen Kampf.
    »Es wird wie immer sein«, sagte Joshua bedrückt und begann, seine Gebetsriemen umzulegen. »Niemand wird sich um die Ungläubigen kümmern. Wir sind zu unwichtig, als dass unser Schicksal irgendjemandes Mitleid erregen würde.«
    »Wenn Suleiman zu uns stößt«, wandte Sean ein und wunderte sich, dass der junge Araber sich noch nicht hatte blicken lassen, »haben wir zwei wichtige Vertraute in der Stadt. Dich, Uthman, und Suleiman.«
    »Und vielleicht

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