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Die Gehorsame

Die Gehorsame

Titel: Die Gehorsame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Molly Weatherfield
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jetzt. »An dem Abend, an dem wir uns auf dieser albernen Party begegnet sind, hast du dir doch sicher vorgestellt, ich würde dich mit nach Hause nehmen und dir dieses Gefühl geben, oder nicht?«
    »Ja, Jonathan, das stimmt«, gab ich leise zu. Es war genauso demütigend wie alles andere, was er mit mir gemacht hatte.
    »Nun, warum auch nicht?«, sagte er. »Du hast es ja verdient. Eines Tages wirst du vielleicht jemanden finden, der genauso attraktiv ist wie du, und ihr beide werdet jede Nacht die Laken brennen lassen, während du deinen Doktor machst, Bücher schreibst und Babys bekommst.
    Das ist jedoch nicht das«, fuhr er fort, »was ich will, und es scheint auch nicht das zu sein, was du willst, jedenfalls im Moment nicht. Deshalb machen wir … nun, du weißt ja, was wir machen. Ich habe mich all die Monate zurückgehalten, so mit dir zu schlafen, weil du es missverstanden hättest, wenn es früher stattgefunden hätte. Und ich bin mir nicht sicher, ob du es jetzt vollständig verstehst. Ich wollte nicht, dass du erwartest, dich so zu fühlen, oder es für eine Belohnung hältst. Erwarte nichts. Stell dir nichts vor. Ich tue es, wenn mir danach ist, und du wirst nicht vorhersehen können, wann es geschieht. Und versuche nicht, mich mit irgendwelchen Tricks dazu zu bringen. Ich werde dich strengstens bestrafen, wenn ich glaube, dass du das beabsichtigst. Verstanden?«
    »Ja, Jonathan«, murmelte ich kläglich.
    »Ja, ich glaube, du hast es verstanden«, sagte er und zog den Reißverschluss seiner Hose auf. »Nun, jetzt bin ich an der Reihe«, fuhr er fort. »Mach deinen Mund auf.«
    Und danach schickte er mich einfach nach Hause und meinte, für heute sei es genug. Als ich mich anzog, fiel mir ein altes Musical, Carousel , ein, das auf meiner Highschool aufgeführt worden war. Songs wie »My Boy Bill« und »You’ll Never Walk Alone«. Wir grinsten damals über diesen Kitsch, aber insgeheim liebte ich es: Damals weinte ich bei dem Gedanken, vielleicht nie zu erfahren, dass mich jemand liebte. Und beim Einschlafen stellte ich mir einen Klaps vor, der sich wie ein Kuss anfühlte. Es fiel mir immer noch schwer, mir so etwas vorzustellen. Aber ich konnte mich darauf verlassen, dass Jonathan mir Küsse beibrachte, die sich wie Schläge anfühlten.
    Und dann war das Ende meiner Ausbildungszeit gekommen. In gewisser Weise war dies die goldene Lektion am Ende des Regenbogens gewesen. Ganz gleich, was zwischen uns passierte, es war alles eine Konsequenz seines Machtmonopols. Er hatte es mir an jenem Winternachmittag bewiesen, wie die Bombe in Alamogordo Einsteins Physik bewiesen hatte. Nicht dass ich es vorher geleugnet hätte, aber jetzt wusste ich mit absoluter Sicherheit, dass ich bei ihm keine Vermutungen anstellen durfte. In gewisser Weise war es eine Erleichterung, ein Loslassen, und ich entspannte mich dabei, als ob ich anfinge, in einer fremden Sprache zu träumen – eine Sprache der Schläge und Erniedrigungen, voller seltener, extravaganter Lust, Rituale und Formalitäten. Es war eine komplizierte Sprache, obwohl sie nur auf einer einzigen syntaktischen Struktur beruhte, einer einzigen Regel, der Regel, dass er sagte: »Ich will.«
    Und – das kann ich Ihnen hier gestehen – ich liebte es, ihn sagen zu hören: »Ich will.« Ich meditierte darüber. Ich hörte es wie ein Mantra, und es machte mich an, daran zu denken, wie privilegiert er war. Einmal, während meiner letzten Wochen auf dem College, musste ich auf die Toilette gehen, um zu masturbieren, nur weil ich daran denken musste, wie exquisit unfair alles war. Nun, ich hatte auch theoretische Schriften gelesen, die im Gegensatz zu meiner Situation zu stehen schienen. In diesem Semester schien alles nur um Sex zu gehen – jeder Text im Lehrstoff war eine erotische, sadomasochistische Version irgendeines anderen Textes. Intellektuell war ich damit nicht ganz einverstanden; es musste doch mehr im Leben geben als Sex und Macht, dachte ich, auch wenn es in meinem Leben im Moment nichts anderes gab. Aber da ich nicht in der Lage war, mich auf etwas anderes zu konzentrieren, hatte ich wohl Glück. Man könnte sagen, dass Jonathan mich durch das letzte Semester gebracht hat.
    Oberflächlich gesehen änderte sich mein Leben auf dem College überhaupt nicht. Ich schrieb meine Arbeiten, ich war mit Freunden zusammen, von denen einige wussten, dass ich eine mysteriöse Beziehung mit einem Typen in der Stadt hatte. Sie akzeptierten die Tatsache, dass ich ihnen

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