Die Geisel
nicht verdammt sicher bin, dass jeder der ist, der zu sein er behauptet.«
»Ich kann die Schichtführer herbeordern«, bot Romero an. »Ich kann die Personalabteilung mobilisieren.« Er nickte zu Iris hinüber. »Meine Assistentin Ms. Cruz und ich kennen die meisten vom Personal. Wir könnten …«
»Lassen Sie nur«, unterbrach ihn der Colonel. »Wir können die Identifizierung auch von der anderen Seite des Zauns aus vornehmen. Sobald wir sicher sind, wen wir vor uns haben, können wir sie rausholen und sie nach Hause zu ihren Familien schicken.«
Er wandte sich wieder Dallin Asuega zu. Das Fernsehbild war zu den Wasserstrahlen zurückgekehrt, die auf die glühenden Überreste des Verwaltungsgebäudes gerichtet waren. Das Bild schien dem Gedächtnis des Colonels auf die Sprünge zu helfen.
»Mr. …« Er zögerte wieder. Diesmal mit einem Glitzern in den Augen.
»Asuega.«
»Mr. Asuega. Ich habe Ihre Behauptung an den Einsatzleiter der Feuerwehr weitergeleitet.«
»Welche Behauptung?«
»Die Behauptung, meine Männer müssten irgendwie für die Zerstörung Ihres Gebäudes verantwortlich sein.«
»Und?«
»Und er wünscht, dass ich Sie davon in Kenntnis setze, dass das Gebäude durch eine Erdgasexplosion zerstört wurde, in Verbindung mit einer signifikanten Menge eines noch nicht näher bestimmten Brandbeschleunigers, höchstwahrscheinlich Dieseltreibstoff.«
Asuega klappte den Mund auf, um etwas zu sagen, doch der Colonel kam ihm zuvor: »Ich glaube, seine genauen Worte waren ›Hektoliter‹.« Er legte eine effektvolle Pause ein. »Er sagt, Sie sollten ihn in seinem Büro anrufen, wenn Sie noch Fragen haben.«
Was immer Asuega noch hatte sagen wollen, er behielt es für sich.
17
Bis auf die Knochen taub vor Kälte, kaum in der Lage, die Finger zu bewegen, lehnte Corso an der Vorderseite des Tanks und hielt die Augen geschlossen, damit er die hin und her schwappenden Dieselwellen nicht sehen musste.
Sie schienen schon seit Stunden hier eingesperrt zu sein, als der Laster zum vierten Mal anhielt. Dann fuhr er wieder los, rollte eine Weile und hielt wieder. Zehn Sekunden später erstarb der Motor, und alles wurde still.
Driver schaltete seine Taschenlampe an. Bedeutete ihnen, ruhig zu bleiben. Sie warteten. Tage schienen zu vergehen, bis Driver endlich zur Luke kroch, mit einer behandschuhten Hand nach oben griff, sie vorsichtig aufklappte und dabei aufpasste, dass sie nicht aufs Dach knallte. Der violette Schein von Straßenlampen spiegelte sich in dem schwappenden Treibstoffteich, als Driver sich erst mit einer, dann mit der anderen Schulter in die Nachtluft hinauswand. Das Tröpfeln des Diesels hallte durch den Tank, als er sich ganz hochstemmte und nach draußen verschwand.
Unfähig, sich aufzurichten, kroch Corso auf Händen und Knien zur Luke. Als er sie erreicht hatte, war auch Kehoe dort und versuchte, ihn abzudrängen. Mit letzter Kraft schüttelte Corso Kehoes grapschende Hände ab und stand auf. Eine Schulter bekam er aus eigener Kraft hinaus. Driver zog ihn ganz nach draußen.
Sie parkten auf einem eingezäunten Parkplatz. Ein Dutzend Quecksilberdampflampen tauchte das Gelände in künstliches Licht. Vierzig Meter entfernt blinkte ein rotes Neonschild mit der Aufschrift BÜRO aus dem Fenster einer baufälligen Baracke in die Nacht. Auf dem Dach stand in plumpen, zwei Meter großen Druckbuchstaben DESERT DISTRIBUTING. Der erratische Schein eines Fernsehers erleuchtete das Innere des Häuschens.
Der Diesel hatte Corso glatt und glitschig gemacht. Er musste sich flach auf den Bauch legen und sich mit beiden Händen anklammern, um nicht an einer Seite herunterzurutschen. Er beobachtete, wie Kehoe mühselig dem Bauch des Ungeheuers entstieg.
Wieder warteten sie. Wieder schienen Stunden zu verstreichen, ehe Driver sich vergewissert hatte, dass sie nicht gesehen worden waren, und begann, auf Händen und Knien auf dem Tank entlangzukriechen. Langsam schob er sich auf das Heck zu, überwand die Lücke zwischen den Tankanhängern und erreichte schließlich die Edelstahlleiter, die hinten an dem letzten Tank angebracht war. Nicht mehr als dreißig Zentimeter trennte ihre Plastiksichtfenster voneinander, als Corso auf dem Bauch liegend zusah, wie Driver sich umdrehte und hinunterstieg.
Dann kletterten Corso und als Letzter Kehoe hinunter, bis schließlich alle drei am Heck des Tanklastzuges standen. Sie brauchten gute fünf Minuten, um sich gegenseitig aus den Schutzanzügen zu schälen. Trotz
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