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Die Geisel

Die Geisel

Titel: Die Geisel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G. M. Ford
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ihrer Bemühungen hatten ein paar Tropfen Diesel hier und da ihren Weg in Ärmel und Kragen gefunden.
    Driver sammelte die Ausrüstung ein und drückte sie mit einer Hand gegen seine Brust. Er deutete mit dem Kopf auf das flackernde Licht, das aus dem Büro drang. »Guck mal nach, wer da drin ist«, sagte er zu Kehoe. »Finde raus, was er für einen Wagen fährt. Wär gut, wenn wir die Schlüssel hätten.«
    Kehoe steckte eine Hand in die Tasche und verschwand in der Dunkelheit neben dem Laster. »Verschränken Sie mal die Finger«, sagte Driver. »Heben Sie mich hoch.«
    Corso tat, wie ihm geheißen. »Dieser Irre wird alle umbringen, die da drin sind«, flüsterte er durch zusammengebissene Zähne.
    Driver stellte einen Fuß in Corsos verschränkte Hände. »Dann fühlt er sich besser«, erklärte er mit einem Ächzen. »Fühlt sich überlegen.« Driver wand sich. »Höher.«
    Corso legte seine ganze Hilflosigkeit in die Bewegung und hievte Driver hoch genug, damit dieser einen Fuß auf seine Schulter setzen konnte. Driver brauchte eine halbe Minute, um die Anzüge wieder durch die Luke in den Tank zu stopfen und abzuspringen. Wie auf ein Stichwort drang ein schriller Schrei aus der Baracke, eine Sekunde später ein leises, gurgelndes Stöhnen, kläglich und resigniert, ein Geräusch, das ein Mensch nur ein Mal im Leben von sich gibt.
    Corso spürte, wie sich seine Kehle zusammenzog. »Ich will damit nichts zu tun haben«, sagte er mit einer scharfen Handbewegung. »Ich bin fertig. Ich steige aus.«
    Driver legte einen Arm um Corsos Schultern. Eine beinahe brüderliche Geste, bis Corso die schwarze Automatik in Drivers Hand bemerkte. Sanft strich er mit der Mündung über Corsos Wange. »Ich glaube, Sie bleiben lieber noch ein Weilchen, Frank«, seufzte Driver. »Wir haben ein paar Tage Vorsprung. Ich hab noch was zu erledigen und fände es wirklich unangenehm, wenn mir dabei irgendwas in die Quere käme.« Corso öffnete den Mund, um etwas zu erwidern, doch Driver fiel ihm ins Wort. »Ich weiß, ich weiß«, sagte er. »Sie halten die Füße still, bis die rausgefunden haben, dass wir weg sind.« Wieder liebkoste der Lauf Corsos Wange und rieb sich an ihr. »Ich vertraue Ihnen, Frank. Wirklich. Wenn Sie mir sagen, dass Sie uns nicht verpfeifen, dann glaube ich Ihnen.« Wieder nickte er zum Büro hinüber. »… aber mein Freund Kehoe, der ist ein ziemlich misstrauischer Typ, und ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass es ihm gefallen würde, ein Risiko wie Sie da draußen herumfliegen zu haben, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
    Corso wand sich unter Drivers Arm heraus. »Der Kerl ist ein eiskalter Killer, Mann. Der bläst Menschenleben aus, wie andere ihre Socken wechseln.«
    Driver nickte zustimmend. »So ein Gefängnisausbruch bringt einen schon mit seltsamen Leuten zusammen«, sagte er. Abermals streckte er die Hand nach Corso aus, doch der wich ihm aus.
    »Der Mann, den ich kannte, der stand nicht herum und hat irgendeinen Wahnsinnigen für sich morden lassen«, sagte Corso. »Der Mann, über den ich ein Buch geschrieben habe, hatte Ehre im Leib, Stolz. Das war ein guter Mensch, der in eine üble Lage geraten war. Er …«
    Der Lauf der Automatik wurde hart gegen seinen Unterkiefer gerammt und erstickte die Worte in seinem Mund. Driver schob die Nase ganz dicht an Corsos Gesicht. »Dieser Mann hat die Spiegelbilder gesehen«, flüsterte Driver. »Hat die Lichtreflexe gesehen.« Irgendetwas in seinen eigenen Worten schien ihn zu beruhigen. »Du lebst vierundzwanzig Stunden am Tag vor einer Kamera, sieben Tage die Woche. Siehst keine Menschenseele. Redest mit keiner Menschenseele. Aber du wirst beobachtet, wenn du dir die Zähne putzt, wenn du kacken gehst …« Drivers Atem war flach geworden. In seinen Augen lag ein Schimmer, den Corso noch nie gesehen hatte. »Entweder du siehst die Konvergenz, oder du krepierst da auf den Fliesen.«
    »Die Konvergenz?«
    »Ich erwarte nicht, dass Sie das verstehen.«
    »Sieht Cutter die Konvergenz?«
    »Das Einzige, was Kehoe und ich gemeinsam haben, ist die Tatsache, dass keiner von uns wieder lebend in den Bau geht.«
    Das Geräusch sich nähernder Schritte unterbrach ihn. Kurz darauf trat Kehoe um die Ecke. »Hab uns einen Pick-up besorgt, mit Camper und allem«, verkündete er. »Hab hinter mir aufgeräumt. Hab den Opa, dem das Ding gehört hat, hinten reingelegt. So guckt wenigstens nich' gleich einer nach der Karre.«
    Kehoe richtete seine Tieraugen auf Corso.

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