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Die Geisel

Die Geisel

Titel: Die Geisel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G. M. Ford
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Gähnen zu verbergen. Unmittelbar danach knackten ihre Ohren, was sie auf die Frage brachte, wie lange sie wohl verstopft gewesen waren und ob sie deshalb vielleicht irgendetwas Wichtiges verpasst hatte.
    Marty Wells fuhr sich mit einer Hand durch sein lichter werdendes Haar, während er mit der anderen Melanies Schulter tätschelte. »Sieht aus, als wäre die Party vorbei.«
    Wie immer war Marty der Meister des Offensichtlichen. Das Gefängnisgelände war so gut wie ausgestorben. Nur die Feuerwehrleute waren noch da, sie bewachten den qualmenden Schutthaufen, der einst als Louis-Carver-Verwaltungsgebäude firmiert hatte.
    Die ehedem nackten Sträflinge waren in grellorangefarbene Overalls gesteckt und in ihre Zellen zurückverfrachtet worden. Ein paar von ihnen mit Tritten und unter gebrüllten Befehlen, die meisten jedoch aus eigenem Antrieb, eskortiert von jeweils zwei bulligen Officers der Arizona State Patrol.
    Die Geiseln waren zunächst von den etwa achtzehn Sträflingen getrennt worden, die sich heimlich unter sie gemischt hatten. Danach war eine übereinstimmende Bestätigung seitens Vorgesetzter, Arbeitskollegen und Angehöriger als Voraussetzung für ihre Freilassung verlangt worden. Wenig später stiegen die Geräusche tränenreicher Wiedersehen in die frühmorgendliche Atmosphäre auf.
    Die mediale Gerüchteküche berichtete, dass sich die Verluste unter den Gefangenen auf gut hundert und bei der Nationalgarde auf null beliefen, doch bis jetzt waren noch keine offiziellen Zahlen bekannt gegeben worden, und daran würde sich vermutlich auch noch bis zum späten Nachmittag nichts ändern.
    »Ich fahr dann mal ins Motel«, erklärte Marty. »Hier tut sich nichts mehr.«
    »Ist auch schon 'ne ganze Weile her, dass ich durchgemacht habe«, meinte Melanie.
    »Wir haben ein paar tolle Aufnahmen.«
    »Nichts, was die anderen nicht auch hätten.«
    »Hast du das andere schon vergessen?«
    Ein Schauder durchlief sie.
    »Hab ich's dir noch nicht gesagt?«
    »Was denn?«
    »Der Sender will nicht bis Dienstagabend warten. Sie senden es heute Abend, als Spezialausgabe.«
    Sie sah blass und abgehärmt aus. Er nahm sich vor, mit den Leuten von Maske und Garderobe zu sprechen, und dann tat er, was er immer in Situationen wie dieser tat: Er versuchte, sie aufzumuntern. Sie sah es kommen und wandte den Blick ab.
    »Wir haben noch neues Material in Aussicht«, verkündete er.
    »Ach ja?«
    »Aus derselben Quelle wie das andere.«
    »Ein bisschen weniger morbide, hoffe ich.«
    »Alles, was sie über diesen Driver haben.«
    Sie unterdrückte ein weiteres Gähnen. »Wenn ich mich jetzt nicht ein Weilchen aufs Ohr lege, sehe ich morgen aus wie Frankensteins Braut.«
    Er widersprach ihr wortreich. »Bis später«, verabschiedete er sich.
    Sie blieb im morgendlichen Licht stehen und schaute ihm nach. Fragte sich, wie er es schaffte, seinen Optimismus nicht zu verlieren. Wie er es schaffte, sich nicht unterkriegen zu lassen.
    Als sich keine Erleuchtung einstellte, packte sie den Türgriff und stieg in ihren Trailer.

19
    Sechs Minuten vor neun an einem strahlend frischen Morgen in der Wüste. Sie parkten vor einer Autowaschanlage, schräg gegenüber von Crosshairs Waffen und Munition. ›Die beste Indoor-Schießanlage im Großraum Phoenix‹, behauptete das Schild.
    Driver besprühte die Windschutzscheibe mit dem Hochdruckreiniger, während sie darauf warteten, dass Kehoe zurückkehrte, der die Lage auskundschaften sollte.
    »Nur dass wir uns richtig verstehen, Frank. Wenn Sie irgendwas tun, um das hier zu versauen, dann verpass ich Ihnen 'ne Kugel ins Kreuz«, drohte Driver.
    »Ich will nichts damit zu tun haben«, beharrte Corso.
    »Versauen Sie's nicht.«
    »Jetzt kommen Sie schon, Mann.«
    »Haben Sie mich verstanden?«
    Corso arbeitete gerade an einer weiteren Bitte, als Kehoe über die Straße gelaufen kam. »Es sind zwei«, verkündete er. »Sind zusammen gekommen. Haben hinten am Lieferanteneingang geparkt. Beide bewaffnet.«
    »Wahrscheinlich kümmert sich der eine um den Schießstand und der andere arbeitet vorne im Laden«, vermutete Driver.
    »Die Hütte ist bis unters Dach voll Alarmanlagen«, fuhr Kehoe fort, »'ne ganze Menge dicker Dinger an der Außenseite. Wahrscheinlich zusätzlich noch 'n stummer Alarm.«
    »Also müssen wir's schnell und dreckig erledigen«, meinte Driver. »Rein und wieder raus in maximal drei oder vier Minuten.«
    »Und keinen übrig lassen, der die Knöpfchen drücken kann«, setzte Kehoe

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