Die Geisel
Auge für einen guten Abgang.«
»Ja, Sir.«
»Und nicht viel, wofür es sich lohnen würde zurückzukommen.«
»Mit siebzig Riesen kommt man in Guadalajara weit.«
»Besonders nachdem Asuega und Romero heute Vormittag gefeuert worden sind«, ergänzte Rosen.
»Es kommt noch schlimmer, Sir.«
»Was soll denn schlimmer sein als das?«
Sie lächelte ihn schief an. »Romero weiß es noch nicht, aber er bekommt heute Morgen die Scheidungspapiere geschickt. Sieht so aus, als hätte die verschmähte Ms. Cruz seiner Frau vor der Abreise noch einen Brief zukommen lassen. Unseren Informationen nach war Ms. Cruz so geistesgegenwärtig, auch noch ein paar aussagekräftige Fotos beizulegen.«
Rosen blies über seinen Kaffee. »Sie haben recht, Agent Westerman. Das ist schlimmer. Lassen Sie sich das von einem Mann sagen, dem das Gleiche passiert ist. Was noch?«
Westerman holte tief Luft. »Wir haben unser Rätsel, Sir. Die Briefe kommen aus dem Postamt von Prineville, Oregon. Wir haben einen Angestellten, der sich daran erinnert, die Briefe gesehen zu haben, und die Poststempelmaschine passt. Quantico hat die DNA auf den Briefmarken untersucht und mit Drivers Blutproben aus dem Gefängnis verglichen. Es muss entweder eine Mutter, ein Vater oder Bruder oder eine Schwester sein. Und da der Vater tot ist und er ein Einzelkind ist …«
Rosens Blick war gesenkt, seine Nase steckte im Kaffeebecher.
»Bleibt nur die Mutter übrig. Sie ist es. Fünfhundert Millionen zu eins, sagt Quantico. Kein Zweifel.«
»Also?«, sagte er wieder.
»Also muss sie jemanden in Prineville haben, der die Briefe für sie zur Post bringt.«
»Was sagt uns das?«
»Das sagt mir, dass wir woanders suchen müssen, wenn wir herausfinden wollen, wo Driver hinwill.«
Ein paar weitere Schlucke Kaffee brachten Rosen auf einen Gedanken. »Wie lange kommen die Briefe schon aus Pineville?«
»Prineville«, korrigierte sie. »Moment.« Sie kramte in ihrer Aktentasche und zog ein Bündel Papiere heraus, die sie mit Daumen und Zeigefinger von hinten nach vorn durchblätterte. »Seit '97«, sagte sie schließlich. »Davor war sie so etwas wie ein Groupie. Hawaii, San Diego, Bangor, Washington, Bremerton, Washington, Long Beach, Kalifornien. Wo immer ihr Sohn stationiert wurde, da ist sie hingezogen.«
»Das nenne ich Hingabe.«
Westerman hob zustimmend die Augenbrauen. »Wahrscheinlich.«
»Fast schon beängstigend.«
Als Westerman nicht zustimmte, sprach Rosen die entscheidende Frage aus. »Wieso braucht eine alte Frau wie seine Mutter einen blinden Briefkasten?« Er hörte sich fast an, als spräche er mit sich selbst. »Ich meine, es ist ja nicht so, als wäre das schwer zu organisieren. Wir machen das ja ständig für Zeugen oder Undercoveragenten oder so etwas. Aber warum braucht eine Mutter einen?«
»Keine Ahnung«, gestand Westerman.
»Und wer hat ihr gezeigt, wie man das macht?«
Da sie nur sehr ungern zugab, dass sie keine Ahnung hatte, schwieg Westerman.
»Scheiße«, knurrte Rosen und stellte den Kaffeebecher so hart auf dem Tisch ab, dass der Kaffee überschwappte. »Wann hat Corso das Buch über Driver geschrieben?«
Westerman zog eine andere Mappe aus ihrer Aktentasche. Dann noch eine und eine dritte.
»'97«, sagte sie. Sie sah Rosen an, der den verschütteten Kaffee mit Papierservietten aufwischte. »Denken Sie etwa …«
»Finden Sie Mr. Corso«, sagte er. »Nehmen Sie ihn nicht in Gewahrsam oder so etwas. Finden Sie ihn einfach nur. Ich wette Donuts gegen Dollars, dass Corso …«
Er kam nicht dazu, den Satz zu beenden. Sein Pager ging los. Er zog ihn vom Gürtel, starrte auf die Textnachricht und holte dann sein Mobiltelefon aus der Innentasche seiner Jacke.
»Rosen hier«, sagte er, nachdem er die Kurzwahltaste gedrückt hatte. Gut zwei Minuten hörte er zu, sagte dann: »Sind Sie sicher?«, und hörte noch einmal zu, bevor er auflegte.
»Wir haben zwei Todesfälle im Süden von Utah. Zwei Officers von der Nevada State Police, die diese beiden Teenager aus Texas transportieren sollten …«
»Gibbs und Spearbeck?«
»Ja. Beide Cops sind auf einem Rastplatz in Utah erschossen worden. Gibbs und Spearbeck sind verschwunden.«
Als wäre das noch nicht schlimm genug, merkte sie, dass noch mehr kommen würde.
»Und?«
»Und Kehoes Fingerabdrücke sind am Waschbecken und an der WC-Spülung in der Herrentoilette gefunden worden.«
Westermann blieb der Mund offen stehen. Es war ihr egal. »Sind die
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