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Die Geisel

Die Geisel

Titel: Die Geisel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G. M. Ford
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empört.«
    »Was sagt der Sender dazu?«
    »Nach vorne hin distanzieren sie sich von uns. Hinter verschlossenen Türen freuen sie sich diebisch über die Quoten.«
    »Zumindest sind sie berechenbar.«
    »Ich habe heute Abend um sechs eine Budgetbesprechung mit Larry«, sagte Marty. »Kannst du den Trailer nach Hause bringen?«
    »Es ist ein Wohnmobil, Marty – ein Wohnmobil.«
    »Kannst du es nach Hause bringen? Ich könnte jemanden vorbeischicken …«
    »Ich hab es bis hierhergekriegt«, unterbrach sie ihn, »ich krieg es auch wieder zurück auf seinen Parkplatz.«
    »Okay, dann spring ich mal schnell unter die Dusche und mach mich auf den Weg nach Hause. Wenn du irgendwas brauchst, klingel kurz durch.« Er zeigte auf Melanie. »Weißt du was, Liebling, du bist heute Morgen irgendwie so zart errötet …«
    »Halt den Mund, Marty«, sagte sie. »Geh duschen.«
    Martin Wells lachte, verabschiedete sich und verschwand.
    »Wie wär's mit Frühstück?«, fragte Corso. »Das Café gegenüber muss inzwischen offen sein.«
    Melanie setzte sich auf und betrachtete sich im Spiegel. Sie machte ein angewidertes Gesicht. »Solange es dir nichts ausmacht, ungefähr noch eine Stunde zu warten.«
    »Wie wär's, wenn ich rübergehe und was hole?«
    Sie warf ihm einen verführerischen Blick zu. »Und solchermaßen gestärkt … Meinst du, wir könnten …?«
    »Das meine ich«, erwiderte er. »Was willst du?«
    »Zum Frühstück?«
    »Lass uns mal damit anfangen.«
    Sie sagte es ihm.
    Er fand seine Schuhe und seine Jacke, steckte die Zimmerschlüssel ein und ging hinaus.
    Das Timberman's Café lag vierhundert Meter hangabwärts auf der anderen Seite des Highways. Die Uhr über dem Tresen zeigte acht, als er sich auf den Barhocker setzte.
    »Bin gleich bei Ihnen«, rief jemand aus der Küche.
    Corso schaute sich um. Ein ganz normales, ländliches Café. Ein halbes Dutzend Tische mit grell gemusterten Tischdecken, zehn Barhocker am Tresen, Toiletten am anderen Ende, ein niedliches kleines Schild auf dem Rücken der Registrierkasse: DIE PREISE WERDEN HIER GEBOREN UND WOANDERS GROSSGEZOGEN.
    Ein Mann Anfang sechzig schob sich mit der Schulter voran durch die doppelflügelige Schwingtür. Er war blass und ebenso dünn wie der Zahnstocher, der ihm aus dem Mundwinkel hing. »Was kann ich für Sie tun?«, wollte er wissen.
    Corso sagte es ihm. Er schrieb es auf.
    »Wird 'n bisschen länger dauern als normal«, brummelte der Mann. »Meine Wochenendbedienung hat sich mit Grippe krankgemeldet.« Angewidert verzog er das Gesicht. »Muss irgendwas mit Freitagabend zu tun haben.«
    »Bekomme ich hier irgendwo eine Zeitung?«, fragte Corso.
    »Nicht um diese Jahreszeit«, rief der Mann aus der Küche.
    Corso verbrachte die folgenden fünf Minuten damit, über die Freuden der Frauen nachzudenken. Darüber, dass ihn seine Hand heute Nacht überhaupt nicht gestört hatte. Dass er gern von sich selbst als denkendem, professionellem Menschen dachte, der die Dinge organisiert anging – und wie das alles über Bord ging, sobald er vor einer nackten Frau stand. Wie zahllose Generationen an sozialen und religiösen Ermahnungen im Handumdrehen auf der Strecke blieben, sobald, all diese Jahrhunderte später, das tief verwurzelte Bedürfnis, seine Gene über den Wassern zu verteilen, im Blut verrücktspielte und ihn zu nicht viel mehr als einer aufgehübschten und rasierten Version seiner wilden Vorfahren machte.
    Er hatte es bis zu einem Lächeln geschafft, als die kleine Klingel über der Tür ertönte. Bevor er sich umdrehen und die neuen Gäste in Augenschein nehmen konnte, riss eine vertraute Stimme ihn ins Hier und Jetzt zurück.
    »Sie sind ziemlich weit weg vom Phoenician, Mr. Corso. Vielleicht wäre es für alle Beteiligten besser gewesen, wenn Sie dort geblieben wären.«
    Obwohl Corso die Stimme erkannte, schielte er trotzdem über eine Schulter, um ganz sicherzugehen. Special Agent Rosen, mit Westerman im Schlepptau, beide so aus dem Ei gepellt und faltenfrei, wie es nur ging. Corso wandte sich wieder ab und konzentrierte sich stattdessen auf die vielversprechenden Düfte von toastendem Brot und ausgelassenem Speck.
    Sie nahmen die Barhocker neben ihm. »Vielleicht wäre es auch besser gewesen, wenn Sie ehrlich zu uns gewesen wären«, sagte Rosen.
    »Ich war ehrlich zu Ihnen«, widersprach Corso.
    »Sie wussten, wo seine Mutter zu finden war.«
    »Danach haben Sie mich nicht gefragt.«
    »Sie wussten, dass Driver dorthin wollte.«
    »Das

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